1. Entwicklung des Kriegs
Heute sind seit dem Einmarsch von Putins Truppen in die Ukraine drei Monate vergangen. Die russische Armee hat Teile des Territoriums, insbesondere im Osten und Süden des Landes, besetzt und gleichzeitig eine schwere Niederlage in der Region Kiew erlitten.
Die Ukrainer haben einen phänomenalen und massiven Widerstand geleistet, an dem sich bewaffnete und unbewaffnete Kämpfer:innen, die Armee, territoriale Verteidigungskräfte, Organisationen der Zivilgesellschaft und neue Formen der Selbstorganisation beteiligt haben. Sie haben Waffenlieferungen, humanitäre Hilfe und Geheimdienstinformationen aus EU- und NATO-Ländern erhalten. Die ersten Erfolge dieses Widerstands haben die ukrainischen Hoffnungen auf eine Niederlage des russischen Aggressors radikalisiert. Die Bürger:innen in den besetzten Gebieten demonstrieren weiterhin gegen die Besatzung, in einigen Gebieten gibt es Berichte über Partisanenaktivitäten.
Die Zahl der auf beiden Seiten getöteten Soldaten geht in die Zehntausende, ebenso die Zahl der ukrainischen Zivilopfer. Die russischen Streitkräfte haben zahlreiche Kriegsverbrechen begangen, wie für Butscha, Irpin und andere Städte erwiesen ist. Die Belagerung der Städte durch die russische Armee hat absichtlich dazu geführt, dass Tausende von Einwohner:innen an Entbehrungen und Hunger starben, insbesondere in Mariupol. Zwölf Millionen Einwohner:innen sind vertrieben worden, fünf Millionen in andere europäische Länder.
Der Konflikt hat durch die wahllose Bombardierung von zivilen und militärischen Gebieten massive materielle Zerstörungen verursacht, einige Städte wurden fast dem Erdboden gleichgemacht.
Anfang April beschloss Wladimir Putin eine Neuausrichtung der Offensive mit dem Ziel, den gesamten Donbass und die Industrie- und Hafenstadt Mariupol sowie das größtmögliche Gebiet im Süden am Schwarzen Meer zu annektieren. Aber auch in diesen Regionen leisten die Ukrainer:innen weiterhin Widerstand.
2. Unsere Position: Unterstützung des ukrainischen Kampfes für Selbstbestimmung und Unabhängigkeit vor dem Hintergrund eines innerimperialistischen Konflikts
Putins Invasion ist ein Angriffskrieg, der darauf abzielt, das ukrainische Territorium der russischen Kontrolle zu unterwerfen, als Teil der Rückkehr zu einem großrussischen imperialistischen Projekt.
Die Ukrainer:innen führen einen nationalen Befreiungskampf gegen die Invasion. Wir unterstützen ihr Recht auf Widerstand, auch militärischen, und sind solidarisch mit ihrer Entscheidung, dies zu tun. Wir verteidigen ihr Recht, sich zu bewaffnen und so die notwendigen Waffen zu erhalten, um sich gegen eine viel mächtigere Armee zu wehren.
Dieser Krieg wird im Rahmen eines neuen innerimperialistischen Konflikts geführt. In diesem Krieg hat der westliche Imperialismus ‒ vertreten durch die NATO und die EU ‒ Partei ergriffen und unterstützt den Widerstand der Ukraine finanziell und materiell. Dies hat den Widerstand eindeutig gestärkt und seine Aussichten verbessert.
Wir prangern das offensichtliche Ziel der Führungen der USA und der EU an, den Krieg nach ihren eigenen Interessen umzugestalten: Die Aussicht auf einen zweiten Afghanistan-Albtraum für Russland eröffnet bereits riesige Möglichkeiten für die Aufstockung der Militärbudgets, den Einsatz neuer Militärtechnologien, die Erweiterung der NATO und die Verbesserung der geostrategischen Position der USA in der Welt. Sie wollen das Schlachtfeld der Ukraine für die Verwirklichung ihrer geopolitischen Ziele nutzen.
