Die Arbeiter*innenbewegung muss sich organisieren, am besten in einer revolutionären Partei. Denn der Klassenkampf von oben hat eine neue Dynamik erreicht. Das war Thema im eintägigen Herbstseminar der ISO-Ortsgruppe Rhein-Neckar. Ein Bericht.
Am Samstag, 14. November 2020, fand das Herbstseminar „Schnell noch die Welt verändern?“ unserer ISO-Ortsgruppe Rhein-Neckar statt. Trotz der Pandemie konnten wir hybrid – in einer Mischung aus Präsenz und online – zusammenkommen und Wege zu unseren politischen Visionen diskutieren.
Im ersten Seminarteil beschrieb der Referent die aktuelle Krisensituation, die praktisch alle gesellschaftlichen Lebensbereiche betrifft. Die in beängstigender Weise zunehmenden rechten, nationalistischen, autoritären, fundamentalistischen und faschistischen Bewegungen sind nur der sichtbarste Ausdruck dieser Krise. Vor diesem Hintergrund versuchen die Herrschenden, ihre Macht zu festigen.
Umso wichtiger sei es, betonte der Referent, dass wir einerseits an der Jahrtausende alten Vision einer freien, solidarischen und wahrhaftig demokratischen Gesellschaft festhalten. Andererseits betonte er die Notwendigkeit, nicht abzuwarten, sondern organisiert auf den radikalen gesellschaftlichen Wandel hinzuarbeiten.
Er ist die Voraussetzung für die Verwirklichung unserer Ziele: Indem die arbeitende Klasse die Macht des Kapitals bricht, die Kontrolle über die Produktion übernimmt und die politische Macht durch eine direkte, eine rechtsstaatliche Rätedemokratie ausübt.
Um in diesem Sinne vorangehen zu können, bedarf es des Aufbaus einer solidarischen Front. In ihr sollten alle gegen das Kapital gerichteten Bewegungen gemeinsam mit der Arbeiter*innenbewegung zusammenwirken.
Steine und Brocken auf dem Weg
Durch die Geschichte der Klassenkämpfe wurden uns große Hindernisse in den Weg gelegt. Einerseits von den offen reaktionären Kräften des Faschismus, die alles daransetzten, die Arbeiter*innenbewegung zu zerstören. Andererseits aber auch durch die Sozialdemokratie, den Stalinismus und die „sozialpartnerschaftlich“ orientierten Gewerkschaftsapparate.
Durch ihre Anpassung an den Kapitalismus und dessen politische Herrschaftssysteme haben sie zum Untergang der alten Arbeiter*innenbewegung entscheidend beigetragen. Sie haben nicht nur schwere Niederlagen in den Klassenauseinandersetzungen verursacht, sondern sogar die Errichtung reaktionärer und faschistischer Regime ermöglicht.
Gesellschaftliche Alternativen aufbauen
Der Referent des zweiten Seminarteils verwies auf den verschärften Klassenkampf von oben mit einer neuen Dynamik von Massenentlassungen und heftigen Angriffen auf unsere demokratischen, sozialen und ökologischen Grundrechte.
Es gibt aber auch viele Beispiele gelungener Gegenwehr etwa in Form der Selbstorganisation der Arbeiter*innen. Wir sahen einen Ausschnitt aus dem Video „Strike Bike“ und sprachen über die Kämpfe in anderen Betrieben – von Mannheim über Frankreich bis nach Argentinien. Dort konnten Belegschaften die Kontrolle über die Produktion übernehmen.
Die Diskussion drehte sich auch um den Bereich der Pflege und Gesundheitsversorgung. Er betrifft momentan alle Menschen noch akuter als in anderen Zeiten. An diesen Erfahrungen der Bevölkerung und des Personals gilt es, in sozialen und auch gewerkschaftlichen Kämpfen ebenso anzuknüpfen wie allgemein an der Lebenswirklichkeit und dem Bewusstsein der arbeitenden Klasse.
Letztlich komme es für den Erfolg einer Bewegung aber darauf an, so der Referent des zweiten Seminarteils, eine revolutionäre Partei mit revolutionärem Programm aufzubauen, um 1. breite Aktionseinheiten zu bilden, 2. für Sofortziele und Übergangsforderungen zu kämpfen, 3. Selbstorganisation von unten zu fördern, 4. die Zusammenarbeit mit linken Organisationen und Initiativen auszubauen und 5. sozialistische Bildungsarbeit zu organisieren.
Nur in einem kollektiven Prozess können wir eine solidarische Front aufbauen und für unsere Ziele und Visionen einstehen.
Aktuell erfordert das natürlich immer ein verantwortungsvolles Gesundheitsschutzkonzept wie in unserem Seminar: mit Videoschaltung zwischen zwei Räumen mit Kleingruppen sowie per Internet zugeschalteten Einzelpersonen, mit dem zur Verfügung stellen von FFP2-Masken, Einmalhandschuhen, regelmäßigen Lüftungspausen …
Dieser Aufwand hat sich für alle Teilnehmenden gelohnt. Der sehr gute und sichere Ablauf unseres Herbstseminars – übrigens bereichert durch viel Musik – macht Mut für weitere Veranstaltungen und Aktionen auch in der Pandemie.
Aus Avanti² Rhein-Neckar Dezember 2020