Wieder einmal ‒ Verhandlungen bei der Bahn gescheitert
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EVG ruft zu Urabstimmung auf

Wieder einmal ‒ Verhandlungen bei der Bahn gescheitert

Von Helmut Born | 26.06.2023

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat die Verhandlungen, die mehrere Tage lang geführt wurden, am 22. Juni für gescheitert erklärt und die Einleitung der Urabstimmung angekündigt. Grund dafür ist wie bisher das völlig unzureichende Angebot des Vorstands der Deutsche Bahn AG, besonders unannehmbar ist für die EVG die lange Laufzeit des neuen Tarifvertrages über 27 Monate. Die Forderung der EVG nach einer Lohnerhöhung von 12 %, mindestens 650 €, beantwortete der DB-Vorstand mit dem Angebot einer ersten Lohnerhöhung im Dezember 2023 und einer zweiten ein Jahr später sowie der Zahlung eines Inflationsausgleiches in Höhe von 2850 €, das ist ebenfalls unakzeptabel.

Dabei versucht die EVG offensichtlich, den DB-Vorstand durch Tarifabschlüsse mit anderen Unternehmen unter Druck zu setzen. So konnte z. B. mit dem Verkehrsunternehmen Transdev, das viele Linien in ganz Deutschland betreibt, eine Lohnerhöhung von 420 € plus einen Inflationsausgleich von 1000 € bei einer Laufzeit von 21 Monaten vereinbart werden.

Ob dies allerdings ausreicht, um den DB-Vorstand zu solch einem oder einem ähnlichen Abschluss zu bewegen, scheint doch sehr fraglich zu sein. Die Ankündigung, irgendwann im Juli eine Urabstimmung über einen unbefristeten Streik zu starten scheint darauf hinzudeuten, dass die EVG sich alle Möglichkeiten offenhalten will. Sie braucht einen Abschluss, der von den Mitgliedern breit getragen wird, da die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am 5. Juni ihre Forderungen für ihre nächste Tarifrunde erhoben hat.

Dabei sticht besonders die Forderung nach der 35-Stundenwoche „für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung“ hervor. Wegen des erneuten Scheiterns der Verhandlungen ist häufig die Rede davon, die EVG habe kein Interesse an einem Abschluss jetzt, sie wolle eher warten, um später mit der GDL gemeinsam in die Tarifrunde zu gehen. Es scheint aber genau anders herum richtig zu sein: Der DB-Vorstand will jetzt nicht mit der EVG abschließen, um zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die GDL-Runde läuft, zu einem Abschluss mit der EVG zu kommen. Somit ergibt die Verhandlungsführung des DB-Vorstands durchaus einen Sinn.

Auf jeden Fall fallen alle weiteren Schritte, auch die Urabstimmung und neue Warnstreiks, in die beginnende Ferienzeit. Das erschwert die wichtige Aufgabe, für Streiks und damit verbundene Zugausfälle Verständnis bei der Bevölkerung zu erreichen. Schon jetzt dominieren die Medienberichte, die voller Diffamierungen gegenüber den Eisenbahngewerkschaften sind.

Jetzt ist einmal mehr eine politische Offensive zur Unterstützung der Tarifrunde der Eisenbahner:in­nen erforderlich. Die zarten ersten Ansätze für Bündnisse mit der Klimagerechtigkeitsbewegung und Bahnverbraucherinitiativen sollten gestärkt werden.

25. Juni 2023

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