Bis jetzt haben die beiden imperialistischen Mächte, Russland und die NATO, jede direkte Konfrontation vermieden, die zu einem innerimperialistischen Krieg eskalieren könnte. Niemand ist an einer solchen Eskalation interessiert, aber sie könnte das Ergebnis einer unkontrollierten Spirale sein. Das Szenario eines Weltkriegs ist in der imperialistischen Phase des Kapitalismus eine objektive Gefahr. Es wäre katastrophal für die Menschheit und den Planeten, und wir sind gegen jede Eskalation, die diesen Krieg in eine direkte innerimperialistische Konfrontation verwandeln könnte.
Als Revolutionär:innen und Internationalist:innen bekräftigen wir, dass der Ausweg aus der Logik des innerimperialistischen Konflikts und der Eskalation der Widerstand der Völker von unten ist: für Selbstbestimmung und gegen ausländische Invasionen. Die Entscheidung der Ukrainer:innen, Widerstand zu leisten, hat die von Russland angestrebte schnelle Annexion verhindert. Die Niederlage des russischen Invasors durch das ukrainische Volk wäre das beste Szenario für die Kämpfe um Selbstbestimmung und gegen Imperialismen aller Art. Die Stärkung des ukrainischen Widerstands und von Antikriegsbewegungen in Russland (und Weißrussland) sind zwei notwendige Faktoren für die Verwirklichung dieses Szenarios.
Putins Invasion hat der NATO-Erweiterungsagenda einen enormen Auftrieb gegeben, da Schweden und Finnland ihren Beitritt beantragt haben. Wir widersetzen uns dieser Dynamik: Wir lehnen die Logik militärischer Blöcke ab und setzen uns für ein neues transeuropäisches Sicherheitskonzept ein, das auf Selbstbestimmung, egalitären Beziehungen zwischen den Völkern einschließlich Russland, dringend notwendigen Verträgen zur Entnuklearisierung und der Auflösung von NATO und OVKS beruht.
Ebenso lehnen wir die EU-Verträge sowie die Finanzinstitutionen und -politiken ab und verurteilen die Art und Weise, in der sie dazu benutzt werden, die Länder an der Peripherie Europas neokolonialen Beziehungen zu unterwerfen. Die Widersprüche zwischen der ukrainischen Forderung nach einer „schnellen und gerechten“ europäischen Integration und der Realität der EU-Kriterien sollten uns helfen, die Frage nach neuen Verträgen für europäische Beziehungen auf der Grundlage von Zusammenarbeit und nicht von Konkurrenz auf den Märkten, Steuer- und Sozialdumping zu stellen.
Unser Ziel ist es, eine Bewegung von unten für einen gerechten und dauerhaften Frieden, in Solidarität mit dem Kampf des ukrainischen und russischen Volkes gegen Putins Invasion und die NATO-Strategien, für einen gerechten Frieden und für die Selbstbestimmung der Ukraine aufzubauen.
Wir fordern die dringende Umwidmung der Militärhaushalte zugunsten der lebenswichtigen Bedürfnisse einer ökosozialistischen Transformation der Welt auf der Grundlage sozialer und ökologischer Gerechtigkeit und gegen alle neokolonialen Beziehungen.
3. Politische Entwicklungen in der Ukraine
Selenskyj und seine Regierung sind eine neoliberale Kraft, die mit Teilen der ukrainischen Oligarchie verbunden ist. Sein unerwarteter Wahlerfolg im Jahr 2019 beruhte auf der Kritik an der Korruption und der Hoffnung auf eine friedliche Beilegung des hybriden Krieges, der seit 2014 mehr als 15 000 Tote gefordert hatte, sowie auf einer tiefen Krise aller politischen Parteien, die mit wachsenden sozialen Konflikten und Aktivitäten der Zivilgesellschaft einhergeht.
