DIE LINKE – den Kurs neu bestimmen
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Die Partei in Bewegungen, Betrieben und Stadtteilen verwurzeln

DIE LINKE – den Kurs neu bestimmen

Von der ISO AG "Aktiv in der LINKEN" | 19.02.2022

Zum Jahresanfang 2022 hat die Diskussion um die zukünftige Ausrichtung der Partei DIE LINKE an Fahrt aufgenommen. Das Papier der beiden Parteivorsitzenden Janine Wissler und Susanne Henning-Wellsow „Den Kompass neu ausrichten“, die Regierungsbildung in Berlin, wo es eine starke Opposition gegen die Beteiligung an dieser Regierung mit SPD und Grünen gegeben hat, sowie der Aufruf gegen die Ernennung von Klaus Ernst zum Vorsitzenden im Bundestagsausschuss für Klima und Energie haben deutlich gemacht, dass ein heftiges Ringen um die zukünftige Ausrichtung der Partei im Gange ist. Wir möchten mit unserem Papier die Diskussion in der Partei bereichern, wie auch eine Positionierung zu der künftigen Entwicklung vornehmen.

DIE LINKE dort verankern, wo wir leben und arbeiten, die ansprechen, die wir bisher zu oft nicht erreichen und so zu einem wirksamen Werkzeug für Klasseninteressen und verlässliche Ansprechpartner:innen für jene sein, die heute gegen die herrschende Politik rebellieren.

Mit dem Ergebnis der Bundestagswahlen ist offensichtlich geworden, dass DIE LINKE an Rückhalt verloren hat. Das hat sicherlich verschiedene Ursachen, aber entscheidend dürfte gewesen sein, dass DIE LINKE sich in drängenden Fragen der aktuellen Politik nicht so festlegen wollte, wie es tagespolitisch nötig ist und von der interessierten Öffentlichkeit erwartet wird. Das wird gerne als „Zerstrittenheit“ bezeichnet, ist aber vor allem Ausdruck von tiefen Differenzen über die Frage, wie die Partei in der politischen Praxis aufgestellt sein sollte, die in einer Nicht-Praxis aufgelöst werden. Das Problem ist also das Gegenteil von Zerstrittenheit, nämlich Beliebigkeit. Das ist schlimmer als ein Meinungsstreit, den sich eine linke Partei immer leisten muss, nämlich ein Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Du denkst auch die Zeit ist reif um in der LINKEN einen neuen Kurs einzuschlagen? Dann ist diese Online-Veranstaltung ein guter Ort um Gleichgesinnte kennenzulernen!

 Sahra Wagenknecht hat im Vorfeld der Bundestagswahlen durch ihr Buch „Die Selbstgerechten“ ein alternatives Programm vorgelegt, das mit dem beschlossenen Partei- und Wahlprogramm nicht vereinbar ist. Die Auseinandersetzung um die inhaltliche Richtung der Partei hatte damit eine inhaltliche und personelle Zuspitzung erfahren. So gut wie alle politischen Beobachter:innen haben nur den Kopf geschüttelt, warum DIE LINKE sich diese Extratouren ihrer öffentlich bekanntesten Vertreterin fast widerstandslos gefallen lässt. Von der LINKE-NRW wurde Sahra Wagenknecht sogar noch als Spitzenkandidatin durchgeboxt.

DIE LINKE hat sich im Bundestagswahlkampf als Partei fast vollständig verabschiedet. Es gab nur einen „Pflichtwahlkampf“ vor Ort. Alle zentralen politischen Äußerungen und Festlegungen erfolgten an dem gewählten Parteivorstand vorbei. Sie wurden von der Fraktion vorgegeben bzw. von extra geschaffenen Kleingremien, in die allein das Quartett aus Parteivorsitzenden, Bundesgeschäftsführer und Schatzmeister eingebunden wurde.

Als sich abzeichnete, dass die CDU/CSU mit ihrem Kanzlerkandidaten Laschet die Wahlen nicht mehr gewinnen würde, wurde die politische Ausrichtung des Wahlkampfes der LINKEN vollständig auf einen unterwürfigen Kurs zur „Rot-Rot-Grünen“ Regierung umgeschaltet. Diese Strategieänderung im laufenden Wahlkampf ist auch bewusst gegen das beschlossene Wahlprogramm erfolgt und quasi als geheime Kommandosache organisiert worden. Eine Lösung dieser Auseinandersetzung ist auch jetzt noch nicht in Sicht, und es sieht so aus, dass die Konfrontation zwischen Fraktion und Partei sich zuspitzt, da die Fraktion sich weigert, wesentliche Beschlüsse des Parteivorstandes umzusetzen.    

Primat der Partei

Wir sind der Auffassung, dass das Primat der Partei von der Fraktion eingehalten werden muss und die Politik eng mit dem Parteivorstand abgestimmt wird, inhaltlich wie auch personell.

