Proteste in Afrikas Ländern des schwarzen Goldes
TEILEN
Angola und Nigeria

Proteste in Afrikas Ländern des schwarzen Goldes

Von Jean Nanga | 30.01.2021

Nigeria und Angola gelten durch ihre Öl-Exporte als Afrikas reichste Länder. Doch 2020 sind dort vor allem junge Menschen auf die Straße gegangen. Sie sind unzufrieden mit dem Erbe der postkolonialen Jahrzehnte, der Polizeigewalt und der neoliberalen Privatisierungspolitik ihrer Regierung.

Anfang Oktober 2020 kam es in Nigeria nach dem 60. Jahrestag seiner Unabhängigkeit (1. Oktober 1960) zu Protesten der Bewegung gegen Polizeigewalt, #EndSARS. An den Demonstrationen, die fast zwei Wochen dauerten, beteiligten sich vor allem junge Menschen. Ähnlich in Angola: Nach einer Kundgebung gegen Korruption im Oktober und weiteren Protesten gingen junge Menschen am 45. Jahrestag der Unabhängigkeit (11. November 2020) erneut auf die Straße, um ihrer Wut über die sozialen Verschlechterungen Ausdruck zu verleihen. Offenbar zieht hier eine neue Generation Bilanz über die postkolonialen Jahrzehnte, und dies in zwei Staaten, die als wirtschaftlich stark gelten.

Breite Proteste in Afrikas reichstem Land …

Der 60. Jahrestag der Unabhängigkeit Nigerias fand wegen SARS-CoV-2 in gedrückter Stimmung statt. In den darauffolgenden Tagen sollte sich dies aber ändern. Den Anlass gab ein weiteres Vergehen der polizeilichen Sondereinheit SARS (Special Anti-Robbery Squad), die zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens eingesetzt worden war, im Verlauf der Jahre aber immer mehr dazu überging, Menschenrechtsverletzungen zu begehen oder selbst eine Art Gangstertum zu betreiben (von der Konfiszierung von Gegenständen zufällig angetroffener Leute über Folterungen und Lösegeldforderungen bis hin zu willkürlichen Hinrichtungen). Eine x-te willkürliche Ermordung (gefilmt) am Tag nach dem Jubiläum ließ die Forderung nach der vollständigen Auflösung dieser Einheit neu aufflammen: #EndSARS. Dieses Mal kam es zu einer breiten Mobilisierung von hauptsächlich jungen Menschen, die offenbar schon aufgrund von rein äußerlichen Merkmalen das bevorzugte Ziel der SARS-Einheit sind. Am 8. Oktober verließen sie mitten in der Covid-19-Pandemie die „sozialen Netzwerke“ und gingen auf die Straße, und zwar nicht nur in Abuja (Bundeshauptstadt) und Lagos (Wirtschaftshauptstadt).

Trotz der herrschenden Homophobie[1] nahmen auch Schwule und Lesben teil, und trotz der herrschenden Phallokratie[2] spielte die Feminist Coalition eine zentrale Rolle in der Organisation der Solidarität. Die Behörden versicherten, sie hätten die Forderung nach Auflösung der Einheit gehört, und auch weitere Forderungen wie die Erhöhung der Polizeigehälter. Die SARS-Einheit wurde in der Folge durch die SWAT (Special Weapons and Tactics) ersetzt. Die Bewegung stufte dies allerdings nur als Fassadenwechsel ein und ließ sich dadurch nicht bremsen. Denn einerseits hatten die Menschen auf der Straße damit gerechnet, einmal mehr getäuscht zu werden, und andererseits richtete sich ihr Protest nicht nur gegen die Polizeigewalt, sondern auch gegen andere Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft, mit anderen Worten: gegen die soziale Gewalt, unter der die Mehrheit der Bevölkerung leidet. Auf den Transparenten war unter anderem zu lesen: #end unemployment, #end commercialization of education, #end hunger, #end lack of free medical care etc.[3]

Gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) ist Nigeria die führende Volkswirtschaft und größter Ölproduzent (in erster Linie durch die Ölkonzerne Chevron, Exxon, Shell und Total) Afrikas. Das Öl macht 94 % der Exporteinnahmen aus. Nigerias Wirtschaft ist stark auf die Ausbeutung und den Export von Rohstoffen ausgerichtet und gilt als dynamisch, auch was die Zunahme der Kapitalist*innen betrifft (Millionäre und Milliardäre in Dollars). Gleichzeitig kennzeichnet das Land: eine sehr hohe Armutsrate (70 % der Bevölkerung von insgesamt ca. 210 Millionen leben unterhalb der Armutsgrenze); hohe Arbeitslosigkeit (27,1 %, davon 53 % junge Menschen); 13 Millionen Kinder– meist Mädchen –, die nicht zur Schule gehen; „Babyfabriken“ für den Verkauf von Kindern; die Versorgung des internationalen Prostitutionsmarkts mit Frauen usw. Mit dem Sinken der Rohölpreise seit 2014 hat sich die soziale Lage weiter verschlechtert. Dazu kommt in jüngster Zeit, dass die (durch die neoliberale Globalisierung hervorgerufene) Covid-19-Pandemie resp. ihre Auswirkungen auf die Weltwirtschaft zu einem Nachfragerückgang geführt haben.