Die ukrainische Bevölkerung wehrt sich mit allen Mitteln geschlossen gegen die russische Invasion. Viele sozialistische und anarchistische Aktivist:innen haben sich den Territorialverteidigungskräften angeschlossen. Als internationalistische Aktivist:innen unterstützen wir Genoss:innen, die diese Entscheidung getroffen haben.
Gleichzeitig organisieren sich die Ukrainer:innen selbst, um die Opfer des Krieges zu unterstützen. Es wurden Volksinitiativen ins Leben gerufen, um für Unterkünfte, Sozialwohnungen und Kinderbetreuung für Flüchtlinge und Binnenvertriebene bereitzustellen, kostenlose psychische und andere medizinische Versorgung, Transportmöglichkeiten und vieles mehr zu sorgen. Diese Initiativen sind ein Experiment für neue Formen der sozialen Organisation, die mit dem neoliberalen Rückschritt der letzten 20 Jahre brechen könnten; aber sie sind immer noch mit dem herrschenden politischen und wirtschaftlichen System konfrontiert, das die Oligarchen schützt.
In der gegenwärtigen Phase des Krieges haben die russischsprachigen Ukrainer:innen am meisten unter der russischen Armee zu leiden. Sie beteiligen sich in großem Umfang am bewaffneten und zivilen Widerstand. Dies entkräftet alle Behauptungen von Putin, die „Operation“ diene dem Schutz von nationalen Minderheiten. Wir unterstützen das Recht der Bevölkerungen auf demokratische Selbstbestimmung ohne inländischen oder ausländischen Zwang.
Der Aufbau einer ukrainischen nationalen Identität ist ein vorherrschender politischer Trend, ein historisch fortschrittlicher Widerstand gegen die jahrhundertelange russische Beherrschung. Dieses Gefühl hat auch oft die Farbe des Antikommunismus angenommen, was unter anderem auf die Unterdrückung während der Periode der UdSSR zurückzuführen ist. Dies kann nur durch eine radikal demokratische Bewegung zur Konsolidierung einer friedlichen Ukraine überwunden werden. Der Widerstand und der Sieg des Volkes gegen die russische nationale Unterdrückung sollte eine kollektive Aneignung der widersprüchlichen Interpretationen der schwarzen Seiten der ukrainischen Geschichte durch Historiker:innen und verschiedene politische Strömungen ermöglichen, die sich mit sämtlichen Unterdrückungen und Verbrechen in der Vergangenheit befassen. Dazu bedarf es aber auch der Konsolidierung einer Nachkriegs-Ukraine, die frei von oligarchischem Kapitalismus und sozial zerstörerischer Politik ist.
Es liegt auf der Hand, dass der durch die Invasion ausgelöste Kontext von Gewalt und verstärktem Nationalgefühl einer „antirussischen“ und rechtsextremen nationalistischen Ideologie Vorschub leistet. Gleichzeitig schafft das massive Engagement russischsprachiger Ukrainer:innen und Rroms bei der Verteidigung des Landes sowie die direkte Mobilisierung der Bürger:innen im bewaffneten und unbewaffneten Widerstand Potenzial für eine fortschrittlichere Lösung der kulturellen und sprachlichen Probleme, die in den letzten Jahren von der extremen Rechten ausgenutzt wurden.
Viele Frauen haben sich freiwillig zum Militärdienst gemeldet. Wie ukrainische Feministinnen sagen, wissen sie, was für eine Zukunft Putins Regime den Feministinnen und LGBT bietet. Deshalb steht der Kampf für dessen Sturz für sie ganz oben auf der Tagesordnung.
