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Länder

Revolution in Kuba: Neue historischen Etappe in Lateinamerika

Von Claudio Reiser | 01.12.2008

Im Januar 2009 sind es genau 50 Jahre her, dass die Rebellenarmee unter Führung von Fidel Castro, Che Guevara und Camilo Cienfuegos den Diktator Batista stürzte und siegreich unter dem Jubel der Volksmassen in die Hauptstadt Havanna einzog. Diese Niederlage des US-Imperialismus – einer seiner treuesten Handlanger war durch einen Aufstand in seinem „Hinterhof“ gestürzt worden – hatte eine ungeheure Bedeutung für die Bewegungen in Lateinamerika, die eine völlige Unabhängigkeit von den USA anstrebten und darüber hinaus für die armen Länder in ihrem Kampf gegen Kolonialismus und Unterdrückung.

Im Januar 2009 sind es genau 50 Jahre her, dass die Rebellenarmee unter Führung von Fidel Castro, Che Guevara und Camilo Cienfuegos den Diktator Batista stürzte und siegreich unter dem Jubel der Volksmassen in die Hauptstadt Havanna einzog. Diese Niederlage des US-Imperialismus – einer seiner treuesten Handlanger war durch einen Aufstand in seinem „Hinterhof“ gestürzt worden – hatte eine ungeheure Bedeutung für die Bewegungen in Lateinamerika, die eine völlige Unabhängigkeit von den USA anstrebten und darüber hinaus für die armen Länder in ihrem Kampf gegen Kolonialismus und Unterdrückung.

Auch in den westlichen Metropolen fand die kubanische Revolution großen Widerhall. Sie war ein Beweis dafür, dass auch in einem kleinen Land an der kapitalistischen Peripherie eine Revolution möglich ist und sogar mit dem Übergang zum Sozialismus begonnen werden kann.
Der Verlauf der Revolution vor 50 Jahren
Am 26. Juli 1953 stürmte eine Gruppe kubanischer RevolutionärInnen unter Führung von Fidel Castro die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba. Der Angriff scheiterte und viele KämpferInnen wurden nach ihrer Gefangennahme von den Schergen der Diktatur bestialisch ermordet. Trotz des Scheiterns ihres Vorhabens, war dieses Ereignis das Signal für die Erhebung gegen die Batista-Diktatur.

Der bewaffnete Kampf unter Führung der Bewegung des 26. Juli (M-261) begann im Dezember 1956, nach der Landung der „Granma“ an der Ostküste Kubas. An Bord waren 82 Kämpfer, die sich im Exil in Mexiko zusammengeschlossen hatten, unter ihnen auch Fidel Castro und Che Guevara. Durch die Angriffe der Batista-Truppen wurde die Gruppe sehr stark dezimiert und lediglich zwölf von ihnen gelang es, sich in die Sierra Maestra durchzuschlagen. Sie erhielten relativ schnell Unterstützung von den Bauern der Region und begannen einen Guerillakrieg gegen die Armee des Diktators. Es gelang ihnen ein befreites Territorium mit einem „Feldlazarett“, einer Schule, einer Zeitung und einem Radiosender zu errichten.

Nicht nur in den Bergen der Sierra Maestra hatte die M-26 ihre Kräfte, sie hatte auch städtische Unterstützernetze. Es gab verschiedene Flügel in dieser Bewegung und in der städtischen Führung des M-26 war der rechte Flügel stark vertreten. Die Guerilleros der Sierra, allen voran Che Guevara, misstrauten dieser Führung und prangerten deren Opportunismus an.

Jedoch ohne diese Unterstützernetze hätte die Guerilla die ersten Monate  sicherlich nicht überlebt. Mehrere Dutzend von ihnen schlossen sich bereits in den ersten Wochen des Jahres 1957 der Guerilla an. Im Laufe des Jahres 1957 gibt es eine wachsende Widerstandsbewegung in den Städten und die Diktatur wird immer mehr politisch isoliert. Umso furchtbarer werden ihre Attacken gegen die Oppositionsbewegung und gegen die Zivilbevölkerung. Politische Morde und brutale Folterungen werden zum Alltag in Kuba.

Im März 1958 beschließt die Nationale Leitung des M-26, auf einen Aufstandsversuch in Form eines Generalstreiks hinzuarbeiten. Fidel Castro hat einen Aufruf für den Generalstreik vorbereitet, der nach der Einnahme des Radiosenders in Havanna verbreitet wird. Die kubanischen ArbeiterInnen werden aufgefordert in den Streik zu treten und sich der Diktatur entgegenzustellen, unterstützt von nur schlecht bewaffneten Milizen und einer Guerilla in den Bergen, deren Aktionsradius sehr begrenzt ist. Die Diktatur schlägt diese Streikbewegung blutig nieder und die Batista-Militärs bekommen Oberwasser.