Und als hätte die Arbeiterklasse dadurch nicht schon genug Schwierigkeiten, lastet auf ihr noch ein weiteres Problem: Nigerias Verschuldung beträgt 48 % des BIP und wächst seit 2019 besorgniserregend. Die Regierung hat Verträge mit internationalen Finanzinstitutionen wie dem IWF, der Weltbank und sogar der Afrikanischen Entwicklungsbank abgeschlossen. Nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer folgte die Regierung im September nun auch noch der neoliberalen Aufforderung, die Subventionen für Strom und Treibstoff abzuschaffen. Die zusätzliche Kostenerhöhung, die sich daraus ergibt, wird unter anderem auf die Lebensmittel- und Transportpreise umgewälzt. Angesichts dieser Angriffe auf das Budget der unteren Mittelschicht und der Arbeiterschicht –die bescheidene Erhöhung des Mindestlohns im letzten Jahr wird in fast einem Drittel der Bundesländer nicht umgesetzt – kann es nicht erstaunen, dass es in den Arbeitervierteln zu spontanen Protestaktionen kam.

Dies veranlasste die größten Gewerkschaften der Lohnabhängigen (Nigerian Labour Congress, Trade Union Congress), zu einem unbefristeten Streik aufzurufen, der dann aber am Vorabend des geplanten Termins (28. September 2020) von den Gewerkschaftsführungen „technisch für zwei Wochen ausgesetzt“[4]wurde, ein paar Tage vor den unvorhergesehenen #EndSARS-Protesten. Schon zuvor hatte die Regierung den Abbruch des Streiks der Ärzt*innen im öffentlichen Sektor erreicht (Mitglieder der National Association of Resident Doctors, 40 % der Ärzt*innen, die u. a. die Zahlung von Lohnrückständen aus den Jahren 2014 bis 2016 sowie Lohnerhöhungen fordern). Das öffentliche Gesundheitswesen ist in der neoliberalen Logik, die den privaten Sektor fördert, eines der Hauptopfer der drastischen Haushaltskürzungen, nicht nur in Nigeria oder Afrika. Für die Armen ist das besonders schlimm. Das Gleiche gilt für das öffentliche Bildungswesen, wo die Akademiker*innen der Academic Staff Union of Universities allerdings an ihrem Streik festhalten und die öffentlichen Universitäten seit März lahmlegen (Stand: zweite Dezemberwoche).

In den Augen der nigerianischen Regierung förderte dieser Streik Mitte Oktober die massive Beteiligung der Student*innen an den #EndSARS-Protesten. Eine Wissenschaftlerin erklärte hingegen: „Alles, was wir verlangen, ist, als Lehrkräfte gerecht behandelt zu werden […]. Wir fordern keine überzogenen Gratifikationen, sondern nur so viel, das uns über die Armutsgrenze hebt.“[5] Ende September rief die Coalition for Revolution (CORE) für den 1. Oktober 2020 zu einer nationalen Demonstration auf und kritisierte unter anderem die „Politik gegen das Volk“, die „außergerichtlichen Hinrichtungen“ und die „schlecht durchdachte Politik der Auslandsverschuldung, die eine Belastung darstellt und zukünftige Generationen versklavt“.[6]

Die #EndSARS-Bewegung in mehreren Bundesstaaten Nigerias ist sicher im internationalen Kontext des Kampfs gegen Polizeigewalt in den USA und Frankreich entstanden, aber auch und vor allem im lokalen sozialen Kontext von Widerstandsaktionen der unteren Schichten gegen die neoliberalen Angriffe. Das lässt sich zurzeit nicht nur in Nigeria beobachten. So fehlte es der zweiwöchigen Besetzung der Autobahnmautstelle Lekki in der Wirtschaftsmetropole Lagos nicht an Symbolkraft: Die Stadt Lekki ist eine Business-Stadt, eine Freihandelszone. Auch wurde bekannt, dass führende Persönlichkeiten des nigerianischen Kapitalismus versucht hatten, die Bewegung zu spalten und zu stoppen, indem sie bestimmte Exponenten der Bewegung aufforderten, den Fassadenwechsel von SARS zu SWAT positiv darzustellen – Hauptsache, die Geschäfte konnten ungestört weitergehen.[7] Mit von der Partie waren offenbar philanthropisch-kapitalistische Stiftungen (MacArthur Foundation, Open Society Foundation), die für das Vergolden der Ketten der kapitalistischen Herrschaft zuständig sind. Aber ohne Erfolg, die Mobilisierung ging weiter.

