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Länder

Wahlerfolg für die PSoL – Lula muss in die zweite Runde

Von Thadeus Pato | 01.11.2006

Als die brasilianische Senatorin Helena Heloisa zusammen mit einer Reihe anderer linker Parlamentsabgeordneter 2003 wegen ihrer Opposition gegen die neoliberale Politik der PT-Regierung des Präsidenten Inácio „Lula“ da Silva aus der Partei ausgeschlossen wurde, hätte wohl niemand vorauszusagen gewagt, dass sie drei Jahre später die dritte Kraft bei der Präsidentschaftswahl anführen würde.

Als die brasilianische Senatorin Helena Heloisa zusammen mit einer Reihe anderer linker Parlamentsabgeordneter 2003 wegen ihrer Opposition gegen die neoliberale Politik der PT-Regierung des Präsidenten Inácio „Lula“ da Silva aus der Partei ausgeschlossen wurde, hätte wohl niemand vorauszusagen gewagt, dass sie drei Jahre später die dritte Kraft bei der Präsidentschaftswahl anführen würde.

Zusammen mit den anderen Ausgeschlossenen und Hunderten anderer PT-Mitglieder, die aus der Partei austraten, darunter landesweit angesehene linke Intellektuelle wie z.B. der eng mit der Landlosenbewegung verbundene Plinio Arruda Sampaio, gründete sie die PSoL und kündigte an, bei den Wahlen als Präsidentschaftskandidatin antreten zu wollen. Aber das war nicht so einfach. Dafür musste die PSoL nicht nur erst einmal aufgebaut und konsolidiert werden, sondern es mussten auch rund eine halbe Million Unterschriften für die Anerkennung als Partei gesammelt werden. Das gelang, und Helena Heloisa trat für die Linke Front  gegen Lula und Jose Rodrigues Alckmin Filho, den Kandidaten der PSDB (Sozialdemokraten) an. Und entgegen den Unkenrufen, die der Linken Front eine vernichtende Niederlage vorausgesagt hatten, erreichte sie auf Anhieb ein Ergebnis, das Brasilien einen zweiten Wahlgang bescherte.
Das Ergebnis
Helena bekam 6 575 393 Stimmen, das sind 6,87% und damit die dritt meisten hinter Präsident Inácio da Silva (Lula) mit 48% und Alckmin mit 41%. Bei den Abgeordnetenwahlen erreichte die PSoL insgesamt drei Mandate – in Brasilien gilt das Mehrheitswahlrecht (die Stimmen der unterlegenen KandidatInnen fallen unter den Tisch). In Rio de Janeiro wurde Chico Alencar mit 119 000 Stimmen wieder gewählt, außerdem zogen Luciana Genro und Ivan Valente erneut ins Parlament ein. Zwar hatte die PSoL im alten Parlament insgesamt sieben Sitze (ausgetretene PT-Mitglieder), dennoch ist für das erste Auftreten der neuen Partei dieses Ergebnis ein durchschlagender Erfolg. Insbesondere hat die Linke Front mit Heloisa Helena dem Präsidenten den Sieg in der ersten Runde gründlich vermasselt. Da keiner der Präsidentschaftskandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, gibt es nun eine Stichwahl – Lula muss in die zweite Runde.
Was tun in der Stichwahl?
Innerhalb der PSoL gibt es eine offene Diskussion, wie man sich zur anstehenden Stichwahl verhalten soll. Für den zweiten Wahlgang rief die PSoL-Leitung in einer Erklärung vom 3. Oktober zum „voto nulo“ in der Stichwahl auf, das heißt dazu, für keinen der beiden Kandidaten zu stimmen. Trotz unterschiedlicher Positionen in der Partei setzte sich diese Haltung mehrheitlich durch. In der Erklärung der PSoL zur Stichwahl heißt es: „Die PSoL ist der Meinung, dass beide Kandidaten, die die zweite Runde ausfechten, für die Verfolgung neoliberaler und reformorientierter Politik stehen.“
Aber es gibt auch eine starke Strömung in der PSoL, die das für einen Fehler hält und eine Diskussion in der Partei über einen Wahlaufruf für Lula als das kleinere Übel im zweiten Wahlgang fordert. In einem Interview mit der Zeitung Pagina12 (São Paulo) meinte Plinio Arruda Sampaio, bevor man entscheide, müsse es eine Debatte in der PSoL geben. Er betonte zwar, dass sich Lula und Alckmin in ihrer grundsätzlichen Orientierung am so genannten Konsens von Washington nicht unterschieden, aber meinte, man müsse bei bestimmten Themen Lula zwingen, Farbe zu bekennen, und dann gemäß seiner Haltung entscheiden. Er selbst wisse noch nicht, wie er abstimmen werde, aber auf jeden Fall entweder für Lula oder ungültig.
Die PSTU wiederum fordert eine gemeinsame Haltung der Linken Front zur zweiten Runde ein und plädiert ebenfalls für eine ungültige Stimmabgabe.
Wie weiter?
Es dürfte relativ sicher sein, dass Lula eine zweite Amtszeit regieren wird. Angesichts seiner Politik der letzten Jahre wird es die Hauptaufgabe sein, die neu entstandene Partei ebenso wie die Linke Front zu konsolidieren und in den bevorstehenden Auseinandersetzungen als kämpferischen gesellschaftlichen Gegenpol zu präsentieren. In der nächsten Periode steht unter anderem die Reform der Rentengesetzgebung an, die einschneidende Verschlechterungen für die Masse der abhängig Beschäftigten bringen wird. Eduardo Almeida Neto von der Leitung der PSTU ist Recht zu geben, der in einem Artikel zum Wahlergebnis feststellt, dass nicht in erster Linie die Zahl der gewählten Abgeordneten und der Stimmen entscheidend ist, sondern die Tatsache, dass es gelungen ist, eine echte Alternative zur bürgerlichen Politik sowohl von Lula wie von Alckmin sichtbar zu machen. Dass sie das ist, muss sie in den kommenden Auseinandersetzungen zeigen.

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