Diese Erfahrung führt zu heftigen Diskussionen zwischen den städtischen Widerstandskräften der M-26 und der Guerilla in den Bergen. Die Truppen der Batista-Diktatur gehen zur Offensive über und starten Ende Mai den Generalangriff auf das Territorium der Rebellen in der Sierra Maestra. Die Guerilla hat ihr Territorium sehr stark befestigt und es gelingt in vielen Gefechten die Truppen der Diktatur zurückzuschlagen. Hunderte von Soldaten verweigern den Befehl und desertieren. Die Armee Batistas ist schwer angeschlagen, aber noch nicht besiegt.

Die Sozialistische Volkspartei (PSP3, d. h. die moskauorientierte KP Kubas) beteiligt sich bis zwei Monate vor dem Sieg nicht am Kampf. Sie wirft den Rebellen in der Sierra politisches Abenteurertum vor, an der ersten Regierung unter Batista im Jahr 1952  war sie sogar noch beteiligt.
Die entscheidenden Schlachten zwischen den Aufständischen und den Truppen der Diktatur  finden ab Oktober 1958 statt. Jetzt greifen auch die anderen Widerstandskräfte, wie zum Beispiel das Revolutionäre Direktorium (DR4) mit bewaffneten Aktionen in den Kampf ein. Immer mehr kommt es auch zu gemeinsamen Aktionen. Der Angriff am 29. Dezember auf die Stadt Santa Clara im Zentrum Kubas, wo die Diktatur tausende von Soldaten zusammengezogen hat, wird zum Husarenstück von Che Guevara und den vereinten Kräften des Rebellenheeres und des Direktoriums. Zuerst sieht es nach einem „Selbstmordkommando“ aus, schließlich wird es aber zum Todesstoß für die Batista-Diktatur. Batistas gepanzerter Zug mit Hunderten von Soldaten wird zum Entgleisen gebracht und mit Molotow-Cocktails angegriffen und nachdem ihn die Soldaten demoralisiert und ohne Waffen verlassen haben, wird er zur Beute der Rebellen.

Am 31. Dezember besetzt Fidel Castro Santiago de Cuba, die zweitgrößte Stadt des Landes, damit bricht die Diktatur zusammen. Batista flüchtet noch in der Silvesternacht in die Dominikanische Republik. Der US-Botschafter, trifft sich mit Politikern und Militärs, die gegen Batista konspiriert haben und setzt eine provisorische Regierung ein. Fidel Castro erklärt, dass er diese Regierung nicht anerkennt, lässt Gewehre  an Studenten und Arbeiter verteilen und bereitet sich von Santiago aus auf den Marsch nach Havanna vor. Das reicht zum Sturz der provisorischen Regierung aus. Die USA drohen mit einer Invasion für den Fall der Machtübernahme Fidels. Dieser wendet sich über Radio Rebelde, an das kubanische Volk und erklärt: „Diese Revolution kann von niemandem mehr rückgängig gemacht werden“. Er ruft zum Generalstreik auf, der überall befolgt wird. Die Menschen feiern in den Straßen das Ende der Diktatur und ihre lange aufgestaute Wut entlädt sich an den Symbolen der Herrschaft Batistas und seiner imperialistischen Unterstützer.

Radio Rebelde und die Tageszeitungen melden, dass es eine neue Regierung gibt, mit Urrutia als Präsident und Cardona als Premierminister und ein Kabinett, in dem die gemäßigte bürgerliche Opp
osition in der Mehrheit ist, in der aber auch die städtischen Kräfte des 26. Juli vertreten sind. Das Direktorium und die PSP sind jedoch nicht vertreten. Das militärische Oberkommando und die regionale Befehlsgewalt liegen bei der Rebellenarmee. Am 8. Januar ziehen Fidel Castro und Camilo Cienfuegos an deren Spitze in Havanna ein und übernehmen die Macht.
Revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft
Das Kuba vor der Revolution wird vom Großgrundbesitz beherrscht: 1,5% der Bevölkerung besitzen 46% des Landes und zwei Drittel Agrarproduzenten sind landlose TagelöhnerInnen, ZuckerfabrikarbeiterInnen, Knechte der Großgrundbesitzer oder Unterpächter.