Nach den Bundestagswahlen wurde im Parteivorstand über das Verhältnis zur Fraktion diskutiert. Dabei wurde festgestellt, dass die Beschlüsse des Parteivorstandes und der Parteitage von der Fraktion nicht immer in politische Initiativen umgesetzt wurden, bzw. nicht immer den Beschlüssen entsprachen. Die Fraktion verweigerte die Zusammenarbeit mit dem Parteivorstand. Die Wiederwahl der alten Fraktionsvorsitzenden und auch die Personalie Klaus Ernst als Ausschussvorsitzender wurden dem Parteivorstand entgegen dessen Empfehlungen geradezu genüsslich aufgezwungen.

Um die Kommunikation und Zusammenarbeit zu verbessern, wurden der Fraktion konkrete Vorschläge unterbreitet. Bei den anschließenden Beratungen zwischen Parteivorstand und Fraktionsspitze gab es nicht zu allen Vorschlägen des Parteivorstandes Übereinstimmung.  Der Fraktionsvorstand bestand auf der eigenständigen Rolle der Fraktion. Es gebe kein Weisungsrecht des Parteivorstandes. Offensichtlich wird vergessen, dass die Abgeordneten auf den Listen der Partei und auf Grundlage des Wahlprogramms gewählt wurden. Wir sind der Auffassung, dass das Primat der Partei von der Fraktion eingehalten werden muss und die Politik eng mit dem Parteivorstand abgestimmt wird, inhaltlich wie auch personell.

Unabhängig von den Inhalten waren die Auseinandersetzungen in der Partei immer auch ein Machtkampf zwischen Parteivorstand und Fraktion mit ihren jeweiligen Apparaten.

Das ist die Grundlage des sogenannten „Hufeisens“ zwischen programmatisch sehr unterschiedlichen Teilen der Fraktion, die sich im Kampf gegen Vorstand und Partei zu einer Beutegemeinschaft zusammengefunden haben. Dieses „Hufeisen“ wurde trotz eher gewachsener Differenzen zwischen dem „Bartsch“- und dem „Wagenknecht- Flügel“, vor allem in der Pandemiepolitik, auch in der verkleinerten Fraktion erneuert, sogar mit einem noch klareren Kräfteverhältnis zugunsten dieses „Hufeisens“.

DIE LINKE ist an vier Landesregierungen beteiligt. Neben Thüringen, wo sie sogar den Ministerpräsidenten stellt, sowie Bremen ist sie jetzt in Mecklenburg-Vorpommern und wieder in Berlin an bürgerlichen Regierungen beteiligt. In Berlin geschah dies gegen einen erheblichen Widerspruch aus der Mitgliedschaft und dem Umfeld der LINKEN, vor allem im Kontext mit dem erfolgreichen Referendum zur Enteignung der großen Immobilienkonzerne. Diese Regierungsbeteiligungen nützen der LINKEN und ihrer weiteren Entwicklung als sozialistische Partei nicht, oft schaden sie ihr direkt. Angesichts der neuen Konstellation im Bundestag, in dem DIE LINKE die Rolle der zentralen Oppositionspartei annehmen muss, werden diese Regierungsbeteiligungen sich als Bleigewicht herausstellen und den parlaments- und regierungsfixierten Teil der Partei stärken.

Klima, Soziales, Frieden, Migration, Gleichstellung – inhaltliche Herausforderungen für Partei und Fraktion

Mit der Bildung der neuen Ampel-Regierung gibt es neue inhaltliche Herausforderungen für DIE LINKE. Die SPD hat sich in sozialen Fragen, wie der Erhöhung des Mindestlohns, der Stabilisierung der Renten, der Kindergrundsicherung und einer Neuregelung des Bafögs, inhaltlich von der Agenda-Politik verabschiedet. Gleichzeitig ist deutlich geworden, dass diese Regierung an der neoliberalen Umbaupolitik festhält, was auch bedeutet, dass es keine höhere Besteuerung der Reichen im Lande geben wird und die Rentenversicherung dem Kapitalmarkt geöffnet werden soll. Im neuen Arbeitszeitgesetz soll versucht werden, Experimentierräume zu schaffen, die es ermöglichen, Beschäftigte bis zu 13 Stunden am Tag schuften zu lassen. Dies wäre eine erhebliche Ausweitung der Höchstarbeitszeit. Zu alledem muss die Partei sich positionieren und ihr Gegenprogramm gegen solch eine Politik deutlich machen.

Ein Einschwenken auf Regierungs- oder Abschottungspolitik würde der Partei weiteren Schaden zufügen.

Eine eher noch größere Herausforderung ist es, die Positionen der LINKEN in der Klimapolitik weiterzuentwickeln und unsere bisher erarbeiteten Positionen nach außen deutlich zu vertreten. Bisher wird der Partei da nur sehr wenig Kompetenz zugesprochen, weil die Umsetzung der klimapolitischen Positionen eine Radikalität und eine systemkritische Grundeinstellung erfordert, die der LINKEN gerade in ihrer aktuellen Performance nicht zugetraut werden.

