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Betrieb & Gewerkschaft

Umverteilung à la Kirchhof

Von Thadeus Pato | 29.09.2005

Die CDU/CSU hat die Wahlen verloren und das hatte sie nicht zuletzt der Idee zu verdanken, einen Wissenschaftler namens Kirchhof ins Wahlkampfteam zu holen, der dummerweise sagt, was er denkt. Jetzt nach der Wahl tun das auch noch andere.

Die CDU/CSU hat die Wahlen verloren und das hatte sie nicht zuletzt der Idee zu verdanken, einen Wissenschaftler namens Kirchhof ins Wahlkampfteam zu holen, der dummerweise sagt, was er denkt. Jetzt nach der Wahl tun das auch noch andere.

Kirchhof wollte die sogenannte flat tax, das heißt, eine Einheitssteuer, angeblich ohne jegliche Ausnahmen, von 25%. Damit ging er weit über das Wahlprogramm der Union hinaus, das „nur“ eine Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 39% vorsieht. Die Gewerkschaft verdi fasste die möglichen Folgen beider Varianten in drei Sätzen zusammen: „Kirchhof begünstigt vor allem Reiche: Einkommensmillionären werden noch einmal 100.000 Euro geschenkt. Das CDU/CSU-Wahlprogramm sieht 30.000 Euro vor.“ Diese Berechnung wird im Übrigen auch vom DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) bestätigt.

Dass das DIW der Kritik an Kirchhof ansonsten völlig unverdächtig ist, war im Fernsehen am 21.9. zu besichtigen. Da stellte ein frischgeföhnter Mitarbeiter die Zukunftsvision seines Instituts vor, und die stand unter dem Motto Wirtschaftsbelebung und Wachstum schaffen. Nach einer einleitenden Klage über Staatsverschuldung und Wachstumsschwäche nannte er zunächst eine ganze Palette von „dringend nötigen“ Maßnahmen zur Ankurbelung von Investitionen. Als erstes natürlich Steuerentlastung und das nicht nur bei der Einkommens-, sondern auch bei der Körperschafts- und Gewerbesteuer, dann Begrenzung des ALG I auf 1 Jahr ohne Ausnahmen, um „stärkere Anreize“ für eine Wiederaufnahme der Arbeit zu schaffen, Entlastung der notleidenden Unternehmer durch Senkung der Lohnnebenkosten – als plastisches Beispiel wurde die schrittweise Ausweitung der Praxisgebühr auf 15 – 20 Euro genannt, wobei der Herr nonchalant meinte, das wäre unproblematisch, weil, nachdem die einmal eingeführt sei, die Anhebung nicht auf viel Widerstand stoßen werde. Und damit die Einnahmeausfälle des Staates durch die Steuersenkung ausgeglichen würden, soll die Mehrwertsteuer angehoben werden, wobei er hier zwar keine Zahlen nannte, aber jeder sich an den zehn Fingern abzählen kann, dass es bei diesem Volumen mit den 2% von Frau Merkel nicht getan sein wird. Und als Sahnehäubchen forderte er dann die konsequente Deregulierung des Arbeitsmarktes mittels Abschaffung des Kündigungsschutzes für ältere Beschäftigte. Das Ganze natürlich getarnt als wissenschaftliche Expertise in entsprechende, Fachchinesisch.

Die Wahl ist vorbei, jetzt wird die Brechstange herausgeholt. Denn das DIW ist nicht irgendein Institut, es wird vom Bund finanziert und Kuratoriumspräsident ist Bundespräsident Horst Köhler. Kirchhof, auf den so eingeprügelt wurde, hat nur einen einzigen Fehler gemacht: er hat zu früh geredet. Man darf gespannt sein, welche Regierung es sein wird, die die Vorgaben des DIW jetzt einlösen darf.

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