Deshalb blieb wohl nur noch die Option, auf die Demonstrant*innen zu schießen, nachdem man in den Tagen zuvor noch vergeblich versucht hatte, Schergen gegen die Bewegung einzusetzen, um sie zu zerschlagen. An der besetzten Mautstelle in Lekki(etwa zehn Tote) und bei anderen Protesten wurden etliche Menschen, denen wir ein ehrendes Andenken bewahren werden, getötet. Als gelte es, uns daran zu erinnern, dass die Gewalt der SARS-Einheit nicht das Ganze ist, sondern nur „das sichtbarste, das alltäglichste, ja das gröbste Element einer vorgegebenen Struktur“, um Worte von Frantz Fanon zu zitieren, die er in anderem Zusammenhang äußerte.[8] Es ist die Struktur der staatlichen Gewalt bzw. des neokolonialen Staats, dessen Geschichte stark von den drei Jahrzehnten geprägt ist, in denen Putschisten und Armeeführer an seiner Spitze standen (1966–1998). Darunter der jetzige Präsident Nigerias, Muhammadu Buhari, der Ende 1983 durch einen Militärputsch an die Macht kam und bis 1985 Präsident war. 2015 wurde er erneut Staatsoberhaupt, dieses Mal in einer Wahl. Trotzdem scheint er sich von der Kasernenkultur nicht richtig befreit zu haben.

Gegen die bewaffneten islamistischen Gruppen (Boko Haram und andere), die die Bevölkerung im Norden misshandeln und töten, erweist sich die Staatsgewalt seit einem Jahrzehnt als machtlos, während sie gegen friedliche Demonstrant*innen hart und unerbittlich vorgeht. „Das Polizeisystem ist in seinen Ursprüngen und seiner Ideologie in erster Linie darauf ausgelegt, die politische Elite auf Kosten der normalen Bürger*innen zu schützen. Bis vor wenigen Wochen wurde die nigerianische Polizei durch ein Kolonialgesetz von 1943 aufgestellt und reglementiert. Und dieses Gesetz wiederum wurde erlassen, um ein 1930 eingeführtes Polizeisystem zu regeln.“[9] Diese Aussage vermittelt einen guten Eindruck des neokolonialen Postkolonialismus. Daher die fehlende Anteilnahme des nigerianischen Staatschefs am Tod der in Lekki und anderswo ermordeten Demonstrant*innen.

Stattdessen zeigte sich der mit der herrschenden Klasse solidarische Präsident zum Beispiel bestürzt darüber, dass Protestierende aus Wut über das „Lekki-Massaker“ in Lagos die „unantastbare“ Residenz des traditionellen Königs Oba angegriffen und geplündert haben. Demonstrierende und Soldaten – die ebenfalls der Arbeiterklasse angehören – haben dabei Reis- und andere Lebensmittelvorräte unter sich aufgeteilt. Bei den Kundgebungen in Nigeria entdeckten die Demonstrant*innen an mehreren Orten Lager mit Lebensmittelvorräten, die während der Gesundheitskrise für die Armen bestimmt waren, aber offenbar von den Würdenträgern der Macht (auf Bundes- und Landesebene) abgezweigt wurden. Die Demonstrant*innen haben die Lebensmittel gemeinsam mit anderen Armen (inklusive Soldaten) informell „zurückgeholt“. Denn sie warten noch auf die Umsetzung des „Plans, 100 Millionen Nigerianer*innen in den nächsten 10 Jahren aus der Armut zu befreien; einen 75 Milliarden Naira schweren Nationalen Investitionsfonds für die Jugend zu schaffen […]“,Ziele, die der Staatschef in seiner Rede nach den Erschießungen in Lekki erwähnte.

Der Plan dürfte wohl ein Versprechen bleiben. Darauf deuten jedenfalls die Verträge hin, die der nigerianische Staat mit dem kollektiven Neokolonialismus bzw. mit den internationalen Finanzinstitutionen (IWF, Weltbank, Afrikanische Entwicklungsbank) abgeschlossen hat, um die Neoliberalisierung zu vertiefen und die Strukturreformen fortzuführen. Die damit verbundene Verschuldung ist für die Finanzinstitutionen als Gläubiger natürlich ebenfalls profitabel. Die Strukturreformen beinhalten unter anderem die Privatisierung von rund zehn rentablen Staatsbetrieben[10], darunter die Nigerian National Petroleum Company (mit etwa zehn Niederlassungen), die für das Bruttosozialprodukt Nigerias eine wichtige Rolle spielt. Anders gesagt, den üblichen Hauptnutznießern der neokolonialen Unabhängigkeit Nigerias werden neue Geschenke gemacht. Zum kollektiven Neokolonialismus im neoliberalen Gewand gehören auch das transnationale Kapital und die einheimischen Kapitalist*innen, die oft mit den politischen Führungen (von Landes- bis Bundesebene) verbandelt sind und neben ihrem Konsumwahn für ihre kapitalanhäufende Kleptomanie bekannt sind, inklusive (Selbst-)Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Korruption usw.

