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Innenpolitik

WASG-Parteitag: Bedingungslos fusionsbereit

Von B.B. | 01.12.2006

Am 18./19. November beschloss der WASG-Parteitag in der Nähe Paderborns die Vereinigung mit der L.PDS – ohne Bedingungen. SAV und Antikapitalistische Linke werden in der zukünftigen Linkspartei mitarbeiten. Die „Linke Opposition” diskutiert über eine neue Organisation.

Am 18./19. November beschloss der WASG-Parteitag in der Nähe Paderborns die Vereinigung mit der L.PDS – ohne Bedingungen. SAV und Antikapitalistische Linke werden in der zukünftigen Linkspartei mitarbeiten. Die „Linke Opposition” diskutiert über eine neue Organisation.

Alle 270 Delegierten wurden zum Parteitag neu gewählt. Zum linken Flügel zählten 20-25 % der Delegierten. Als erfahrene AktivistInnen waren die Linken während der Gründungsphase der Wahlalternative schnell in die vordersten Reihen gelangt, was zur Überschätzung des eigenen Einflusses und zu Illusionen in die WASG führte.
Den Parteitag prägte das bekannte Wechselspiel der gemäßigten Vorstandsmehrheit um Klaus Ernst/Axel Trost mit dem „radikalen” Oskar Lafontaine, der die Delegierten von links überholte. Die meisten „Mindestbedingungen” der Linken für eine Vereinigung mit L.PDS kamen durch (s. Kasten). Als dann der „Sozialist” Axel Trost gegen eine „sozialistische Gesellschaftsordnung” auftrat, kündigten Lafontaine, Gysi und Bisky an, sich bei der Fusion für das sozialistische Ziel einsetzen zu wollen. Auch ein Antrag zur Vergesellschaftung der Schlüsselbereiche der Wirtschaft wurde angenommen. Aber die Mehrheit der Delegierten wollte keine Bedingungen an die Vereinigung von L.PDS und Wahlalternative im Juni 2007 knüpfen.
Parlamentarische Erfolgschancen
Die bald vereinigte Linkspartei hat durchaus Erfolgschancen – als reformistische, anti-neoliberale und parlamentarische Kraft. Dass sie dabei auf Regierungsbeteiligungen setzt, erwartet die Mehrheit der WählerInnen und Mitglieder. Woher soll denn das politische Klassenbewusstsein kommen, wenn nicht einmal die „linke” WASG-Berlin die Beteiligungen an bürgerlichen Regierungen grundsätzlich ablehnt und auf den Klassencharakter des bürgerlichen Staates verweist?
Die vereinigte Partei wird gute Chancen bei Wahlen haben, weil durch den breiten neoliberalen Konsens im politischen Spektrum der Platz für eine anti-neoliberale oder reformistisch-sozialistische Partei frei geworden ist. Sie wird Posten auf allen parlamentarischen Ebenen bieten. Der Staat sorgt für die finanzielle Ausstattung. Die linksoppositionellen Prognosen vom Scheitern der vereinigten Linkspartei sind verständlich aber haltlos.
Neues Organisationsprojekt?
Gescheitert ist der Versuch, die Wahlalternative in eine linkssozialistische Partei zu verwandeln. SAV und Antikapitalistische Linke (AKL) wollen trotzdem in der vereinigten Linkspartei mitarbeiten. Mit Lucy Redler und Thies Gleis sind sie im neuen Vorstand der WASG vertreten. Sind schon die „roten Linien” keine Bedingung der WASG-Mehrheit für die Fusion mit der L.PDS, so ist ihre Einhaltung nicht einmal Bedingung für SAV und AKL zur Mitarbeit in der Linkspartei!
Noch stehen Bilanzen der einzelnen entristischen, trotzkistischen und rätedemokratischen Ansätze aus, da wird bereits über eine neue Organisation links von der WASG diskutiert. Aber nicht alle, die die linksoppositionellen WortführerInnen unterstützten, werden diesen Weg mitgehen. Das von Hartz IV betroffene WASG-Mitglied denkt praktisch: Wenn die Wahlalternative so schnell gescheitert ist, warum soll der Versuch, eine „wahre” WASG zu gründen, besser ausgehen? Und zwang die Rolle der “Opposition” gegen den Parteivorstand lange die Linke zur Einigkeit, so setzt jetzt ihre Zersplitterung ein.
Ohne Klassenkämpfe keine linkssozialistische Partei
Im Zusammenhang mit seiner Losung der Sozialistischen ArbeiterInnenpartei (SAP) betonte der RSB die notwendige Voraussetzung einer Welle von Klassenkämpfen, die zur Radikalisierung von Lohnabhängigen führt. Solange es dazu nicht kommt, ist die SAP-Losung Propaganda, um AktivistInnen der Gewerkschaftslinken und der sozialen Bewegung für eine solche Idee zu gewinnen, nicht aber der Aufruf morgen die SAP zu gründen. Ohne umfassende Kämpfe scheitert(e) auch der Versuch, die WASG in eine linkssozialistische Partei zu verwandeln, die mehr ist als eine PDS-Plus. Der parlamentarischen Orientierung von 95% der Linken in der BRD muss mit dem Aufbau einer außerparlamentarischen Opposition gegen die neoliberalen Reformen begegnet werden. 

 

Linksentwicklung der WASG?
Mit der Forderung nach Vergesellschaftung ist die Papierlage der WASG linker geworden. Und die Praxis? Forderungen wie „Trennung von Amt und Mandat”, „keine Auslandseinsätze der Bundeswehr” und „Ablehnung der Beteiligung an Regierungen, die Sozialabbau und Privatisierungen betreiben” sind wichtig, aber bürgerlich-demokratisch, pazifistisch und anti-neoliberal. Sie sind weder sozialistisch, noch Bedingung für die Vereinigung.
Lafontaines redet nur „taktisch” links, die dominierenden Gewerkschaftssekretäre sind konservative Apparatschicks, die Sozialistische Linke stimmt gegen den Sozialismus. Linksruck, SAV und Antikapitalistische Linke befürworten bürgerliche Regierungsbeteiligungen „unter Bedingungen”. Die „Linke Opposition”, die sich wirklich nach links zur Rätedemokratie entwickelte, steht vor dem Austritt.
Bei der Fusion mit der L.PDS wäre ein Bekenntnis der WASG zum „demokratischen Sozialismus” tatsächlich für viele ihrer exSPD-Mitglieder eine Linksentwicklung. Dann würden sie wieder dort angelangen, wo sie als Jusos aufhörten, und wo die L.PDS bereits steht – um den Preis der Wahlfixiertheit, des Parlamentarismus und von Regierungsbeteiligungen.
B.B. 

 

 

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