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Betrieb & Gewerkschaft

Streik in der Heines-Klinik in Bremen: Erfolg konsequenter Gegenwehr

Von Thadeus Pato | 01.05.2005

Arbeitskämpfe im Gesundheitswesen in der BRD waren immer ausgesprochene Mangelware. Das hat nicht nur damit zu tun, dass intern wie öffentlich mit dem Verweis auf die „armen PatientInnen“ solche Arbeitskampfmaßnahmen leicht zu diskreditieren waren: In anderen Ländern gab und gibt es regelmäßig Kampfmaßnahmen im Gesundheitssektor.

Der Hauptgrund lag und liegt im extrem niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad, der selbst in öffentlichen Krankenhäusern selten 20% übersteigt und in den kirchlichen Häusern weit darunter liegt. Und so ist der wohl härteste und gleichzeitig erfolgreichste Arbeitskampf der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte im Krankenhaus ein Novum und ein Beispiel, das Hoffnung macht. Am Beispiel der zur AMEOS – Holding gehörenden Privatklinik Dr. Heines in Bremen zeigte sich aber auch, welche Folgen die zügige Privatisierung des Krankenhaussektors in der BRD für die Beschäftigten hat, wenn sie sich nicht konsequent und organisiert zur Wehr setzen.

AMEOS – Wachstum durch Krankheit

Die AMEOS ist ein typisches Produkt der Privatisierungswelle im Krankenhausbereich. 2002 als Europe Hospital GmbH gegründet, ist AMEOS eine Holding, deren Sitz in der Schweiz ist und deren Kapitalgeber laut Eigenwerbung vorwiegend „Lebensversicherungen und Pensionskassen“ sind. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt im deutschsprachigen Bereich, aber auch in Polen, Ungarn und Tschechien. 2003 wurde die Firma in die EH Europe Hospital AG umgewandelt, einige Monate später in AMEOS AG umbenannt. Da sich der Sitz in der Schweiz befindet, gibt es keine ArbeiterInnenbeteiligung im Aufsichtsrat. Hinter der AMEOS soll wiederum die Quadriga Capital stecken. In einem Artikel in der Ärztezeitung vom 17.2.05 heißt es unter Berufung auf Ver.di, Quadriga Capital sei der eigentliche Kapitalgeber von AMEOS. In dem Artikel heißt es weiter: Nach ver.di vorliegenden Dokumenten handele es sich bei Quadriga Capital Ltd. um eine Beteiligungsgesellschaft, die von 40 internationalen Investoren finanziert wird. „Dazu zählen auch die Pensionskassen von British Airways und eines deutschen Ärzteversorgungswerks“, sagt Gewerkschaftssekretär Schmidt [ver.di Bremen]. „Dass ein Versorgungswerk der Mediziner ausgerechnet ein Unternehmen finanziert, das die Gehälter der bei ihm Versicherten massiv drücken will, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.“ Quadriga Capital Management ist ein Futures/Hedge Fond Anbieter, der im wesentlichen nicht der Finanzmarktaufsicht unterliegt, da ein Großteil der Quadriga-Fonds ihren Sitz in überseeischen Steuerparadiesen hat, z. B. auf der Karibik-Insel Grenada. Und so sind AMEOS und damit Heines auch ein Beispiel für die zunehmende Globalisierung des „Gesundheitsmarktes“ in der BRD. AMEOS hat heute rund 50 Einrichtungen an 20 Standorten mit ca. 4.300 Betten und ca. 5.700 MitarbeiterInnen – vom Allgemeinkrankenhaus über forensische Psychiatrie bis hin zu Pflege- und Behinderteneinrichtungen.

Sanierung auf dem Rückender Beschäftigten…..

Derartigen Gesellschaften geht es nur um eines: Um Profit. Und so wurde versucht, die defizitäre Privatklinik Dr. Heines in Bremen zu sanieren. Zum 1.1. 2004 bereits wurde der Haustarifvertrag gekündigt – wie die Geschäftsführerin offen zugab aus Gründen der Kostenreduzierung, denn die Muttergesellschaft verlangt eine Kapitalverzinsung von über acht Prozent. Und die gleiche Geschäftsführerin sagte auch in dankenswerter Offenheit, worum es bei den Privatisierungen insgesamt geht: Städtische Krankenhäuser würden ja gerade deshalb an private Unternehmen veräußert, weil diese „größere Handlungsspielräume“ hätten als der öffentliche Dienst – sprich, weil sie die Tarife unterlaufen können.

…..und die Reaktion

Dieses Mal hatten die Betreiber sich verrechnet: Nach Warnstreikaktionen im Januar 2005 und einem rasanten Anstieg des gewerkschaftlichen Organisationsgrades auf rekordverdächtige 60% kam es zu einem fast neunwöchigen Streik. Zwar arbeitete ein Teil der Beschäftigten weiter und es wurden StreikbrecherInnen aus anderen Einrichtungen des Konzerns sowie über Personalagenturen herangekarrt, aber drei Stationen blieben dauerhaft geschlossen. Am 1.4. schließlich endete der Arbeitskampf nach Schlichtung und Urabstimmung mit einem weitgehenden Erfolg: Einheitliche Grundlage für die Bezahlung in der Klinik wird der BAT, bereits abgesenkte Verträge werden auf BAT-Niveau angehoben, die Arbeitszeit bleibt bei 38,5 Std./Woche, betriebsbedingte Kündigungen werden bis zum Juli 2007 ausgeschlossen. Der Wermutstropfen: Weihnachts- und Urlaubsgeld werden durch eine Sonderzahlung ersetzt, die teilweise vom wirtschaftlichen Erfolg der Privatklinik abhängig sein wird. Letzterer Punkt war wohl auch der Hauptgrund für die mit 60% ziemlich niedrige Zustimmung zum Ergebnis bei der Urabstimmung.

Höchste Zeit….

…dass das Beispiel Heines Schule macht. Denn flächendeckend werden öffentliche Gesundheitseinrichtungen privatisiert, umgewandelt – teilweise, wie in Hamburg, unter offener Missachtung des Bürgerwillens – und damit Lohndumping betrieben. Die KollegInnen von Heines haben gezeigt, dass konsequente Gegenwehr auch einem Multi gegenüber Erfolg haben kann.

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