… und beim zweitgrößten Ölproduzenten Afrikas

Deutlicher treten die kritischen Bewegungen in Angola hervor: Am 11. November 2020 haben vor allem junge Menschen einem Demonstrationsverbot anlässlich des 45. Jahrestages der Unabhängigkeit getrotzt. Diese Unabhängigkeit wurde zugunsten der Bewegung zur Befreiung Angolas/MPLA nach 13 Jahren nationalem Befreiungskrieg 1974-1975 im Zusammenhang mit der «Nelkenrevolution» im portugiesischen Kolonialreich errungen. Dann folgte der 27-jährige angolanische Bürgerkrieg (1975–2002), der zu einem Brennpunkt des Kalten Krieges[11] wurde; in dessen Verlauf wurde ein Großteil der Infrastruktur zerstört.

Die demonstrierenden Jugendlichen setzten sich damit der Repression aus, wobei die Polizei auch mit scharfer Munition geschossen hat –  allerdings ohne Vergleich zum „Lekki-Massaker“ – was offenbar einen Toten zur Folge hatte. Für die Demonstrierenden waren 45 Jahre soziale Ungerechtigkeit zu viel. Wie auch in Nigeria hat diese Demonstration ihre Vorgeschichte.

Ab dem Ende des Bürgerkriegs (2002) ist die angolanische Jugend vor allem während des letzten Jahrzehntes des pseudo-demokratischen Regimes von José Eduardo Dos Santos (1979-2017) dazu übergegangen, ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen, obschon das Regime bspw. die als Revolutionäre Bewegung Angolas bekannte Gruppierung gewaltsam verfolgt. Diese wird oft als soziale, aber apolitische Bewegung dargestellt, doch hat sie im März 2011 (im Zusammenhang mit den Volksaufständen im Norden Afrikas) zur Revolution aufgerufen und damit die vielschichtige Dynamik der sogenannten Revús (Revolutionäre) in Gang gesetzt, die von 32 Jahren sozialer Ungerechtigkeit unter dem herrschenden Regime die Nase voll hatten. Einige Jahre später (2015-2016) gab es weitere repressive Maßnahmen in Form von Prozessen gegen einige der sogenannten „15 + 2“ Revús (15 Männer und 2 Frauen); diese wurden beschuldigt, „Handlungen vorzubereiten, die darauf abzielten, die Ordnung und Sicherheit des Landes zu untergraben“ (30. Juni 2015), und zwar auf der Grundlage eines Lesekreises eines Buches, das vom Regime Dos Santos als subversiv angesehen wurde.

Sein ehemaliger Verteidigungsminister und Nachfolger an der Spitze des Staates, General a.D. João Laurenço, blieb von dieser Bewegung nicht verschont, auch nicht während des Ausnahmezustandes, der während der Gesundheitskrise von Covid-19 verhängt wurde. Im Verlaufe dieses Ausnahmezustandes scheint es unter anderem zu polizeilichen Gewalttaten gekommen zu sein, die zwar nicht mit der nahezu systematischen Gewalt der SARS-Einheiten vor dem Ausnahmezustand vergleichbar, aber durchaus mithin mörderisch waren. „Die Morde der Polizei häufen sich und gehen weiter; sie haben nichts anderes zu tun, als den Abzug zu drücken, die armen Leute und die Bewohner*innen der Vororte – in den gottverlassenen Winkeln – zu töten“[12], sagte ein lokaler Journalist und verwies auf die Armut der Opfer. Auch wir gedenken aller Opfer dieser Gewalt.

Mit der Veruntreuung öffentlicher Gelder und der Selbstvergabe von Aufträgen (statt „Korruption“) durch die Machthaber sind Armut und Arbeitslosigkeit die Hauptthemen, die junge Menschen seit 2011 mobilisieren. Die angolanischen Aktivist*innen vom 11. November 2020, meist junge Leute, die einem vermeintlich abschreckenden Polizeiaufgebot getrotzt hatten, verwiesen auf ihre Arbeitslosigkeit, ihre leeren Bäuche und den Hunger, der für sie alltäglicher war als Covid-19. Obwohl das Land das sechstgrößte BIP in Afrika aufweist und dieses vor 2014 (Rückgang der Rohölpreise) bei bis zu 20 % lag, ist die Verteilung des Reichtums in dem zweitgrößten Öl-produzierenden Land Afrikas (40 % des BIP) – ein großer Teil davon ist auf die angolanische Herrschaft in der kongolesischen Exklave Cabinda zurückzuführen – und zugleich dem siebtgrößten Diamantenproduzenten weltweit, so wie in Nigeria, besonders ungleich: Die Zahl der Armen (bei einer sehr freundlich angenommenen Armutsschwelle von 1,90 US-Dollar pro Tag) ist sehr hoch und wächst[13], auch aufgrund einer hohen Arbeitslosenquote (32,7 %).