Wie abzusehen, wird es der Ampel-Regierung nicht gelingen, die erforderlichen Reduktionen der klimaschädlichen Gase zu erreichen. Hier braucht es von der LINKEN grundlegende Debatten über unsere Positionen und Aktionen. Im Gegensatz zu manchen anderen in der Partei sind wir der Auffassung, dass die Klimafrage die wichtigste der nächsten Jahrzehnte sein wird. Wir müssen die Klimafrage eng mit der sozialen Frage verbinden und Alternativen zum kapitalistischen Wirtschaftssystem aufzeigen. Der Kapitalismus wird die Klimakatastrophe nicht aufhalten können. Deswegen muss gerade eine linke Partei hierzu Positionen entwickeln, die das Ziel haben, eine ökosozialistische Entwicklung zu ermöglichen. Erfreulicherweise haben die beiden Parteivorsitzenden dazu ein ausführliches Papier mit dem Titel: „Für eine LINKE Transformation. Sozial UND klimagerecht“ vorgelegt. Dies gilt es, weiter zu diskutieren und zu entsprechenden Beschlüssen zu kommen.

Genauso wichtig wird für uns die Entwicklung in der Migrationspolitik der Ampel-Regierung sein. Ein Einschwenken auf Regierungs- oder Abschottungspolitik würde der Partei weiteren Schaden zufügen. Hier gilt es, unsere guten Positionen zu verteidigen und die neue Regierung an ihr Versprechen einer humanen Asylpolitik zu erinnern.

Kriege sind die häufigste Fluchtursache und auch Treiber der Klimakrise. Trotzdem will die Ampel-Regierung an dem Ziel festhalten, die Ausgaben fürs Militär auf 2 % des BIP zu steigern, und die Aufrüstungspolitik forcieren. DIE LINKE muss diesem Kurs von NATO/EU/Ampel ihre Forderung nach einer europäischen Sicherheitsstruktur entgegensetzen. Einer Abschwächung unserer Positionen zu Auslandseinsätzen, Rüstungsexporten und Konfrontationspolitik treten wir entschieden entgegen. 

Das gilt auch für unsere Positionen zur Gleichstellungspolitik, wo es allerdings in den letzten Jahren die größten Fortschritte gegeben hat.

Für eine Partei der Mitglieder – demokratisch und verankert in Betrieben, Gewerkschaften, Bewegungen und Stadtteilen

Unsere führenden Funktionäre und Abgeordneten stellen in der Öffentlichkeit das Bild der Partei dar oder sprechen für sie. Sie geben zu wichtigen politischen Fragen ihre Stellungnahme ab. Dass sich dabei nicht immer die Position der Partei wiederfindet, haben wir in der Vergangenheit häufiger erlebt. Was die Mitglieder darüber denken, scheint wenig zu interessieren. Das schreckt Mitglieder ab und mindert die Bindung zur Partei. Das muss sich ändern. Die Mitglieder beraten wichtige politische Fragen von der Orts- bis zur Bundesebene und erwarten, dass die erarbeiteten Positionen auch nach außen vertreten werden. Genauso schädlich ist die Bekanntgabe von grundlegenden Positionierungen einzelner „Spitzengenoss:innen“, ohne Beteiligung der Parteigremien. Dies widerspricht grundlegenden demokratischen Prozessen. Für eine bessere Verankerung brauchen wir eine grundlegende Neuaufstellung der Partei.

Das Hetzen von einem Wahlkampf zum anderen verhindert die Verankerung in den Strukturen der Gesellschaft und den Aufbau der Partei. Wir brauchen eine Debatte über diese Neuaufstellung und darüber, wie wir sie erreichen können. Dazu gehört auch, dass wir über unsere Parlamentsarbeit nachdenken und sie neu ausrichten: Nicht mehr die Fleißigsten im Schreiben von Anträgen oder gar Gesetzentwürfen sein, sondern in Betrieben, Gewerkschaften, Stadtteilen und Bewegungen aktiv sein und mit ihnen gemeinsam Politik machen.

Deswegen wollen wir uns in den kommenden Monaten auf das Entscheidende konzentrieren: DIE LINKE dort verankern, wo wir leben und arbeiten, die ansprechen, die wir bisher zu oft nicht erreichen und so zu einem wirksamen Werkzeug für Klasseninteressen und verlässliche Ansprechpartner:innen für jene sein, die heute gegen die herrschende Politik rebellieren. Nur so kann die Partei Motor der notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen sein. Dafür brauchen wir alle Genossinnen und Genossen, besonders die kritischen, die nun daran denken, aus der LINKEN auszutreten. Nein, gerade jetzt gilt es, in der LINKEN den Annäherungen an den bürgerlichen Politikbetrieb entschieden und solidarisch entgegenzutreten.     

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