Baba Jan und seine Genossen endlich in Freiheit!
TEILEN
Pakistanische Aktivisten aus Haft entlassen

Baba Jan und seine Genossen endlich in Freiheit!

Von Pierre Rousset | 02.12.2020

Neun Jahre nach seiner Inhaftierung wurden Baba Jan und die letzten drei seiner ebenfalls inhaftierten Genossen freigelassen. Neun Jahre, in denen wir mehr als einmal um sein Leben gebangt haben, neun Jahre, die durch juristische Kämpfe und umfassende Mobilisierungen in Pakistan sowie durch zahlreiche internationale Solidaritätskampagnen[1] geprägt waren. [Gilgit Baltistan wird von Pakistan besetzt und verwaltet, gehört aber zum zwischen China, Indien und Pakistan umstrittenen Kaschmir.] Nachdem bereits elf seiner Mitgefangenen zuvor aus der Haft entlassen worden waren, sind nunmehr alle verurteilten Aktivisten aus dem Hunza-Tal in Gilgit Baltistan, einem halbautonomen Himalaya-Terri­torium unter pakistanischer Kontrolle, frei.

Die strafrechtliche Verfolgung von Baba Jan war politisch motiviert. Er war zu populär und zu radikal für die Herrschenden. Diese Popularität wurde auch bei Wahlen eindrucksvoll bestätigt: 2015 wurde er trotz seiner Inhaftierung bei den Parlamentswahlen in seinem Wahlkreis Zweiter, weit vor dem dritten Kandidaten. Er bedrohte die Hegemonie der Regierungspartei und wurde kurzerhand in einem regelrechten Scheinprozess verurteilt, um ihm das passive Wahlrecht zu entziehen.

Baba Jan wurde inhaftiert, weil er Dorfbewohner*innen unterstützt hatte, die 2010 durch den Aufstau des Flusses Hunza infolge einer Naturkatastrophe und der nachfolgenden Überschwemmung der Region in ihrer Existenz bedroht waren. Dafür wurde er 2014 zunächst zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, dann ein zweites Mal, weil er einen Streik der Gefangenen über Konfessionszugehörigkeiten hinweg organisiert hatte, um die Einhaltung ihrer gesetzlichen Rechte (angemessene Ernährung, Zugang zu medizinischer Versorgung etc.) zu erzwingen.

Während seiner Inhaftierung wurde Baba Jan gefoltert. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich gefährlich und eine Zeit lang wurden ihm notwendige medizinische Untersuchungen verweigert. Nachdem er sehr kurzzeitig auf Bewährung entlassen worden war, wurde ihm mit Entführung gedroht. Die pakistanischen Machthaber gingen davon aus, dass das, was in dem „abgelegenen“ Gebiet Gilgit-Baltistan passiert, jenseits der Grenzen ignoriert werden würde, und sie waren regelrecht schockiert, als das Schicksal von Baba Jan in einer Resolution des Europäischen Parlaments Beachtung fand!

Eine Solidaritätsbewegung auf verschiedensten Ebenen hat Baba Jan wahrscheinlich das Leben gerettet. Sie endet heute mit seiner Freilassung und der seiner Genossen. Seine Familie, Freunde und Genossen sind stets an seiner Seite geblieben. Prominente pakistanische Anwälte haben sich dazu bereit erklärt, ohne Honorar seine Verteidigung zu übernehmen. Die Menschenrechtskommission hat gegen seine Verurteilung protestiert. Ein breites Spektrum fortschrittlicher Kräfte, das in erster Linie von seinem Freund Farooq Tariq zusammengetrommelt worden war, übte ständigen politischen Druck auf die Regierung aus. Sowohl in Pakistan als auch in Gilgit Baltistan kam es fortlaufend zu Protestdemonstrationen. Zahlreiche regionale (in Südasien) und globale Netzwerke führten Kampagnen durch, von der ökosozialistischen Bewegung (Baba Jan ist Klimaaktivist) bis hin zur Vierten Internationale (seiner politischen Heimat). In 45 Ländern wurden zahlreiche Unterschriften gesammelt, darunter von vielen Abgeordneten, Bürgermeister*innen und anderen Amtsträger*innen; Intellektuellen und Wissenschaftler*innen; Funktionär*innen aus Gewerkschafts-, feministischen und sozialen Bewegungen und Initiativen; Menschenrechtsorganisationen, Bürger*innen usw.

Baba Jans Freilassung war eines jener „gemeinsamen Anliegen“, bei denen alle demokratischen und fortschrittlichen Kräfte zusammenstehen konnten. Wir freuen uns ganz außerordentlich.

28. November 2020

Übersetzung MiWe

Quelle: https://fourth.international/asie/268


[1] Drei dieser Berichte und Aufrufe zur Solidarität sind bei uns in der inprekorr Nr. 4/2015, 5/2016 und in die internationale Nr. 5/2017 nachzulesen. [Anm. d. Red.]

Artikel teilen
Tags zum Weiterlesen
Kommentare auf Facebook
Ähnliche Artikel
Zur Startseite