Dies ist natürlich die Folge der Einbindung Angolas in die kapitalistische Weltwirtschaft, als eine vom internationalen Kapital (einschließlich des chinesischen) dominierte Wirtschaft, die extraktivistischer ist als in Nigeria, sowie der Kleptomanie der Herrschenden, die sich ebenfalls auf Kosten der Staatskasse bereichern. Das entspricht einem recht unverhüllten Brauch in Zentralafrika, bei dem das Staatsoberhaupt und seine Familie als Vorreiter der Unredlichkeit fungieren. Die 38 Regierungsjahre von José Eduardo Dos Santos waren somit die Gründungs- und Entwicklungsphase der La dos Santos Company, wie die Journalistin Estelle Maussion es nennt. Auch andere Würdenträger der MPLA und deren Strohmänner und Gesellschafter*innen schufen in dieser Zeit ihr Vermögen und ihre Unternehmen und haben sowohl vor als auch nach 2014 die privatkapitalistische Dynamik im eigenen als auch im fremden Land angetrieben. Das angolanische Kapital hat auf allen Kontinenten, einschließlich der Steueroasen, investiert, mit einer besonderen Vorliebe für das ehemalige Kolonialland, was einige dazu veranlasst hat, auch nach 2014 von einer „umgekehrten Kolonialisierung“, „der Übernahme Portugals durch Angola“ usw. zu sprechen.

Als ob er sein Mitgefühl für die zunehmende Armut und Jugendarbeitslosigkeit zeigen wollte, versprach João Lourenço als Kandidat und dann als gewählter Präsident die Schaffung von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen, obwohl sich die Wirtschaft bereits in der Rezession (ab 2016) befand. Nicht nur, dass das Versprechen (noch) nicht eingelöst wurde, sondern es muss wahrscheinlich mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit gerechnet werden. In einer Vereinbarung mit dem IWF hat sich die überschuldete angolanische Regierung (die Verschuldung wird auf mehr als 110 % des BIP geschätzt) auch zu neoliberalen „Strukturreformen“ im Jahr 2018 verpflichtet, die zu einem vom Privatsektor getragenen Wirtschaftswachstum führen sollen.

So ist zum Beispiel die Privatisierung von 190 Staatsbetrieben geplant, vor allem der profitabelsten, darunter die nationale Ölgesellschaft Sonangol und die Diamantenfirma Endiama. Dies wird nicht nur dem transnationalen Kapital, den einheimischen Kapitalist*innen und den MPLA-Geschäftemacher*innen (wovon die Familie Dos Santos inzwischen ausgeschlossen wurde) zugutekommen, sondern auch mit Entlassungen statt mit der Schaffung von Arbeitsplätzen einhergehen. Höchstwahrscheinlich wird dies mit dem Verlust bestimmter Rechte der Lohnabhängigen einhergehen–ganz im Sinne der neoliberalen Flexibilisierung, um Investoren anzulocken –  und unter den wachsamen Augen des Mitorganisators der Klassenherrschaft, der Weltbankagentur Doing Business stattfinden. Auch wenn der IWF vorgibt, am Wohl der Bevölkerung und an der „Inklusion“ interessiert zu sein, können die angeblich sozialen Haushaltsausgaben der Anpassung an das Austeritätsprinzip nicht entgehen, und das in einem Land, in dem der Zugang zum öffentlichen Gesundheits- und Bildungswesen ziemlich begrenzt bleibt und diese obendrein von einer oft beklagenswerten Qualität sind.

Was den ebenfalls versprochenen „Kampf gegen die Korruption“ angeht, so hat das Lourenço-Regime sicherlich gepunktet, indem es der Dos Santos Company und ihrer politischen und/oder geschäftemacherischen Klientel auf den Leib gerückt ist. Dabei wird aber auch kritisiert, dass dies in Form von Abrechnungen mit der Dos Santos Fraktion durchgeführt würde, wobei die Augen und Ohren vor anderen Akteuren der sogenannten „Korruption“ verschlossen würden. So wurde auf den von der Polizei unterdrückten Demonstrationen im Oktober 2020 kritisiert, dass der Stabschef, der auch als rechte Hand von João Lourenço und als ein berüchtigter Geschäftsmann gilt, in seinem Amt bleibt. Ihm wird vorgeworfen, sich selbst öffentliche Aufträge zugeschanzt und öffentliche Gelder veruntreut zu haben. Am 9. November machten sich die Demonstrant*innen sogar dafür stark, dass der Chef des als Dieb bezeichneten Mannes zurücktreten soll; die Justiz scheint sich jedoch nicht für den Fall zu interessieren.

Auf jeden Fall wird die Entschlossenheit von João Lourenço, neoliberale „Strukturreformen“ durchzuziehen (mit besonderer Unterstützung seiner Frau, einer ehemaligen angolanischen Ministerin und ehemaligen hohen Weltbank-Funktionärin), wohl die Veruntreuung öffentlicher Gelder („Korruption“) reduzieren. Da jedoch die lukrativsten Geschäftszweige privatisiert werden sollen, wird die „Kleinkorruption“ wegen der Verarmung der Beamten zweifellos weitergehen. Trotzdem aber wird dieses „entschlossene Vorgehen“ nicht in der Lage sein, die Probleme der Arbeitslosigkeit und der Armut sowie der sozialen Ungerechtigkeit zu lösen, die gerade zum Wesen der vom angolanischen Regime vertretenen kapitalistischen Wirtschaft gehören.