Im Jahr 1958 besitzen die USA mittels großer Kapitalgesellschaften 50 % des Bodens und kontrollieren 67 % der Exporte und 75 % der Importe.
Die LandarbeiterInnen und Bauern, erwarten von der Revolution mehr als nur die Wiederherstellung der demokratischen Verfassung von 1940, sie drängen auf eine Klärung des sozialen Inhalts der Revolution. Che Guevara redet als einer der ersten der revolutionären Führer in Versammlungen über die von der kubanischen Revolution zu ergreifenden Maßnahmen. Den Großgrundbesitz bezeichnet er als  Grundlage allen wirtschaftlichen Übels und die Durchführung der Agrarreform als zentrale Aufgabe der kubanischen Revolution. Er fordert die entschädigungslose Enteignung der Großgrundbesitzer und die Verteilung des Landes. Er ruft  zur Bildung von Bauernvereinigungen auf. Damit wird eine breite Debatte über die Notwendigkeit und das Ausmaß der Agrarreform angestoßen. In der Provinz Las Villas kommt es als Folge der Debatte und der Aufrufe zu zahlreichen Landbesetzungen. Der Zusammenstoß des rechten und des linken Flügels der Revolution ist jetzt nicht mehr zu vermeiden, Präsident und Premierminister fordern, der spontanen Agrarrevolte Einhalt zu gebieten und mit der Ausarbeitung eines Gesetzes über die Agrarreform abzuwarten. Die Rebellenarmee löst sich nicht auf und handelt in dieser Situation als politische Gegenmacht, legitimiert durch die spontane Unterstützung der Massen. Sie schafft in den ersten Wochen Fakten: Sie löst den Kongress auf, entlässt die Hälfte aller Staatsbeamten, löst die Armee, die Polizei und den Geheimdienst auf und legalisiert die PSP.

Die bürgerlichen Politiker fordern Neuwahlen zum Kongress, was von Fidel Castro mit der Begründung abgelehnt wird, dass erst einmal die wichtigen Reformvorhaben, vor allem die Agrarreform verwirklicht sein müssen. Jetzt beginnt der rechte Flügel der M-26 vom „Verrat“ an der „humanistischen Revolution“ zu reden. In den privaten Massenmedien kommt es zur Konfrontation zwischen Verlegern und Beschäftigten. Journalisten und Drucker versehen konterrevolutionäre Artikel mit kritischen Anmerkungen und nehmen schließlich die Leitung der Medien in die eigenen Hände. Das Volk drängt die M-26 auf Massendemonstrationen, mit Aufrufen und Petitionen zum Handeln, denn die Regierung blockiert alle sozialen Reformen.

Cardona tritt im Februar zurück und Fidel Castro wird Premierminister mit Sondervollmachten. Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Am 27. Februar werden die Güter Batistas und seiner Mitarbeiter eingezogen, am 10. Mai werden die Mieten um 30-50 % gesenkt und am 03. Juni tritt das Agrarreformgesetz in Kraft. In dieser ersten Agrarreform werden 10 000 Großgrundbesitzer mit mehr als 402 Hektar Land enteignet.
Dies ist noch ein Bündnisangebot an die Mittel- und Großbauern, das von diesen jedoch aus politischen Gründen nicht angenommen wird. 150 000 Bauernfamilien erhalten Land. Die Viehfarmen werden in Staatsfarmen verwandelt und die Zuckerplantagen werden Eigentum von Kooperativen. Der Staat ist damit im Besitz von 41%, die Kleinbauern bewirtschaften 39 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Im Jahr 1961 sind fast alle Bereiche der Wirtschaft in den Händen des kubanischen Staates. Im April des gleichen Jahres verkündet Fidel Castro offiziell den „sozialistischen Charakter“ der kubanischen Revolution.

Die kubanische Revolution straft alle Etappenmodelle Lügen. Sie begann als eine antiimperialistische und demokratische Revolution und ging ohne Zwischenstufen über in eine sozialistische.

Wir werden an anderer Stelle auf die Debatten, Maßnahmen und die politischen Entwicklungen und Fehlentwicklungen seither eingehen. Es bleibt aber festzuhalten: Trotz unzähliger Versuche, der Revolution den Garaus zu machen, hat sie ein halbes Jahrhundert überlebt und beeinflusst nach wie vor viele RevolutionärInnen in aller Welt. Auch die emanzipatorischen Prozesse, die heute in Venezuela, Bolivien, Ecuador und anderen lateinamerikanischen Ländern ablaufen, sind ohne die kubanische Revolution nicht vorstellbar.n

1     M-26 Movimiento 26 de Julio (Bewegung des 26. Juli) M-26 : Organisierte revolutionäre Bewegung, benannt nach dem Datum des Sturms auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba 1953. Sie entstand ursprünglich aus der Jugendorganisation der Orthodoxen Partei2
2     Ortodoxos (Orthodoxe Partei): die Führer dieser Partei waren zumeist idealistische Liberale und orientierten sich am Geist der Verfassung von 1940, sie wollten durch allmählichen Wandel und über die Wahlurne soziale Gerechtigkeit erreichen
3     PSP Partido Socialista Popular (Sozialistische Volkspartei): Die 1925 gegründete Kommunistische Partei hatte sich 1944 in Partido Socialista Popular umbenannt, und schloss sich in den 60er Jahren mit der M-26 zur Partido Comunista de Cuba (KP Kubas) zusammen
4     DR Directorio Revolucionario (Revolutionäres Direktorium): ehemalige Studentenorganisation, die Ende 1955 gegründet wurde, der sich dann auch junge Arbeiter anschlossen und die im Frühjahr 1957 bewaffnete Aktionen in den Städten begann
 

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