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Betrieb & Gewerkschaft

Streik in G&D Louisenthal

Von Korrespondentin München | 01.12.2005

Seit 7.11. organisieren die KollegInnen bei der Papier- und Kartendruckerei Giesecke & Devrient im oberbayrischen Louisenthal einen Streik. Der Streik dauerte bei Redaktionsschluss der Avanti noch an.

Seit 7.11. organisieren die KollegInnen bei der Papier- und Kartendruckerei Giesecke & Devrient im oberbayrischen Louisenthal einen Streik. Der Streik dauerte bei Redaktionsschluss der Avanti noch an.

Am 7. November 2005 traten die Beschäftigen in Anschluss an eine Betriebsversammlung in einen unbefristeten Streik. Vorangegangen waren schon vier Warnstreiktage gegen die Verlagerung der Kartenproduktion aus dem Werk Louisenthal am Tegernsee in die Slowakei. Betroffen davon wären rund 240 Arbeitsplätze. Deshalb versucht der Betriebsrat gemeinsam mit ver.di schon seit September Verhandlungen mit der Betriebsleitung aufzunehmen, um für die betroffenen Beschäftigten eine „substantielle Vereinbarung“  zu treffen. U.a. ist Ziel soviele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten und einen Ergänzungstarifvertrag über eine angemessene Abfindung zu erreichen. „Nachdem die Geschäftsleitung wochenlang kaum konkrete und akzeptable Angebote machte, begannen die Beschäftigten mit ersten Streiks. Mittlerweile sind es vier ganztägige Arbeitsniederlegungen geworden.“, so Sabine Pustet, die zuständinge Gewerkschaftssekretärin.
Kampfmaßnahmen
Nachdem die Geschäftsleitung keine verbindliche Aussage zur Beschäftigungssicherung machen wollte und sich auch über die Höhe der Abfindungen keine Vereinbarung treffen ließ, stimmten über 90% der organisierten KollegInnen einem unbefristeten Streik zu. „Zur Abfindungsformel eines Sozialplans aus dem Jahr 2003 wolle die Geschäftsführung nur für diejenigen die Beträge erhöhen, die in eine Transfergesellschaft wechselten und danach noch arbeitslos sind. Der Wechsel in eine Transfergesellschaft bedeute jedoch Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma Giesecke & Devrient. Die älteren Beschäftigten, die sich am schwersten tun, eine neue Arbeit zu finden, hätten jedoch gute Chancen, via Kündigungsschutzklagen ihr Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen zu erhalten“, erklärt Sabine Pustet.
Streikbrecher
Die Geschäftsführung probiert natürlich alles, um gegen den Streik vorzugehen. Sowohl juristisch versucht sie, die Kampfmaßnahme für illegal erklären zu lassen als auch in der konkreten Auseindersetzung vor den Toren StreikbrecherInnen einzusetzen. Ver.di schätzt ein, dass G&D anscheinend den Kampf für die bundesdeutschen Unternehmer führen will, damit in Fällen von Massenentlassungen und Produktionsverlagerungen der Weg, einen Ergänzungstarifvertrag zu fordern, nicht mehr beschritten werden kann. So wurden bspw. LeiharbeiterInnen eingesetzt, deren Zeitarbeitsfirma nexttime wegen ihres Tarifvertrages eigentlich keine bestreikten Betriebe bedienen darf. Zwei Leiharbeiter wehrten sich gegen ihren Einsatz und wurden prompt gekündigt. Auch bei einem anderen Werk von G&D in München warb die Geschäftsführung StreikbrecherInnen an – die kämpfenden KollegInnen wandten sich direkt an diese, mit der Aufforderung sich zu wehren und selber zu streiken. Inzwischen musste gerichtlich ein Vergleich geschlossen werden, nach dem der freie Zugang für StreikbrecherInnen zu gewähren ist, dies aber als erfüllt angesehen wird, wenn Streikbrecher nicht länger als 2,5 Minuten aufgehalten werden. „In dieser Woche stiegen die Lohnstückkosten in Louisenthal überdimensional an. Der Personalleiter Georg Tscharke, seit seiner Äußerung auf der Betriebsversammlung am 07.11.05 ´Abzocker-Schorsch` genannt, arbeitet nun mit Sohn als Produktionshelfer. Selbst der Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Karsten Ottenberg, hat sich einen Tag an die Maschine gestellt. Zwei Zehn-Stunden-Schichten sind für die Streikbrecher aus München eingerichtet, um in Louisenthal ´Flagge zu zeigen`“.
Solidarität
„Der Kampfwille der großen Mehrheit der Belegschaft ist nach vier Tagen Warnstreiks und einer Woche Streik ungebrochen, er scheint eher von Tag zu Tag zu wachsen“, berichtet Sabine Pustet. 24 Stunden stehen die Streikposten vor den Toren, die Einsatzbereitschaft der Beschäftigten ist sehr hoch.  Der Streik der Belegschaft ist inzwischen weit über Tergernsee hinaus bekannt geworden. Dazu gehört auch, dass die Beschäftigten und ver.di versuchen, Solidarität in anderen Städten zu organisieren. So gab es bspw. schon zwei Kundgebungen in München und eine Kundgebung in Gmund. Die kämpfenden KollegInnen von G&D organisieren gezielt Solidarität innerhalb des Betriebs bei den ArbeiterInnen in München sowie bei KollegInnen aus anderen Betrieben, die sich auch gegen Entlassungen wehren (wie Infineon). Deshalb muss diese beispielhafte Auseinandersetzung in ganz Deutschland bekannt gemacht  und Unterstützung organisiert werden! 

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