Die Kritik an den herrschenden Klassen

Die angolanischen und nigerianischen Demonstrant*innen lehnen die Fortführung dieses kapitalistischen Weges mehr oder minder aus pragmatischen und empirischen Gründen ab, für den sich die herrschenden Klassen dieser beiden ölproduzierenden Länder gemeinsam entschieden haben: Sie träumen von einem anderen Angola („ein besseres Angola“, von dem auch João Lourenço angeblich träumt[14]) und von einem anderen Nigeria („Wir sind entschlossen, nicht nur für Gerechtigkeit, sondern für ein neues und besseres Nigeria zu kämpfen, in dem alle Bürger*innen sicher und wohlhabend sein werden“[15]). In der Kritik wird jedoch selten der „Neokolonialismus“ oder der „Neoliberalismus“ angeprangert. Darüber hinaus schrecken die Demonstrant*innen nicht davor zurück, die Sprache der Internationalen Finanzinstitutionen (IFIs) zu verwenden, indem sie eine „gute Regierungsführung“ als eines der Ziele ihres Kampfes propagieren – an einschlägigen Begriffen mangelt es nicht – und in derselben Logik behaupten, keine politischen Motive zu verfolgen[16].

Diese Bewegungen haben jedoch eine gewisse Heterogenität. Im nigerianischen Fall zum Beispiel riefen nach dem «Lekki-Massaker» Gruppen von Demonstrant*innen, die die Zerstörung von öffentlichem (Polizeistationen usw.) und privatem Eigentum, die Plünderung von Einkaufszentren usw. verurteilten, dazu auf, die Straßen zu verlassen und auf den sozialen Medien ein Rückzugsgefecht zu führen. Die Alliance on Surviving Covid and Beyond (ASCAB)[17] zum Beispiel appellierte für eine (Re-)Dynamisierung der sozialen Kämpfe, in einer Sprache, die manche als ideologisch bezeichnen würden: „Wir, die unterzeichnenden repräsentativen Organisationen der organisierten arbeitenden Bevölkerung, unterstützen die #EndSARS-Proteste und die Massenprotestbewegung unmissverständlich und rufen unsere Mitglieder auf, sich der laufenden Bewegung anzuschließen.Wir rufen die arbeitenden Menschen und ihre Organisationen dazu auf, sich für einen strukturierten und nachhaltigen Dialog innerhalb der Bewegung und den unterdrückten und rebellierenden Menschen zu engagieren, um die Bewegung voran zu treiben. Die Regierung und die herrschende Elite sind derzeit sehr schwach und gespalten und wissen nicht, was sie tun sollen. Jetzt ist es an der Zeit, unsere gewerkschaftlichen Forderungen durchzusetzen. Die Beschäftigten des Gesundheitswesens könnten ihre Streiks wieder aufnehmen. Die Lehrer*innen könnten Aktionen zur Durchsetzung der Versprechen organisieren, die Buhari ihnen gemacht hat. Der NLC und der TUC könnten Aktionen gegen die steigenden Treibstoff- und Strompreise und für die vollständige Umsetzung des Mindestlohns in allen Bundesstaaten sowie gegen die brutale Unterdrückung der Massenproteste durch die Regierung in die Wege leiten.[18]

Die Heterogenität der angolanischen Bewegung zeigte sich kürzlich anhand der Reaktionen auf João Lourenços Einladung zum Dialog. Die protestierenden Jugendorganisationen reagierten wohlwollend und nahmen am 26. Oktober 2020 an diesem Dialog teil, weil sie darin eine Gelegenheit sahen, gemeinsam mit der Regierung Lösungswege für die sozialen Missstände zu finden, die zu den Mobilisierungen geführt haben. Andere hingegen halten einen strukturellen Wandel des MPLA-Regimes für unmöglich, da dessen Interessen denjenigen des angolanischen Volkes diametral zuwiderlaufen; die MPLA regiert seit 45 Jahren und zeigt bloß Verachtung für das Volk und hetzt ihm die Polizei auf den Hals, mitunter auch mit tödlichen Folgen. Beide Strömungen engagieren sich jedoch in Hinblick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen und setzen natürlich auf eine Niederlage der MPLA und zugleich darauf, Druck von unten auf die gewählten Vertreter*innen und besonders die dort vertretenen Revús ausüben zu können.

Davon könnte die wichtigste Oppositionspartei, die UNITA, profitieren, da sie die jungen Demonstrant*innen unterstützt, zugleich aber in keiner Weise gegen die generellen Ziele der neokolonialen Herrschaft mit ihrer aktuell neoliberalen Orientierung kämpft, deren Interessen zunehmend von der regierenden MPLA geteilt werden, auch wenn sich dadurch die soziale Lage verschlechtert. Dagegen protestieren eben Teile der angolanischen Jugend so wie in Nigeria und anderen und hoffentlich bald in noch mehr Regionen Afrikas.[19] Dies könnte auf einen Regierungswechsel in Angola hinauslaufen, ohne dass dies jedoch ab den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnissen etwas ändert, wie das Beispiel Nigerias zeigt. Dies wäre dann wieder typisch für die sogenannten demokratischen Wahlen in Afrika – wenn sie denn überhaupt stattfinden.