Im Kontext von Krieg und Bellizismus tendiert das Geschlechterregime dazu, stärker patriarchalische Formen anzunehmen, die Frauen in den Bereich der Pflege zu stellen und Männer an die Front zu schicken und sexistische, gewalttätige und reaktionäre Verhaltensweisen (gegen Frauen und LGBT) verstärken. Seit 2014 fällt die Last der sozialen Reproduktion in einer zutiefst neoliberalen Gesellschaft mehr und mehr den Frauen zu, da die soziale Absicherung abgebaut wurde. Dies ist ein Teil des Kontextes für die massive Leihmutterschaftsindustrie, die sich in der Ukraine entwickelt hat. Seit der russischen Invasion hat der Einsatz von Vergewaltigung und sexueller Gewalt als Kriegswaffe bei den Frauen traumatische Nachwirkungen hinterlassen, darunter ungewollte Schwangerschaften, für die sie keinen Zugang zu angemessener Versorgung haben. Wir unterstützen die feministischen Kollektive, die sich dafür einsetzen, Frauen bei all ihren komplexen Traumata zu helfen.
In diesem Kontext ist die neue sozialistische Nichtregierungsorganisation Sozialnyi Ruch (Soziale Bewegung) gegründet worden. Wir unterstützen ihre Ausrichtung, zu der auch ihre offene Kritik an den Notstandsmaßnahmen und Arbeitsrechtsreformen gehört, die die Entlassung von Beschäftigten erleichtern, an der Nichtdurchsetzung des Arbeitsrechts und an einem korrupten Rechtssystem und öffentlichen Dienst, der es Oligarchen und anderen Kapitalist:innen ermöglicht, die Zahlung von Löhnen und Steuern oder die Einhaltung von Umweltgesetzen zu umgehen. Sie bauen einen Volkswiderstand gegen den Eindringling auf, der in der Solidarität mit den Kämpfen der Arbeiter:innen und den egalitären (feministischen, antirassistischen, antisexistischen) Beziehungen unter den Menschen wurzelt. Sie fördern eine wichtige Kampagne für den Erlass der Auslandsschulden der Ukraine.
Unabhängige Arbeitergewerkschaften sind ebenfalls ein Schlüsselfaktor beim Aufbau von Widerstand und einer Alternative zum bürgerlichen und neoliberalen Projekt für die Ukraine.
Die Verbindung dieser fortschrittlichen Kräfte (insbesondere von Gewerkschaften und Feministinnen) mit der Antikriegsbewegung in Russland und Belarus wird von entscheidender Bedeutung sein, um fortschrittliche Alternativen zu den vorherrschenden innerimperialistischen Konflikten und Regelungen zu eröffnen.
4. Das politische Klima in Russland und die Antikriegsbewegung
Die Reaktivierung des großrussischen Imperialismus hat auch politische Konsequenzen innerhalb des russischen Staates. Putin nutzt seine Orwellsche „Spezialoperation“ auch dazu, die russische Gesellschaft weiter zu unterdrücken. Seine Politik ist ebenso aggressiv ideologisch (großrussisch-nationalistisch und „antinazistisch“) wie systematisch repressiv. Er will langfristig jede innere Opposition ausschalten.
Bildung und Medien wurden reformiert, um autoritäre, imperialistische Werte zu fördern und abweichende Meinungen zu unterdrücken. Unabhängige Gewerkschaften und Aktivistennetzwerke, LGBT- und Umweltaktivist:innen sind verstärkt Repressionen ausgesetzt.
Diese regressiven Tendenzen führen das russische Regime in einen Neofaschismus, in dem formale demokratische Verfahren schrittweise abgeschafft werden.
Trotzdem haben einige Teile der russischen Gesellschaft großen Mut bewiesen und sich Putins Krieg widersetzt. In den ersten Tagen des Krieges kam es in vielen russischen Städten zu spontanen Demonstrationen gegen die Invasion. Diese wurden hart unterdrückt. Einzelne Personen protestieren weiter und sind an ihren Arbeits- und Studienplätzen mit Geldstrafen belegt, inhaftiert und eingeschüchtert worden.
