Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite! Die Corona-Krise hat im Dezember 2019 in Wuhan begonnen. Die Entstehung des Corona-Virus (Covid-19) liegt immer noch im Dunklen. Das bürokratisch-kapitalistische Regime in China hat zunächst alle Warnungen vor Ort unterdrückt. So konnte sich das Virus in rasender Geschwindigkeit ausbreiten. Die Regierung in Peking behauptet nun, durch ihre „unfehlbare“ Führung die Epidemie gestoppt zu haben.
Weltweit kann davon jedenfalls keine Rede sein. Die tödlichen Gefahren der seit Wochen offenkundigen Pandemie wurden zunächst von interessierten Kreisen ignoriert oder kleingeredet. Wertvolle Zeit ist zudem von Politik und Behörden aus Unfähigkeit und blinder Rücksichtnahme auf die Logik der Profitmaximierung vergeudet worden.
Jetzt explodieren die Infektions- und zeitverzögert auch die Sterbezahlen – nicht nur in Italien.
Hunderttausende abhängig Beschäftigte werden jetzt in Kurzarbeit geschickt. Mit dem Kurzarbeitergeld (60 % des Nettos für Alleinstehende) werden viele Lohnabhängige schon nach kurzer Zeit vor erhebliche Existenzprobleme gestellt. Noch schlechter geht es kleinen Selbständigen und prekär Beschäftigten, die kein Kurzarbeitergeld erhalten.
Hingegen wird für das Kapital ein riesiger finanzieller „Schutzschirm“ aufgespannt und ihm sogar die Sozialbeitragszahlung für Kurzarbeitende erlassen. Die Herrschenden verteidigen damit ihr System der Ausbeutung von Menschen und der Ausplünderung der Natur. Erst nachrangig geht es um den Schutz der Menschen vor der Pandemie. Zudem wird die aktuelle Lage für den massiven Ausbau von Überwachungsmaßnahmen genutzt.
Wer ist verantwortlich?
Das Kapital und die ihm dienende Politik üben sich nicht nur in „Schadensbegrenzung“. Sie lenken von ihrer Verantwortung für das Ausmaß der Corona-Katastrophe ab: hemmungslose kapitalistische Globalisierung, Privatisierung von zentralen Bereichen des Gesundheitssektors, weitgehende Missachtung der Gebote des präventiven Gesundheitsschutzes, Verlagerung der Produktion von jetzt fehlenden, aber dringend benötigten medizinischen und pharmazeutischen Produkten in „Low-Cost“-Länder wie China und Indien, massiv reduzierte Vorratshaltung von Desinfektionsmitteln und persönlichen Schutzausrüstungen, als „Kostensenkung“ und „Bürokratieabbau“ bezeichnete Schwächung der Gewerbeaufsicht, der Gesundheitsämter und vor allem des Gesundheitssystems, enormer Personalmangel im Pflegebereich …
Diese Pandemie ist zum Brandbeschleuniger für die Krise der kapitalistischen Wirtschaft und Gesellschaft geworden. Das erhöht den Druck auf die arbeitende Klasse.
Kapital und Politik versuchen, die bedrohliche Situation skrupellos für ihre Interessen auszunutzen. Massive Einschränkungen von Grundrechten wie das „auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Artikel 2 GG) sowie der Rechte von Betriebsräten, Personalräten und Mitarbeitervertretungen. Aushebelung des Arbeitszeitgesetzes und insbesondere des Verbots der Sonntagsarbeit. Vergesellschaftung von Unternehmensrisiken durch steuerfinanzierte „Schutzschirme“ für Firmen, de facto ausgehöhlte Überprüfung der Genehmigung von Kurzarbeit, Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen bei Kurzarbeit durch die Sozialkassen.
Die Ausbreitung des Virus stellt alle diejenigen vor extreme Anforderungen, für die Menschen wichtiger als Profite sind. Die Pandemie verändert radikal unser Alltagsleben und schränkt unsere Handlungsmöglichkeiten ein. Wir müssen deshalb schnell lernen, uns unter bisher unbekannten Bedingungen zu engagieren.
Gesellschaftlicher Aktionsplan
Wir benötigen einen gesellschaftlichen 13-Punkte-Aktionsplan zur entschlossenen Bekämpfung der Corona-Pandemie:
► Wirksamer Gesundheitsschutz muss an erster Stelle stehen.
