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Innenpolitik

Patientenrechtegesetz: Viel Lärm um (fast) nichts

Von Pidder Lüng | 14.02.2013

Mit Beginn des Jahres 2013 ist das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Da es bislang so ein Gesetz nicht einmal gegeben hat, lässt sich eigentlich vermuten, dass es eine Vielzahl bedeutender Neuerungen enthält. Glaubt man den Verlautbarungen der Bundesregierung, verhält es sich auch so. Sieht man hingegen in den Gesetzestext hinein: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein.

Mit Beginn des Jahres 2013 ist das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Da es bislang so ein Gesetz nicht einmal gegeben hat, lässt sich eigentlich vermuten, dass es eine Vielzahl bedeutender Neuerungen enthält. Glaubt man den Verlautbarungen der Bundesregierung, verhält es sich auch so. Sieht man hingegen in den Gesetzestext hinein: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein.

Wenn es Konflikte um einen Behandlungsfehler gibt, werden Regeln beschrieben, wie sie die Rechtsprechung schon längst vorher entwickelt hat.
PatientInnenrechte
Was die Akteneinsicht in die Patientenunterlagen betrifft, sind die Rechte gegenüber der Rechtsprechung sogar eher verschlechtert worden. Das Schicksal geschädigter PatientInnen, jahrelang mit höchst ungewissen Erfolgsaussichten um ihr Recht kämpfen zu müssen, wird nicht um einen Deut verbessert. Mit einer Ausnahme: Die Krankenkassen "können" nicht nur wie bisher geschädigte PatientInnen unterstützen, sondern "sollen" es jetzt. Nun hatten die Kassen schon vorher ein eigenes Interesse daran, weil sie so die Möglichkeit hatten, Ärzte oder Krankenhäuser in Regress zu nehmen. Nun wurde darauf verzichtet, genauer zu beschreiben WIE die genannte Unterstützung aussehen soll. Damit wird absehbar auch hier alles beim Alten bleiben.
Kein Härtefallfonds
Die SPD-regierten Bundesländer hatten einen Härtefallfonds gefordert, um wenigstens in den schlimmsten Fällen das Los geschädigter PatientInnen zu erleichtern. Die Begründung, mit der die Bundesregierung das verweigern will, ist interessant: Es müsse bei der individuellen Haftung der Ärzte bleiben, damit ein Anreiz gesetzt werde, Behandlungsfehler zu vermeiden. Mit anderen Worten: Es wird unterstellt, dass Ärzte ihre PatientInnen nur deswegen anständig behandeln, weil sie Angst vor Sanktionen hätten. Da verwundert es schon, dass nicht alle Ärzteverbände auf den Barrikaden sind.

Ein weiteres Detail des Gesetzes erweckt den Eindruck, dass die federführenden MinisterInnen (Gesundheit und Justiz) eigentlich nicht wussten, was sie bei dem Gesetzentwurf getan haben: Es sollen Fehlermeldesysteme gefördert werden. Fehlermeldesysteme gehen allerdings davon aus, dass Behandlungsfehler selten die Schuld einer einzelnen Person (z.B. Arzt oder Ärztin) sind. Sie fragen danach WAS Schuld ist, nicht WER. Gemeldet werden sollen die Fälle, in denen es gerade noch mal gut gegangen ist, die aber durchaus hätten schief gehen können. Die Logik solcher Fehlermeldesysteme ist ein glatter Widerspruch zu den Argumenten gegen den Härtefallfonds.

Über Patientenschädigungen in Krankenhäusern ist durchaus schon einiges bekannt. Zum Beispiel auch, dass die Sterblichkeit von Patienten von der Personalausstattung abhängt. Ebenso verhält es sich mit der Chance, bei einer nötigen Wiederbelebung im Krankenhaus tatsächlich zu überleben: Je besser die Personalausstattung umso größer.
Keine Mindestausstattung
Verwunderlich sind solche Zusammenhänge nicht, inzwischen auch noch durch mehrere wissenschaftliche Studien belegt. Wer die Patientensicherheit ernsthaft verbessern wollte, hätte hier einen Ansatzpunkt. Doch dazu schweigt das Patientenrechtegesetz. Schmälert doch eine vorgeschriebene Mindestausstattung mit Personal die Rendite der Krankenhauskonzerne. Und predigt der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen doch alljährlich erneut, dass Markt, Wettbewerb und Privatisierung es schon richten würden. Man muss es nur noch glauben.

Übrigens: Nach Schätzungen des Aktionsbündnisses Patientensicherheit sterben pro Jahr in Deutschlands Krankenhäusern 17000 Menschen durch vermeidbare Fehler. Die haben wohl dran glauben müssen.

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