Einige Soldaten weigern sich, an dieser so genannten „Spezialoperation“ teilzunehmen, und die russische Armee leidet unter Desertion und Brüchen in der Disziplin. Die meisten Soldaten, die in der Ukraine dienen und sterben, stammen aus den ethnischen Minderheiten Russlands, die weniger Beschäftigungsmöglichkeiten haben und sich dem Militärdienst weniger entziehen können.
Heute spielt die kleine feministische Bewegung eine Schlüsselrolle bei der Anprangerung der Invasion und der Solidarität mit der Ukraine, indem sie zur Koordinierung von Initiativen im ganzen Land beiträgt.
Die Bewegung der Soldatenmütter ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, der denjenigen eine Stimme gibt, die Putins Krieg und Propaganda kritisch gegenüberstehen.
Zugleich machen auch Sabotageaktionen, die nicht eindeutig zugeordnet werden können, dem russischen Staat das Leben schwer und zeigen, dass es mehr Widerstand gegen den Krieg gibt, als öffentlich geäußert wird.
Auch die russische Logistik in Belarus wurde auf beeindruckende Weise sabotiert. Das Minsker Regime hat solche Sabotageakte als Terrorismus eingestuft, auf dem Todesstrafe steht. Belarussische Aktivist:innen unterstützen russische Deserteure und demonstrieren gegen die belarussische Kollaboration oder künftige Beteiligung an der russischen Invasion. Unabhängige Gewerkschaften, die die Antikriegsproteste angeführt haben, wurden hart unterdrückt, und ihre Handlungsfähigkeit ist in Frage gestellt.
Die sozialistische und revolutionäre Linke in Russland und insbesondere die Russische Sozialistische Bewegung (RSD) können eine wichtige Rolle spielen, indem sie eine aktive Opposition gegen das Putin-Regime aufbauen und Solidaritätsverbindungen mit ukrainischen Aktivist:innen und der ganzen Welt knüpfen. Sie sind mit zunehmender Repression konfrontiert und müssen halb-klandestin arbeiten.
Einige Sozialist:innen, Feministinnen und andere Aktivist:innen mussten das Land verlassen, arbeiten aber vom Exil aus weiter am Aufbau einer radikalen Alternative in Russland. Wir sind entschlossen, sie zu unterstützen.
5. Unsere Aufgaben außerhalb der Ukraine und Russlands
Als Kräfte des radikalen Linken bringen wir unsere Unterstützung für den bewaffneten und unbewaffneten ukrainischen Widerstand zum Ausdruck und organisieren ihn, während wir gleichzeitig unabhängig und kritisch gegenüber unseren Regierungen und ihren imperialistischen Programmen und Motivationen bleiben. Wir stehen keiner Initiative im Wege, die dazu beiträgt, den autonomen Widerstand des ukrainischen Volkes zu stärken.
Wir nehmen an Mobilisierungen in Solidarität mit den Ukrainer:innen und gegen Putins Invasion teil und versuchen, mit ukrainischen Flüchtlingen und Menschen, die über die Aggression empört sind, in Kontakt zu treten, indem wir unsere Parolen und Ideen gegen alle Imperialismen, für Sozialismus und Selbstbestimmung einbringen.
Wir unterstützen und bauen Initiativen von unten auf, die materielle und humanitäre Hilfe in die Ukraine bringen.
Wir verurteilen eine Politik, die darauf abzielt, den Krieg in der Ukraine auszunutzen, um die Interessen des westlichen Imperialismus zu fördern. Wir wenden uns gegen alle Bedingungen, die von westlichen Regierungen auferlegt werden, um Profite zu machen und die Ukraine ihrer wirtschaftlichen und militärischen Einflusssphäre unterzuordnen.