► An alle Haushalte ist umgehend ein einheitliches, leicht verständliches Info mit Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 zu verteilen und über alle Medien zu kommunizieren.
► Beschäftigte in Dienstleistungs-, Handels-, Pflege- und Industriebereichen müssen sofort unter strikter Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften wirksam geschützt werden.
► Die völlig unzureichende Zahl von 28.000 Intensivbetten (davon sind 88 % belegt!) ist auf dem schnellsten Weg an die zu erwartende Steigerung von Covid-19-Erkrankungen anzupassen.
► 2019 haben bereits 4.700 Intensivpflegekräfte gefehlt. Die Akutversorgung von Covid-19-Erkrankten ist ohne Verzögerung durch ausreichendes Fachpersonal zu sichern.
► Medizinisch Ausgebildete müssen jetzt für die Stärkung der Intensivpflege gewonnen werden.
► Es wird schnellstmöglich ein staatlich gefördertes und gesellschaftlich kontrolliertes Forschungsprogramm für Impfstoffe gegen Covid-19 aufgelegt sowie ein Produktionsprogramm für ausreichende Testverfahren, persönliche Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel.
► Gesundheit darf keine Ware mehr sein! Wesentliche Bereiche der Gesundheits- und Pharmaindustrie sind gemäß Artikel 14 und 15 GG unter gesellschaftliche Kontrolle zu stellen. Alle geplanten oder laufenden Krankenhausschließungen müssen sofort gestoppt werden.
► Alle im Pflegebereich Tätigen erhalten umgehend 500 Euro mehr im Monat. Die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals müssen dauerhaft und spürbar verbessert werden. Nur dann können dauerhaft mehr Menschen für diesen Bereich gewonnen werden.
► Statt Kurzarbeitergeld benötigen Beschäftigte im Notfall eine uneingeschränkte Entgeltfortzahlung aus den Gewinnen von Unternehmen und ein Verbot von Entlassungen.
► Überall dort, wo es noch keinen sicheren Gesundheitsschutz für Beschäftigte gibt, ist die Erzeugung von nicht lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen einzustellen, mindestens aber stark einzuschränken. Nur so kann die Ausbreitung von Covid-19 maximal begrenzt werden.
► Gerade die am meisten benachteiligten Menschen benötigen wirksamen Gesundheitsschutz. Das heißt auch Aussetzen von Sanktionen, Stromsperren und Zwangsräumungen, Anhebung des Regelsatzes, Bereitstellen von Hotelzimmern und Wohnungen für Obdachlose und Illegalisierte, Ausbau von Frauenhäusern für Opfer sexueller Gewalt. Niemand darf zurückgelassen werden!
► Nur internationale Solidarität kann im Kampf gegen die Corona-Pandemie Grenzen überwinden.
Was tun?
Wir können nicht davon ausgehen, dass Politik und Kapital die Gesundheit der Menschen vor Wirtschaftsinteressen stellen. Deshalb müssen wir selbst aktiver werden, uns demokratisch organisieren und besser vernetzen.
- Es gilt nun neue Kommunikationswege zu entwickeln, um politische Meinungsbildung und Solidarität auch unter den derzeitigen Notstandsbedingungen aufrechtzuerhalten. Dies gilt insbesondere für betrieblich und gewerkschaftliche Aktive, die am Arbeitsplatz jetzt noch mehr unter Druck gesetzt werden.
- Wir beschränken vorübergehend soziale und politische Kontakte auf ein erforderliches Minimum. Notwendige Kleingruppen-Treffen werden mit maximaler Vorsicht und unter strikter Einhaltung aller Präventions-Regeln durchgeführt.
- Wir versuchen, unseren Beitrag zur Aufklärung zu leisten, um einerseits Panik zu vermeiden und andererseits ein angemessenes Problembewusstsein zu stärken.
- Die anhaltende Abwälzung der gesundheitlichen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisenfolgen auf die große Mehrheit der Bevölkerung lehnen wir entschieden ab. Mit oder ohne Corona: Wir zahlen nicht für Eure Krise(n)!
- Deshalb rufen wir zur Stärkung solidarischer Zusammenarbeit über alle Organisations-, Bereichs- und Staatsgrenzen auf!
Sekretariat der Internationalen Sozialistischen Organisation/IV. Internationale, 19. März 2020