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Betrieb & Gewerkschaft

Wenn die LokführerInnen streiken, haben sie allen Grund dazu!

Von Politisches Sekretariat des RSB | 19.10.2014

Flyer des RSB zum Streik der LokführerInnen: Selbst Spiegel Online schreibt: „Schichtdienste, eng getaktete Zeitpläne, Monotonie pur auf kilometerlangen Gleisen: Der Beruf des Lokführers ist beileibe etwas anderes als das, was sich kleine Jungen mit leuchtenden Augen unter ihm vorstellen. Das gilt erst recht für das Gehalt…

Spielgel Online schreibt weiter: "…. Rund 2000 Euro brutto plus Zulagen bekommt ein Lokführer in den ersten Berufsjahren. Reich wird man davon sicher nicht, auch nach Jahrzehnten im Dienst der Deutschen Bahn. Statistisch ziemlich sicher ist dagegen, dass einem Lokführer in seiner Arbeitszeit mindestens ein lebensmüder Mensch vor den Zug springt. Viele Lokführer werden nach solch einem Schock depressiv oder sogar arbeitsunfähig.“

Berechtigte Forderungen

Die GDL fordert 5% Lohnerhöhung, was angesichts der seit Jahren wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich eher bescheiden ist. Zweitens fordert sie erträglichere Schichtpläne und weniger Überstunden. Dazu müssen endlich mehr KollegInnen eingestellt werden. Katastrophale Zustände gibt es nicht nur beim Stellwerk Mainz, wo zu wenige FahrdienstleiterInnen eingestellt sind. Bundesweit fehlen ausreichend LokführerInnen, ZugbegleiterInnen, Servicepersonal usw.
Mit ihren Forderungen nach mehr Geld stellen sich die LokführerInnen und andere Beschäftigte des fahrenden Personals in keiner Weise gegen andere Beschäftigte. Denen will die Bahn (mit tatkräftiger Unterstützung der Massenmedien und der Politik) weißmachen, damit würde ihnen etwas weggenommen. Das ist purer Unsinn, denn es gibt keinen fixen und unveränderlichen Kuchen, der naturgegeben für Gehälter festgelegt ist und nicht größer werden kann. Der gesamte Kuchen für alle Beschäftigten der Bahn muss größer werden! Wenn die GDL hier mit gutem Beispiel vorangeht (wie schon 2007/2008), dann ist das auch Ansporn für andere.

Sie streiken auch für uns alle

Die LokführerInnen haben eine dritte, ganz wichtige Forderung: Sie wollen eine kürzere Arbeitszeit durchsetzen, nämlich 2 Stunden weniger bei vollem Entgeltausgleich. Es ist in der Tat höchste Zeit, dass die Frage der Arbeitszeitverkürzung wieder aufs Tapet kommt. Nur wenn die Konzerne gezwungen werden, massenhaft Personal einzustellen, können wir dem Ziel der Verteilung der Arbeit auf alle Hände näher kommen. Heute haben wir real über 5 Mio. Erwerblose (siehe Süddeutsche Zeitung vom 28.2.2014, nach der 2 Mio. nicht in der Statistik auftauchen.)

Und nur wenn die Zahl der Erwerbslosen drastisch sinkt, werden sich auch die Kräfteverhältnisse zwischen Lohnarbeit und Kapital wieder nennenswert verändern. Allein schon deswegen verdienen die KollegInnen der GDL unsere volle Unterstützung in ihrem Tarifkampf.

Für uneingeschränkte gewerkschaftliche Aktionsfreihei
t

Wirtschaftsverbände und Regierung fordern ständig, nicht zuzulassen, dass die „bewährte Tarifeinheit“ in Deutschland zerstört wird. Sie selbst machen aber ganz planmäßig das genaue Gegenteil. Sie haben in allen nur denkbaren Bereichen Absenkungstarifverträge und Abweichungen von den Flächentarifverträgen (teils gegen heftigen Widerstand) durchgesetzt, auch bei der Bahn. Die Tarifvielfalt liegt nicht in der Verantwortung der GDL, sondern zuerst und vor allem ist sie eine Folge der Konzernaufspaltung und der Politik des Bahnvorstands, der mit allen Mitteln die einzelnen Beschäftigtengruppen gegeneinander ausspielt.

Gegen das Projekt „Tarifeinheit“ und die Alleinvertretungsansprüche

Eigentlich muss auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ein Interesse an der Erhaltung der Koalitions- und Streikfreiheit haben. Viele EVG-lerInnen denken auch so. Leider aber will der Vorstand der EVG einen Alleinvertretungsanspruch für die Bahnbeschäftigten durchsetzen und kungelt dazu mit dem Bahnvorstand und indirekt auch mit der Bundesregierung. Diese will im Interesse der Konzerne per Gesetz den kleineren Gewerkschaften (die in letzter Zeit eher Kampfkraft bewiesen haben als die DGB-Gewerkschaften) faktisch die gewerkschaftliche Aktionsfreiheit beschneiden. Sie sollen keine eigenen Tarifverträge mehr abschließen können. So soll die GDL sich den Tarifstrukturen und der Verhandlungshoheit der EVG unterwerfen. Nach den Zahlen der DB hat die GDL im Bereich LokführerInnen, ZugbegleiterInnen und LokrangierführerInnen (mit insgesamt 37 000 Beschäftigten) 19 000 (= 51%) organisiert, die EVG aber nur 8 000 (= 21%). Ganz unabhängig davon, dass dies auf eine völlig inakzeptable Abschaffung eines Grundrechts auf Koalitionsfreiheit nach Art. 9, Abs.3 Grundgesetz hinausläuft.

Die GDL führt also nicht nur einen exemplarischen Kampf für Arbeitszeitverkürzung, sondern kämpft heute an vorderster Front gegen ein extrem undemokratisches und Grundrechte verletzendes Gesetzesvorhaben. Die GDL darf nicht allein gelassen werden. Seien wir solidarisch und unterstützen wir die KollegInnen, wo wir nur können: in den Gesprächen mit Mitreisenden, an unseren Arbeitsplätzen und überall, wo sich dazu die Gelegenheit bietet.

Vor allem die KollegInnen der EVG rufen wir zur Solidarität auf. Wenn dieser Kampf gewonnen wird, sind sie die Ersten, die davon profitieren, denn dann wird ihr Kampf um höhere Löhne (und hoffentlich auch kürzere Arbeitszeiten) richtig Auftrieb erhalten.

Unterschiedliche Tarife – Wer ist schuld?
Die Bahn-Familie wurde vom Vorstand seit 1996 massiv zerschlagen. Schenker wurde privatisiert, ausgegliedert,  wieder eingegliedert, hat aber eigene Tarifverträge.
Die Bahn hat heute ca. 200 verschiedene davon. Sie regeln z. T. auch gleiche Gegenstände. Für ICE-Schlosser gibt es andere Tarifverträge als für KollegInnen an anderen Zügen. Solange eine Zersplitterung im Interesse des Vorstands war, war das offenbar „voll in Ordnung“.

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