Wir sind gegen den Anstieg der Militärausgaben, der Teil einer Agenda des zunehmenden Militarismus ist, die älter ist als Putins Invasion. Wir sind gegen die NATO und die OVKS[i], für ihre Auflösung, für den Austritt jedes Landes aus diesen Bündnissen und lehnen ihre Ausweitung entschieden ab.
Wir bekunden und organisieren unsere Solidarität mit den Flüchtlingen aus der Ukraine und fordern die Beendigung aller Diskriminierungen und eine Politik der offenen Grenzen für Migrant:innen und Flüchtlinge jeglicher Herkunft. Das erzwungene Exil der Ukrainer:innen ist in den Nachbarländern, insbesondere in Polen, auf eine große, selbstorganisierte Solidarität der Bevölkerung gestoßen. Die derzeitige Behandlung der ukrainischen Flüchtlinge durch die EU sollte als Standardpraxis für alle neuen Asylbewerber:innen übernommen werden.
Wir unterstützen direkte Maßnahmen gegen russische Oligarchen. Sie werden durch die Undurchsichtigkeit und Ungerechtigkeit des globalen Finanzsystems, das Bankgeheimnis, die institutionalisierte Kapitalflucht und Steuerhinterziehungen geschützt, davon profitieren alle Oligarchen, auch die ukrainischen. Wir unterstützen keine langfristigen Sanktionen, die darauf abzielen, Russland „auszubluten“ oder zu „schwächen“, und die zu mehr Armut in der russischen Bevölkerung führen.
Wir bekämpfen jegliche Russophobie, die das russische Volk oder die russische Kultur mit den Handlungen seiner Regierung in einen Topf wirft.
Wir zeigen den Widerspruch zwischen der Unterstützung des ukrainischen Kampfes durch westliche Regierungen und ihrer Komplizenschaft mit der Unterdrückung des kurdischen Volkes durch die Türkei und der Unterdrückung des palästinensischen Volkes durch Israel und aller anderen unterdrückten Völker der Welt auf.
6. Unsere wichtigsten Losungen und Forderungen
● Für die Niederlage der russischen Invasion; Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine
- Unterstützung des ukrainischen Widerstands in all seinen Formen
- Für den sofortigen Erlass der ukrainischen Schulden
- Nieder mit Putin! Unterstützung der russischen Antikriegsbewegung; Solidarität und Flüchtlingsstatus für alle Deserteure der russischen Armee
- Gegen den Expansionismus und Interventionismus der NATO und der OVKS unter russischer Führung; gegen alle imperialistischen Blöcke
- Solidarität mit den ukrainischen Flüchtlingen jeglicher Herkunft und Bereitstellung der notwendigen praktischen kurz- und längerfristigen Hilfe, wobei zu berücksichtigen ist, dass es sich bei der großen Mehrheit um Frauen und Kinder handelt
- Für einen Übergang zu erneuerbaren Energien, um Abhängigkeiten und Erpressungen von Öl- und Gasproduzenten zu beenden; Umschichtung der Militärbudgets in Investitionen für eine schnelle Dekarbonisierung der Wirtschaft unter Kontrolle der Bevölkerung.
- Für ein sozialistisches Europa frei von Militärblöcken und allen neokolonialen Beziehungen; für eine ökosozialistische revolutionäre Alternative zur kapitalistischen Ausbeutung und der Zerstörung des Lebens auf unserem Planeten
24. Mai 2022
Quelle: https://fourth.international/en/566/europe/447
Aus dem Englischen
übersetzt von Wilfried
[i] OVKS ‒ Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (russ.: Organisazija Dogowora o Kollektiwnoi Besopasnosti – ODKB; engl.: Collective Security Treaty Organization – CSTO). Dem 2002 gegründeten Militärbündnis gehören sechs Staaten an: Russland, Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan. Zu der 1992 gebildeten Vorgängerorganisation VKS, ausgeschiedenen Staaten, Zielsetzung etc. siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Organisation_des_Vertrags_%C3%BCber_kollektive_Sicherheit