In Angola, Nigeria, wie auch anderswo, können diese Demonstrationen gegen Polizeigewalt und „Korruption“ und für soziale Gerechtigkeit das Bewusstsein dafür schaffen, dass eine globale und emanzipatorische Alternative zum Neokolonialismus nottut. Unabhängig von den ausschlaggebenden lokalen Besonderheiten wird diese Alternative jedoch nur machbar sein, wenn sie sich zumindest auf die kämpferische und dauerhafte Selbstorganisation der Arbeiter*innenklasse, der Frauen und Jugendlichen – kurzum die Verdammten dieser Erde – stützt und den Verschiedenheiten Rechnung trägt, aber dennoch verbindet. Ethnische und konfessionelle Zugehörigkeit dürfen nicht länger instrumentalisiert werden, wie bspw. bereits die Kampagne von #EndSARS deutlich gemacht hat. Wir brauchen ein kollektiv, demokratisch und breitestmöglich erarbeitetes Verständnis von der künftigen Gesellschaft, der Bewegung und ihrer Perspektiven, ohne dabei den afrikanischen und globalen Kontext außer Acht zu lassen.

Auch wenn wir in einer angeblich „beschleunigten“ Zeit leben[20], muss diese Arbeit ohne Hast und umsichtig erfolgen und das Schicksal der jüngsten Volksaufstände in Afrika, wie auch anderer progressiver Bewegungen auf der Welt (etwa Podemos in Spanien) vor Augen haben. Denn dort zeigte sich wieder einmal die Widerstandsfähigkeit des kollektiven Neokolonialismus und die Stärke des Kapitalismus als multidimensionales System, das sehr wohl in der Lage ist, die Fassade zu wechseln, ohne deswegen weniger autoritär zu sein, und damit auch die anti-neoliberalen oder gar antikapitalistischen Kräfte in die Irre zu führen. Wie schon zuvor gibt es auch heute in Angola und Nigeria, in Afrika und anderswo keine Abkürzung auf dem Weg zu einer freien Gesellschaft, die darauf bedacht ist, den künftigen Generationen nicht nur Bedingungen zu hinterlassen, die auf den Prinzipien der Volkssouveränität, der sozialen und geschlechtlichen Gleichheit, der Achtung der Meinungsfreiheit, der Menschenwürde, der Unterschiede (zum Beispiel der sexuellen Orientierung) usw. beruhen, sondern auch eine intakte Erde. Solche Ziele sind im Kapitalismus nicht erreichbar.

14. Dezember 2020

Übersetzung: Alena W. und Willi E.


[1] Adeniyi Ademoroti, #EndSARS schließt queere Protestteilnehmer*innen aus. Wie kann eine Akzeptanz erzielt werden?, African Arguments, 28. Oktober 2020, https://africanarguments.org/2020/10/28/endsars-excluded-queer-protesters-what-will-it-take-for-acceptance/.

[2] Die Feministin Angel Nduka-Nwosu (#SayHerNameNigeria), die sich mit der „sexualisierten Gewalt an Frauen in den Fängen der nigerianischen Polizei“ befasst, hat öffentlich gemacht, was – nicht nur in Nigeria – wohl gängige Praxis ist: „Bei einer Demonstration von #ENDSARS im Bundesstaat Edo State wurden drei Frauen aus Benin von Männern vergewaltigt … die gegen das brutale Vorgehen der SARS protestierten. In Lagos wurden mehrfach Frauen belästigt, bedrängt oder gar ins Gesicht geschlagen von Demonstrationsteilnehmern, die sich ausdrücklich nicht „von Frauen etwas sagen lassen wollen“. A. Nduka-Nwosu, “#ENDSARS: Is a Woman’s Place Really in the Revolution?”, African Feminism, 25. Oktober 2020, https://africanfeminism.com/endsars-is-a-womans-place-really-in-the-revolution/.

[3] Femi Aborisade, “Die nigerianische Bewegung gegen Gewalt und Armut”, in Femi Aborisade und Andy Wynne, „#EndSARS : Nigeria’s Mass Movement Protest“, Roape, 27. Oktober 2020, https://roape.net/2020/10/27/endsars-nigerias-mass-movement/.

[4] Abiodun Bagmiboye, Chinedu Bosah, “SPN [Socialist Party of Nigeria] verurteilt die Absage der Streiks durch die Führung der NLC und TUC“, Democratic Socialist Movement, 29. September 2020, http://www.socialistnigeria.org/4741/2020/09/29/spn-condemns-suspension-of-strike-by-nlc-and-tuc-leadership/

[5] Citée par Kabiru Yusuf, “Nigerianische Universitäten streiken etwa alle fünf Jahre seit 1999, wie die Statistik zeigt”, Premium Times, 4. November 2020, https://www.premiumtimesng.com/news/headlines/426119-nigerian-universities-on-strike-for-one-of-every-five-years-since-1999-data-shows.html.

[6] Alfred Olufemi, “1. Oktober: Die Organisatoren von #RevolutionNow rufen zu landesweiten Protesten auf”, Premium, 25. September 2020, https://www.premiumtimesng.com/news/more-news/416862-october-1-revolutionnow-organisers-call-for-nationwide-protest.html.

