Am 23. Oktober haben Sahra Wagenknecht und vier Mitglieder des BSW-Vorstands in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass sie eine neue Partei gründen wollen. Dazu ist der Verein mit dem vielsagenden Namen „Bündnis Sahra Wagenknecht ‒ für Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) angemeldet worden. Gleichzeitig haben die ungekrönte Königin und neun weitere MdBs ihren Austritt aus der Partei DIE LINKE erklärt. Damit ist die Bundestagsfraktion faktisch auseinander gebrochen.
Wir halten diese Abspaltung für ein Projekt, das sich weitgehend von linken Positionen verabschiedet. Einen Bezug auf eine sozialistische Gesellschaft und eine internationalistische Sicht sind nicht zu erkennen, genauso wenig wie ein Bezug auf die Arbeiter:innenklasse. Stattdessen geht es um das Florieren der deutschen Wirtschaft und um mehr Eigenständigkeit der deutschen Politik. Zwar wird betont, die soziale Frage sei wichtig, aber im Vordergrund stehen die Interessen der „deutschen Wirtschaft“. In gesellschaftlichen Fragen positioniert sich das BSW eher am rechten Mainstream. Dies wird besonders deutlich bei den Fragen Migration, Klimakatastrophe, Feminismus und Emanzipation der Menschen aus dem Spektrum der LBGQIA+. Die tragenden Begriffe des BSW-Gründungsmanifestes ‒ „fleißig“, „normal“, „Leistung, die sich lohnen muss“, „ehrlich“, „Gemeinsinn“, „vernünftig“ usw. ‒ sind alle mit dem Begriffsarsenal von konservativen und rechtsextremen Kräften und der AfD kompatibel und sind offenkundig bewusst deshalb benutzt worden.
Diese Gründung wird zudem extrem undemokratisch als ein von oben und von Werbeagenturen geleitetes Projekt vollzogen. Gezielt werden Funktionsträger:innen der LINKEN und anderer Parteien abgeworben. Eine heute so dringend erforderliche Aufbruchsbewegung zu einer basisdemokratischen Erneuerung der sozialistischen Idee kann auf diesem Wege sicher nicht erreicht werden.
Wir halten die Gründung von BSW und die Partei, die auf dieser Grundlage gebildet werden soll, für ein rückwärtsgewandtes Projekt und lehnen eine Mitarbeit darin ab.
Wir werden uns weiter in die Partei DIE LINKE einbringen, auch wenn wir die Befürchtung haben, dass die Partei sich von ihren teilweise antikapitalistischen Positionen lösen könnte, weiter viel zu sehr auf Wahlen setzt, nach wie vor zu sehr von den Abgeordneten anstatt den gewählten Instanzen der Partei bestimmt wird und sich in den Landesregierungen, an denen sie beteiligt ist, politisch den Sozialdemokraten und Grünen unterordnet. Wir sehen unsere Aufgabe darin, dies zu verhindern und zu einem Erstarken eines linken Flügels der Partei beizutragen, der nicht auf Mitregieren und Mitverwalten der kapitalistischen Verhältnisse setzt, sondern auf radikale Opposition und eine grundlegende Veränderung der Kräfteverhältnisse zugunsten der Lohnabhängigen, Ausgegrenzten und Ausgebeuteten.
Wir wollen eine Partei DIE LINKE, die in ihrer Politik und ihrer politischen Kultur anders ist als alle anderen Parteien. Eine starke Linke und eine starke Partei DIE LINKE wird es nur mit einer realen Orientierung auf emanzipatorische soziale Bewegungen, im Dialog mit ihnen, mit Beteiligung an Kämpfen und mit hartnäckigen Bemühungen um eine Verankerung an der Basis, in Betrieben und Stadtteilen geben.
Beschluss der Koordination der ISO vom 29. Oktober 2023