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Innenpolitik

Umfairteilen – im Zeichen des Wahlkampfs

Von Linda Martens | 01.10.2013

Dass der zweite bundesweite Umfairteilen-Aktionstag in diesem Jahr am 14. September veranstaltet wurde, war kein Zufall: Eine Woche vor der Bundestagswahl sollten die Forderungen des Bündnisses aus Attac, Gewerkschaften, Sozialverbänden und weiteren Initiativen und Organisationen noch einmal mit Nachdruck an die sich zur Wahl stellenden Parteien gerichtet werden.

Dass der zweite bundesweite Umfairteilen-Aktionstag in diesem Jahr am 14. September veranstaltet wurde, war kein Zufall: Eine Woche vor der Bundestagswahl sollten die Forderungen des Bündnisses aus Attac, Gewerkschaften, Sozialverbänden und weiteren Initiativen und Organisationen noch einmal mit Nachdruck an die sich zur Wahl stellenden Parteien gerichtet werden.
 
Grund, auf die Straße zu gehen, gibt es genug, geht doch die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander.
Allein in und um Bochum, das aus diesem Grund neben Berlin zentraler Kundgebungsort an dem Aktionstag war, gibt es Hunderttausende, die täglich mit den Auswirkungen der stetig praktizierten Umverteilung von unten nach oben konfrontiert sind. In den Städten des Ruhrgebiets nimmt die Lebensqualität der BewohnerInnen stetig ab. Die künstlich erzeugte Armut der Kommunen führt zur Schließung von öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken, Schwimmbädern und Kinder- und Jugendeinrichtungen, zur Einschränkung von kommunalen Leistungen wie zum Beispiel dem öffentlichen Nahverkehr oder zu Gebührenerhöhungen.

Doch diese Realität hat sich in den Aktionen am 14. September nicht widergespiegelt.

Was dem Umfairteilen-Tag – zumindest in Bochum – einen Hauch des Absurden gab, war der durchaus erfolgreiche Versuch, die Demonstration als Wahlkampfveranstaltung für die SPD zu instrumentalisieren. Schamlos wurde der in der BRD beispiellose Sozialabbau durch „Rot-Grün“ (Stichwort: Hartz- Gesetze) von VertreterInnen der SPD dem politischen Gegner in die Schuhe geschoben, um sich selbst den Kampf für soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen zu schreiben. Zur optischen Verstärkung der sozialdemokratischen Präsenz wurden die DemonstrantInnen zudem mit SPD-Fähnchen und -Luftballons „beglückt“.

Die OrganisatorInnen des Aktionstages werten in ihrer Pressemitteilung die Demonstrationen und Kundgebungen an diesem Tag als „starkes Signal“– eine Erfolgsmeldung, für die es keinen Grund gibt. 

Als im April der Termin für den Aktionstag im September bekannt gegeben wurde, rechnete das Bochumer Aktionsbündnis mit mehreren zehntausend TeilnehmerInnen allein bei der Demonstration in Bochum. Nun werden bundesweit „mehr als 15.000 Menschen“ als ein Mobilisierungserfolg gefeiert. Die „15.000 Menschen“ teilen sich nach dieser Berechnung auf in 12.000 TeilnehmerInnen in Bochum – was eine deutliche Übertreibung ist – und 3.000 in Berlin. Das „mehr als“ verteilt sich auf die restlichen Städte, wobei die TeilnehmerInnenzahlen in der jeweiligen lokalen Presse beispielsweise für Mannheim mit 300, für Regensburg mit 200 und für Saarbrücken mit 120 angegeben werden. Damit hat sich die sinkende Tendenz der Beteiligung von Aktionstag zu Aktionstag fortgesetzt, auch wenn die OrganisatorInnen weiterhin von einem „Riesen- Erfolg“ sprechen.

Die geringe Beteiligung lässt sich nicht mit einer mangelnden Zustimmung zu den Forderungen des Bündnisses erklären. Der Eindruck von Ungerechtigkeit ist weit verbreitet. Ein Grund ist vielmehr die weiterhin mangelhafte Mobilisierung durch die Gewerkschaften, deren Führung offensichtlich kein Interesse daran hat, ernsthaften Widerstand zu organisieren. Dass die Forderung nach „Umfairteilen“ keine angemessene Antwort ist auf den längst eröffneten Klassenkampf von oben, gehört hierzu.

Ein weiterer Grund für die geringe Beteiligung ist die fehlende Motivation der von den Angriffen der Herrschenden Betroffenen oder Bedrohten selbst, ihre sozialen und demokratischen Rechte zu verteidigen, was wiederum verschiedene Ursachen hat: den Glauben, dass Merkels Standortverteidigungspolitik es schon richten wird; die stille Hoffnung, dass die kommende Entlassungswelle die KollegInnen trifft; die Scham, an der eigenen Misere (angeblich) selbst schuld zu sein; das Gefühl, doch nichts ändern zu können…

Die Bundestagwahl ist vorbei. Die herrschende Politik bleibt dieselbe.

Unsere Aufgabe ist heute, in den Gewerkschaften gemeinsam mit linken GewerkschafterInnen Druck auf die Gewerkschaftsführung aufzubauen. Verankert in der arbeitenden Klasse sollten wir daran mitwirken, die Isolation der Einzelnen aufzuheben, das Gefühl der Ohnmacht zu überwinden und gemeinsam aktiv zu werden. 

Beides geht nicht in einem großen Wurf von heute auf morgen, sondern ist geduldige Kleinarbeit. Gemeinsam mit anderen linken Kräften gilt es Stück für Stück die außerparlamentarische Opposition aufzubauen.

Die stärkste Waffe, die wir haben, heißt Solidarität!

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