Am Morgen des Sonntag, den 26. Mai 2019, hat die pakistanische Armee das Feuer auf Menschen eröffnet, die gegen ihre brutalen Operationen in der Grenzregion zu Afghanistan protestierten. Videos zeigen unbewaffnete friedliche Protestierende, die jubeln und Slogans skandieren, als die Mitglieder der pakistanischen Nationalversammlung Ali Wazir und Mohsin Dawar bei dem Sit-in eintreffen. Plötzlich fallen Schüsse.
Bei der Schießerei hat es mindestens 13 Tote gegeben. Die wirkliche Zahl der Toten könnte deutlich höher liegen, da es feststeht, dass es Dutzende von Verletzten gegeben hat. Die Armee hat dann Ali Wazir verhaftet, an einem der nächsten Tage wurde er vor einen Anti-Terrorism-Court gebracht, dieses Gericht verhängte acht Tage Untersuchungshaft. Die Armee stellt ihn als ausländischen Agenten, als Verräter und als Terroristen hin.
Die von der Armee ausgehende Gewalt und die Verhaftung von Ali Wazir sind Versuche, mit Repression gegen eine bedeutende soziale Bewegung vorzugehen. Ali Wazir ist [im August 2018] auf einer unabhängigen Liste zum Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt worden. Er ist Marxist und eine der führenden Personen in dem Pashtun Defence Movement / Pashtun Tahafuz Movement (PTM). Paschtunen sind die drittgrößte ethnische Gemeinschaft in Pakistan und leben vorwiegend in den Gegenden, die an Afghanistan grenzen.
Die PTM fordert eine Beendigung der Militäroperation in dieser Region und der Unterstützung des Staates für bestimmte Fraktionen der islamischen Fundamentalisten. Es fordert die Aufklärung Hunderter von Fällen von „Verschwundenen“, dass außergerichtliche Tötungen durch Militär und Polizei aufhören und dass Bürger*innen, die von den Militäroperationen betroffen sind, Hilfe bekommen.
Die PTM ist vor zwei Jahren entstanden und zu einer bedeutenden unabhängigen Massenbewegung angewachsen. Es verlangt Rechenschaft für Übergriffe der pakistanischen Armee, deswegen wird es zur Zielscheibe. Doch das PTM gedeiht und gewinnt breite Unterstützung. Sobald die Nachricht von der Schießerei bekannt wurde, wurde eine Ausgangssperre verhängt, aber die Menschen ließen sich davon nicht abhalten, auf die Straße zu gehen und zu protestieren. Gewalt und Lügen durch die staatlichen Kräfte zeigen, dass sie sich von der Forderung des PTM nach Gerechtigkeit bedroht fühlen.
Die Armee rechtfertigt ihre Gewalt in dieser Gegend damit, das sei Teil des Kampfs gegen den Terrorismus; sie versuchen Ali Wazir und die PTM als Sympathisanten des Terrorismus hinzustellen. Das sind Lügen. Wazir und die PTM kämpfen für die Sicherheit und die Rechte der örtlichen Bevölkerung. Die Menschen in der Region sind Opfer der verschiedenen Parteien, die Krieg führen, Opfer sowohl der Taliban als auch der pakistanischen Armee. Wazir hat für seine Einstellung bereits einen enorm hohen Preis gezahlt: 13 Familienangehörige sind von den Taliban ermordet worden, darunter sein Vater und mehrere Brüder.
Wir sind mit Ali Wazir und der PTM solidarisch. Wir rufen zu internationalem Rückhalt für das PTM und seinem Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit auf. Wir drücken den Familien und Freunden und Freundinnen der Toten unser Beileid aus; wir verlangen die Verhaftung derjenigen, die für das Eröffnen von Feuer auf friedliche Demonstrierende verantwortlich sind.
Wir fordern, dass der pakistanische Staat damit aufhört, die PTM zu verleumden und zu schikanieren. Wir fordern ganz dringend die sofortige und bedingungslose Freilassung von Ali Wazir.
Büro der Vierten Internationale, 31. Mai 2019
Aus dem Englischen übersetzt von Wilfried