[7] Offensichtlich wurde auch versucht, die Bewegung entlang ethnischer und religiöser Belange zu spalten. So stammt der Staatschef aus dem vorwiegend muslimischen Norden, wo es eine pro-SARS-Bewegung gibt, während die schlagkräftigeren Mobilisierungen im Süden des Landes stattfinden, wozu Lagos und erdölreiche Bundesstaaten gehören.

[8] Es handelt sich hierbei um ein abgewandeltes Zitat aus einer Rede von Fanon auf dem 1. Kongress der schwarzen Schriftsteller und Künstler (Paris, 1956): „Der Rassismus ist nicht das Ganze, sondern nur das sichtbarste, das alltäglichste, ja das gröbste Element einer vorgegebenen Struktur.“, F. Fanon, Für eine afrikanische Revolution. Politische Schriften. März, Frankfurt am Main 1972,

[9]  Ayo Sogunro, “Warum #EndSARS nicht aufgeben wird”, Africa Arguments, 15. Oktober 2020, https://africanarguments.org/2020/10/15/why-endsars-wont-quit/.

[10] Durch die Privatisierung der staatlichen Elektrizitätswerke wurden die Probleme der nationalen Stromversorgung nicht behoben, sondern sogar noch schlimmer.

[11] Die MPLA wurde von der UdSSR und Kuba unterstützt, während die konkurrierenden UNITA (Nationale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas) und FNLA (Nationale Front zur Befreiung Angolas) von den USA, Westeuropa und dem Apartheid-Regime in Südafrika unterstützt wurden.

[12] Simão Hossi, “Angola: Die Polizei erschießt einen Jugendlichen wegen Verstoßes gegen die Lockdown-Vorschriften, so die lokalen Medien“,  Global Voices en Français, 24. August 2020,

[13] Nach Angaben der Weltbank, die die Armutsschwelle bei sehr schmeichelhaften 1,9 US-Dollar ansetzt, „hat die Zahl der Armen in Angola zwischen 2000 und 2014 von 4,9 Millionen auf 8,7 Millionen zugenommen und 2018 10 Millionen überschritten, wobei die Gesamtbevölkerungszahl bei 31 Millionen liegt. World Bank, Angola Poverty Assessment, 24. Juni 2020, p.ii, https://openknowledge.worldbank.org/handle/10986/34057.

[14] So zumindest seine Erklärung gegenüber einer Delegation der demonstrierenden Jugend am 26. November 2020.

[15] Coalition of Protest Groups, “A Statement from The Coalition of Protest Groups Accross Lagos and Nigeria”, (cpgnigeria.medium.com, 23. Oktober 2020, https://cpgnigeria.medium.com/a-statement-from-the-coalition-of-protest-groups-across-lagos-and-nigeria-524ff25e1a64).

[16]  “Die Proteste waren nie politisch motiviert. Es geht auch nicht um ethnische oder Stammesangelegenheiten. Die Jugend im ganzen Land fordert Gerechtigkeit, eine gute Regierungsführung, Verantwortlichkeit und Reformen.“ so die Coalition of Protest Groups, idem. Wie im Rest der Welt wird auch hier angesichts der wachsenden sozialen Ungleichheit die Forderung nach einer vermeintlich gerechten Verteilung der Reichtümer erhoben, ohne den Kapitalismus infrage zu stellen. Man träumt vom Kapitalismus des Wirtschaftswunders und des „Wohlfahrtstaates“. Darin liegt heutzutage der Unterschied zwischen der anti-antikapitalistischen Kritik am Neoliberalismus und dem Antikapitalismus.  

[17]  Ein Bündnis aus Organisationen der Lohnabhängigen und etwa 70 Organisationen der Zivilgesellschaft, die zum Ziel haben, „die Interessen der Arbeiter*innen und der armen und schutzlosen Personen gegenüber den massiven ökonomischen und soziokulturellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in Nigeria zu wahren“. Sahara Reporters, “Covid-19: Falana Heads New Coalition to Champion Workers’ Interest, Welfare », 29. April 2020, http://saharareporters.com/2020/04/29/covid-19-falana-heads-new-coalition-champion-workers’-interest-welfare.

[18] Auszug aus der Erklärung bei Andy Wynne, „#EndSARS Protestors in Nigeria Need Our Solidarity“, in Femi Aborisade et Andy Wynne, op. cit..

[19] Gegenwärtig versucht #EndSARS wieder die Initiative zu ergreifen, obwohl ihr unverhüllt mit Repressionen gedroht wird und Organisationen der Zivilgesellschaft teilweise offen dagegen opponieren, weil sie sich vor möglichen Unruhen und Plünderungen fürchten. Unterdessen hat die Regierung eine leichte Preissenkung für Treibstoff angekündigt und möglicherweise auch für Strom. 

[20] Hartmut Rosa, Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005.

Artikel teilen
Tags zum Weiterlesen
Kommentare auf Facebook
Ähnliche Artikel
Zur Startseite