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Innenpolitik

Und täglich grüßt das Murmeltier …

Von Trixi Blixer | 01.03.2006

Jedes Jahr trifft sich in München die Weltkriegselite zum Brainstorming im Hotel “Bayerischer Hof”. In diesem Jahr hatte Angela Merkel vor 300 anderen KriegsministerInnen, RüstungsexpertInnen und Generälen ihren ersten großen außenpolitischen Auftritt. Und da zeigte sie der iranischen Delegation gleich, auf welcher Seite sie sich positioniert. Geschlossen präsentierten sich die NATO-VertreterInnen und Russland gegen die iranische Politik.

Jedes Jahr trifft sich in München die Weltkriegselite zum Brainstorming im Hotel “Bayerischer Hof”. In diesem Jahr hatte Angela Merkel vor 300 anderen KriegsministerInnen, RüstungsexpertInnen und Generälen ihren ersten großen außenpolitischen Auftritt. Und da zeigte sie der iranischen Delegation gleich, auf welcher Seite sie sich positioniert.

Geschlossen präsentierten sich die NATO-VertreterInnen und Russland gegen die iranische Politik. Ganz anders als ihr Vorgänger Schröder, hoffte Angela Merkel wohl nicht mit einem vermeintlichen Antikriegskurs UnterstützerInnen zu finden. Sie sagte in ihrer vielbeachteten aber wenig kritisierten Rede, dass der „Iran mutwillig die ihm bekannten ´roten Linien´ überschritten” habe (www.securityconference.de, 23.2.2006). Und dabei sparte sie nicht mit geschichtsverdrehenden Beispielen, mit denen übrigens schon Joschka Fischer den Angriffskrieg auf Jugoslawien gerechtfertigt hatte. Überheblich warf sie dem Iran seine antisemitischen Äußerungen vor, mit dem Beisatz, Deutschland hätte aus seiner Geschichte gelernt. Auch wären Anfang der 30er Jahre die anderen Nationen nicht hart genug gegen Nazideutschland vorgegangen und deshalb müsse die internationale Gemeinschaft heute dem Iran „in aller Deutlichkeit klarmachen, was geht und was nicht”. Die Regierung könne in Fragen des Atomkonflikts und des Existenzrechts Israels nicht „die geringste Toleranz” erwarten. Damit stellt sich Angela Merkel ganz klar auf die Seite der KriegstreiberInnen! Auch US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld spart nicht mit deutlichen Worten. Er nannte den Iran den „zentralen Punkt” im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus. So wie schon der Angriffskrieg gegen den Irak auf der Münchner Konferenz vorbesprochen wurde, sind die Drohungen der imperialistischen Staaten gegen den Iran sehr ernst zu nehmen.
Zukunft der NATO
Auch die Zukunft des transatlantischen Bündnisses NATO stellte einen Schwerpunkt auf der Tagung, die von Veranstalter Teltschik beschönigend als „Friedenskonferenz” tituliert wird, dar. Wo Ex-Kanzler Gerhard Schröder eher den eigenen Weg Deutschlands und der EU in der Weltpolitik sah, betont Merkel wieder die engere Zusammenarbeit der NATO-Mitgliedsstaaten. Nach den Entwicklungen im Irak befürchtet sie wohl vor allem, dass die deutschen UnternehmerInnen bei der Verteilung nichts mehr abbekommen werden. So betonte sie in ihrer Rede, dass der NATO Vorrang in Sicherheitsfragen zu geben sei. Mit diesem Kurswechsel sind NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und US-Verteidigungsminister Rumsfeld sehr zufrieden. Brauchen sie wegen ihrer Schwierigkeiten bei der Besetzung des Irak und den Drohungen gegen den Iran doch dringend Unterstützung aus den anderen NATO-Staaten. Rumsfeld rief die übrigen Mitglieder der NATO dazu auf, sich im Bündnis gemeinsam mit der EU, noch stärker im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu engagieren.
Demos und Repression
Am ersten Februarwochenende war es wieder soweit: Es war für zwei Demos gegen die NATO-Kriegstagung mobilisiert worden. Am Freitag Abend fand im Nobelviertel Bogenhausen ein antikapitalistischer Abendspaziergang mit mehreren hundert TeilnehmerInnen gegen das gemeinsame Abendessen von Merkel mit der US-amerikanischen Delegation statt. Vor lauter Angst vor den Protestierenden wurde das Lokal Feinkost Käfer großräumig abgesperrt – für die VillenbewohnerInnen waren Demo und die riesige Polizeipräsenz ein ungewöhnlicher Anblick.
Nach diesem kleinen aber feinen Auftakt ging`s dann am Samstag mit der Großdemo weiter. Jedoch protestierten dieses Jahr deutlich weniger KriegsgegnerInnen auf der Straße. Mit knapp 2 000 TeilnehmerInnen fiel die Demo vergleichsweise klein aus. Es scheint wohl an der eisigen Kälte mit mehreren Minusgraden und an dem jährlich gleichen Ablauf zu liegen, dass sich die AntimilitaristInnen trotz der Brisanz des Themas nicht mehr so leicht mobilisieren ließen.
Auch ist die schon bekannt Repression gegen diese Proteste ein leidiges Problem, dem sich alle DemonstrantInnen aussetzen müssen. Diesmal hatten sich die Polizeibehörden ausgedacht, am Auftaktkundgebungsort einen großen Käfig aus Absperrgittern aufzubauen und mit einer Polizeikette, unter dem Vorwand nach Flaschen zu suchen, quasi alle ankommenden DemoteilnehmerInnen zu kontrollieren. Die Demo mit ihrer knapp 1,5 km langen Marschroute brauchte über dreieinhalb Stunden, denn der Zug wurde ständig nach mehreren Metern von den Polizeieinheiten aufgehalten. Im Verlauf des Wochenendes wurden dann wieder einmal 100 Menschen festgenommen, angesichts der kleinen Zahl der TeilnehmerInnen ein hoher Prozentsatz.
Im Vorfeld der Sicherheitskonferenz wandte sich der Staatsschutz (politische Polizei) an die Münchner Schulen. Kriminaldirektor Gigler warnte in einem Brief vor der linksextremistischen SDAJ und den von ihr vor Schulen verteilten Flugblättern! Den Jugendlichen drohe Verführung durch ihre linken, laut Gigler gewaltbereiten Mitschüler. Wieder einmal versuchte die Polizei, die legitimen Proteste im Vorfeld zu kriminalisieren.
Auch im nächsten Jahr wird die NATO-Kriegstagung wieder im gewohnten Rahmen stattfinden – und zu befürchten ist, dass das Thema „Globaler Krieg” nicht an Aktualität verlieren wird. Deshalb kann mensch sich jetzt schon in den Kalender für 2007 eintragen: Im Februar nach München, kein Friede mit den KriegsplanerInnen!

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