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Résistance – Widerstand!

Von Olivier Besancenot | 01.06.2007

Mit Nicolas Sarkozy im Präsidentenamt wird das Programm des [Unternehmerverbandes] Medef fest in der Regierung etabliert. Neue Steuergeschenke für die Unternehmen und die Reichen, die Privatisierung weiterer Öffentlicher Dienste, die Jagd auf Kinder ohne gültige Papiere, die Infragestellung grundlegender sozialer und demokratischer Rechte – etwa das Streikrecht und das Recht auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag – gehören zum Programm des neuen Präsidenten.

Mit Nicolas Sarkozy im Präsidentenamt wird das Programm des [Unternehmerverbandes] Medef fest in der Regierung etabliert. Neue Steuergeschenke für die Unternehmen und die Reichen, die Privatisierung weiterer Öffentlicher Dienste, die Jagd auf Kinder ohne gültige Papiere, die Infragestellung grundlegender sozialer und demokratischer Rechte – etwa das Streikrecht und das Recht auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag – gehören zum Programm des neuen Präsidenten.

Die Parteizentrale der [Regierungspartei] UMP verfügt (wieder einmal) über die zentrale politische Machtstellung. Und er, der während der zweiten Präsidentschaft Chiracs an verschiedenen Regierungen beteiligt war, konnte sich als ein Kandidat des Bruchs präsentieren. Ein Bruch, der wie eine brutale Beschleunigung der kapitalistischen Angriffe klingt.

Alle großen Unternehmensgruppen des CAC 401 und die anderen Konzerne können sich beglückwünschen. Nicht etwa, weil sie vor einem Sieg der sozialistischen Kandidatin Angst gehabt hätten oder haben mussten, was ihre wesentlichen Interessen angeht, sondern weil mit dem Wahlsieg Sarkozys das vollständige Programm des Medef an der Spitze der Staatsmacht einen treuen Verbündeten gefunden hat. Diese Multis im Besitz von Freunden des neuen Präsidenten leiten nicht nur die Wirtschaft, sondern kontrollieren auch den größten Teil der Medien. Was gibt es noch an unabhängigen Medien, außerhalb der Kontrolle von Bouygues, Lagardrère, Dassault oder Pinault? Das ist ein wirkliches Machtmonopol, äußerst beunruhigend und ganz im Gegensatz zu den beruhigenden Äußerungen über den unparteiischen Staat. Die Gefahr Sarkozy äußert sich auch im Aufsaugen rechtsradikaler Stimmen, was schon beim ersten Wahlgang zu beobachten war und sich jetzt im zweiten Wahlgang bestätigt hat. Eine gestärkte Rechte, künftig ohne Komplexe, entwickelt einen nationalistischen Diskurs um die nationale Identität und die Weigerung, Reue oder Buße zu bekunden – wenige Tage vor dem Gedenktag zur Abschaffung der Sklaverei!

Die im Verlauf dieses Wahlkampfs benutzte populistische Demagogie wird auf unsoziale, antidemokratische und repressive Maßnahmen hinauslaufen, die mit Sicherheit sehr breite Mobilisierungen hervorrufen werden. Die LCR wird sich mit all ihrer Kraft auf den Aufbau dieses sozialen und demokratischen Widerstands konzentrieren. Es ist legitim zu kämpfen, zu demonstrieren und zu streiken, ganz so wie es beispielsweise die Beschäftigten von EADS tun. Sarkozy wird seinen Wahlsieg dazu nutzen wollen, der sozialen Bewegung eine Niederlage beizufügen. Deshalb schlägt die LCR vor, dass angesichts des ultraliberalen und äußerst repressiven Programms eines Sarkozys unverzüglich eine Einheitsfront aller sozialen und demokratischen Kräfte aufgebaut wird, um den Widerstand zu organisieren. Die LCR wird in den kommenden Tagen die entsprechenden Initiativen in diesem Sinne ergreifen.

Mit diesen Wahlen wurde erneut bestätigt, dass eine neoliberal ausgerichtete Linke – die bis zum Schluss eine Allianz mit der UDF von Bayrou angestrebt hat – kein wirksames Bollwerk gegenüber einer harten und autoritären Rechten ist. Die Versuche, einen Teil der Rechten zu umgarnen, haben nur dazu geführt, die unterschiedlichen Standpunkte zu vernebeln. Immer, wenn die Linke auf dem Terrain der Rechten spielt, verliert sie. Und dennoch vernimmt mensch gerade die bekannte kleine Musik der „Erneuerung“. In ihrem Sprachgebrauch ist „Erneuerung“ gleichbedeutend mit Rechts­entwicklung, Bündnis mit den Kräften der rechten Mitte. Das hat Dominique Strauss-Kahn [ehemals Wirtschaftsminister in der Regierung Jospin] klar angekündigt, und das ist auch das, was Ségolène Royal vertreten hat. Aber es ist doch so, dass gerade weil sie und ihre Partei nicht den Wind der Hoffnung auf einen Wandel erzeugen konnten, ein Teil der Lohnabhängigen und des einfachen Volkes desorientiert war und sich von der PS abgewandt hat. Gegenüber einer Rechten, die ein klares und kohärentes Programm vertritt, braucht es eine Linke, die entschlossen ist, die Interessen der unteren Schichten zu verteidigen.

Die Zeit zwischen den beiden Wahlgängen hat die Richtung aufgezeigt, die die Führung und der zentrale Apparat der PS einschlagen, nämlich ein rechtes Bündnis mit Bayrou, ganz nach dem Modell von Prodi in Italien. Dieser Kurs zerstört die Linke in Italien und kann auch in Frankreich nur die gleichen Ergebnisse zeitigen. Mit einem Bündnis mit der UDF passt sie sich noch mehr an den Kapitalismus an, an das Europa der EU; damit verzichtet sie noch mehr darauf, die soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit anzugreifen. Damit verwischen sich die Grenzen zwischen den Neoliberalen der Linken und den Neoliberalen der bürgerlichen Mitte.
Das ist ein weiterer Grund, Widerstand zu leisten und die Hoffnung zu stärken, dass eine andere Welt möglich ist. Es ist dringlicher denn je, eine starke antikapitalistische Kraft aufzubauen, die in den Betrieben, den Öffentlichen Diensten und den Wohnvierteln verankert ist, um die Rechte und den Medef auf der Straße und an den Wahlurnen zu schlagen. Darin liegt der Sinn der Kampagne, die die LCR geführt hat und die wir weiterführen wollen: die antikapitalistischen Kräfte sammeln in vollständiger Unabhängigkeit von der PS. Auf dieser Basis tritt die LCR zu den Parlamentswahlen an mit einem Dringlichkeitsprogramm sozialer und demokratischer Sofortmaßnahmen. Wir zählen auf alle, um unserer Stimme Gehör zu verschaffen. Der Stimme einer antikapitalistischen Linken, die nicht davon ablässt, den Profiten der Unternehmer zu Leibe zu rücken.

Übersetzung: D. B.

1    Börsennotierung der 40 wichtigsten  Unternehmen Frankreichs; entspricht dem DAX in Deutschland.

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