Erklärung zur russischen Invasion in der Ukraine

US-Soldaten feuern in Afghanistan Grantwerfer ab Foto: Marines, If You Can’t Take the Heat …, CC BY-NC 2.0

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Geopolitik, Europäische Union

Erklärung zur russischen Invasion in der Ukraine

Von Radical Socialist Indien | 03.03.2022
  1. Wir verurteilen Russland als imperialistischen Aggressor, der die Träume einer alten imperialistischen Ära benutzt, um seinen Expansionskurs zu rechtfertigen, und sind zutiefst besorgt über diesen Vorfall, der künftig auch andere ehemalige Sowjetrepubliken betreffen könnte.
  2. Wie beim Einmarsch der USA in den Irak benutzen wir nicht die Sprache der Diplomatie, wir streben keine UN-Intervention an, sondern fordern den sofortigen und bedingungslosen Rückzug der Aggressoren.
  3. Diese Forderung stammt nicht aus dem Jahr 2022. Wir fordern den Rückzug der russischen Truppen aus der gesamten ukrainischen Region. Das schließt die Krim und die Provinzen in der Ostukraine ein, auch wenn wir anerkennen, dass die Forderungen nach größerer kultureller und politischer Autonomie berechtigt sind, damit die Ukraine ein demokratischeres und föderales Gebilde werden kann. Die Krim erhielt 1992 eine eigene Verfassung, die ihr größere Selbstverwaltungsbefugnisse verlieh, wobei einige Zuständigkeiten an Kiew delegiert wurden. Präsident Kutschma hat diese Verfassung später zu Unrecht für ungültig erklärt.
  4. Wir beurteilen Russland nicht, indem wir auf die NATO schauen. Unsere Haltung zur NATO bleibt vielmehr, wie sie war. Die NATO war und ist eine imperialistische militärische Bedrohung, die nie eine Legitimation hatte und nach dem Ende des Kalten Krieges vollständig hätte aufgelöst werden müssen. Deshalb unterstützen wir auch jetzt keinerlei Aktionen der NATO. Allerdings sehen wir die Weltpolitik nicht als Schachbrett zwischen Großmächten, auf dem andere zugunsten eines vermeintlich geringeren Übels „geopfert“ werden müssen.
  5. Es ist verständlich, dass die ukrainischen Opfer einer Aggression das Eingreifen anderer imperialistischer Mächte fordern, denn das war sowohl bei den russischen Einmischungen als auch bei den US-Interventionen der Fall. Aber wir unterstützen keinen Aufruf dieser Art. Wir sind der Ansicht, dass solche Appelle auch für die Opfer von Nachteil sind, da sie im Grunde genommen eine Konfrontation zwischen atomar bewaffneten Imperialisten fordern, anstatt im Rahmen eines weltweit anerkannten Verfahrens zu handeln. Eine Beteiligung der UNO als Pufferkraft ist angesichts der Vetomächte der sogenannten P5 [der fünf „Permanent Members“] im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nicht möglich.
  6. Wir haben keine grundsätzliche Haltung zu Sanktionen. Wir waren für Sanktionen gegen den südafrikanischen Apartheidstaat und sind für Sanktionen gegen die israelische siedlerkoloniale Besatzung. Wir waren gegen die Sanktionen, die gegen den irakischen Staat verhängt wurden, nachdem er 1991 durch einen Krieg zerstört worden war, denn es handelte sich um mörderische Sanktionen, die keinem gerechten Zweck dienten, sondern nur der Unterwerfung eines Staates unter den US-Imperialismus zu einem quasi völkermörderischen Preis für seine Bevölkerung. Die westlichen Mächte haben eine ganze Reihe neuer Sanktionen gegen den russischen Staat aufgrund der Invasion in der Ukraine beschlossen. Einige davon könnten in der Tat die Fähigkeit von Putins autokratischem Regime einschränken, seine Kriegsmaschinerie zu finanzieren, andere könnten der russischen Bevölkerung schaden, ohne das Regime oder seine oligarchischen Kumpane wesentlich zu beeinträchtigen. Solange es sich jedoch um Sanktionen im Rahmen zwischenimperialistischer Konflikte handelt und nicht um solche wie gegen Südafrika, die durch Massenkämpfe herbeigeführt wurden, unterstützen wir keine der beiden Seiten.
  7. Als revolutionäre Marxist:innen und als Internationalist:inn en unterstützen wir das Recht auf Selbstbestimmung für alle unterdrückten Minderheiten. Während wir also das ukrainische Selbstbestimmungsrecht unterstützen, unterstützen wir auch das Recht der Krimbewohner:innen und der Bewohner:inn der ostukrainischen Provinzen, demokratisch zu entscheiden, welche Zukunft sie wollen, nicht unter Putins „liebevollem Schutz“, aber auch nicht unter ukrainischer militärischer Bedrohung.
  8. Die Regierung Modi hat sich beschämenderweise geweigert, die Invasion zu verurteilen. Dies hat die ukrainische Regierung und Öffentlichkeit verärgert und entfremdet, was die Aufgabe der raschen Evakuierung der indischen Bürger:innen erschwert und ihre Sicherheit gefährdet. Die vermeintlich oberste menschliche Verantwortung gegenüber den eigenen Bürgern hat gegenüber den diplomatischen Spielchen die zweite Geige gespielt.
  9. Die bürgerlichen Oppositionsparteien haben entweder geschwiegen, oder ‒ im Falle der Kongresspartei ‒ ihre offizielle Haltung unterscheidet sich nicht von der der Regierung.
  10. Die CPM [Communist Party of India (Marxist)] hat sich geweigert, die russische Aktion als Invasion zu bezeichnen, und sagt nur, sie sei „unglücklich“. Wie bei der CPI [Communist Party of India] liegt das Hauptaugenmerk darauf, den USA und der NATO die Hauptverantwortung für das zuzuschreiben, was passiert ist und worauf Russland angeblich „reagiert“ hat. Das Fehlen einer klassenbasierten Haltung gereicht ihnen und ihren Anhängern, die nach Orientierung suchen, nicht zur Ehre und schadet der Glaubwürdigkeit der Linken im Allgemeinen.
  11. Für eine demokratische und sozialistische Ukraine.
  12. Wir grüßen die heldenhaften Russen und Russinnen, die sich gegen das Trommeln für den Krieg erhoben haben.

28. Februar 2022

Quelle: http://www.radicalsocialist.in/articles/statement-radical-socialist/948-radical-socialist-statement-on-the-russian-invasion-of-ukraine

Aus dem Englischen übersetzt von Michael, Violetta und Wilfried

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