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Schottland: Erfolg für radikale Linke

Von joe hill | 01.06.2003

Die Wahlen zum schottischen Regionalparlament am 1. Mai zeigten eine wachsende Unzufriedenheit mit den etablierten politischen Kräften.

Die Wahlen zum schottischen Regionalparlament am 1. Mai zeigten eine wachsende Unzufriedenheit mit den etablierten politischen Kräften.

Sowohl die bisherigen und künftigen Regierungsparteien Labour und LiberaldemokratInnen (LD) wie auch die etablierte Opposition von Konservativen und der Scottish National Party (SNP) mussten entweder starke Verluste hinnehmen oder stagnierten. Die großen SiegerInnen sind die Scottish Socialist Party, SSP, die Grünen und unabhängige KandidatInnen, welche den Protest gegen Neoliberalismus und Krieg artikulierten. SNP und LD wurden dafür abgestraft, dass sie in ihrer Antikriegshaltung außerordentlich wackelig geblieben waren und auch in sozialpolitischen Fragen dem kapitalfreundlichen Pragmatismus gegenüber der eigenen Programmatik immer häufiger den Vorzug gaben.

Die SSP konnte 128.000 Stimmen und 6,7% gewinnen, was im Vergleich zu 1999 ein Zugewinn von 4,3% bedeutet. In einzelnen Wahlkreisen waren die Ergebnisse höher, so in Schottlands größter Stadt Glasgow, wo 16% erreicht wurden. Aber auch in ländlich geprägten Regionen wie den Highlands konnte die SSP ansehnliche Ergebnisse erreichen. Neben dem SSP-Sprecher und bekannten Anti-Kopf-steueraktivisten von 1990, Tommy Sheridan werden ein weiterer Mann und vier Frauen für die SSP im Parlament in Edinburgh sitzen. Dieses Ergebnis kann als Resultat einer kontinuierlichen außerparlamentarischen Tätigkeit und Basisarbeit der SSP in den knapp fünf Jahren ihres Bestehens angesehen werden.

Die SSP wurde von einer Handvoll linker Gruppen gegründet, deren wichtigste die Scottish Militant Labour war (heute International Socialist Movement, bis vor einigen Jahren Schwesterorganisation der SAV), inzwischen haben sich ihr fast alle Gruppen der radikalen Linken in Schottland, so auch die GenossInnen der IV. Internationale angeschlossen. Das Anwachsen auf über 2.500 Mitglieder in über 70 Orten ist hierdurch aber nicht erklärbar, vor allem konnte die SSP viele bisher parteiförmig unorganisierte AktivistInnen aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen gewinnen. Von Vorteil war es dabei sicherlich auch, dass sich die SSP als strömungsübergreifende radikale linke Partei versteht und dass sektiererische Kräfte, welche die SSP zu dominieren trachteten, zurückgedrängt werden konnten.
SSP-Schwerpunkt: Außerparlamentarisch
Kampagnenschwerpunkte der SSP waren und sind neben dem Kampf gegen den Krieg die Verteidigung von Errungenschaften, so im Gesundheits- und Bildungswesen, und das Eintreten für kostenlose Schulmahlzeiten, radikale Arbeitszeitverkürzungen und einen Mindestlohn, der ein Leben in Würde ermöglicht. Angestrebt wird weiterhin die Ersetzung der Gemeindesteuer, welche vor allem ArbeiterInnen belastet durch eine Sozialsteuer auf hohe Einkommen. Weitere Themen, zu welchen die SSP derzeit aktiv ist, sind beispielsweise der Kampf gegen häusliche Gewalt gegen Frauen, gegen Rassismus und die Kriminalisierung von DrogennutzerInnen und der Kampf gegen Nukleartransporte und den Ausbau von Autobahnen. Dabei macht mensch sich keine Illusionen, dergleichen im Kapitalismus durchsetzen zu können. Etwas befremdlich mutet hingegen zuweilen das starke Insistieren auf die schottische Unabhängigkeit an.

Dass die SSP nicht gewillt ist, das schottische Parlament in gewohnter Ruhe weiter tagen zu lassen, zeigte sich bei dessen Eröffnungssitzung, als deren würdiges Ambiente ad absurdum geführt wurde. Der traditionelle Amtseid aller Abgeordneten auf die Queen wurde von den SSP-Abgeordneten und im dezenteren Maße von einigen Grünen und NationalistInnen durch diverse Zusätze (" … und für eine unabhängige sozialistische Republik …"), nicht dem Anlass entsprechender Kleidung (Jeans) und Debattenbeiträge empfindlich und mit gewissem propagandistischen Erfolg gestört. Weiterhin sind für die nächsten Sitzungen Anträge zu kostenlosen Schulspeisungen und zur Abschaffung von Rezeptgebühren auf Medikamente geplant, welche von einer übergroßen Mehrheit des Parlaments abgelehnt werden. Dabei ist der SSP vollkommen klar, dass sich keine substanziellen Änderungen über ein Parlament durchsetzen lassen werden und dass es sich lediglich als propagandistische Tribüne eignet, welche die sechs von der SSP allem Anschein nach kompetent nutzen werden. Der Schwerpunkt der Arbeit der SSP wird weiterhin im außerparlamentarischen Bereich liegen.

mehr Infos gibt es hier: www.scottishsocialistparty.org

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