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Länder

Paraguay: Sieg der Opposition, schwache Linke

Von Thadeus Pato | 01.06.2008

Es war Festtagsstimmung nach den Wahlen in Paraguay. Die ArbeiterInnen und armen Bauern feierten den Sieg ihres Kandidaten, des als „Armenbischof“ bekannt gewordenen katholischen Priesters Fernando Lugo, der mit einem sensationellen Vorsprung von 10% gegen die Kandidatin der Colorado-Partei obsiegte. Aber bedeutet das einen wirklichen Linksruck? 61 Jahre hatten die Colorados, die Partei der Oligarchie, der Großagrarier und Geschäftemacher, in Paraguay regiert, und wenn sie befürchten mussten, die Wahlen zu verlieren, dann gab es einen Putsch:

Es war Festtagsstimmung nach den Wahlen in Paraguay. Die ArbeiterInnen und armen Bauern feierten den Sieg ihres Kandidaten, des als „Armenbischof“ bekannt gewordenen katholischen Priesters Fernando Lugo, der mit einem sensationellen Vorsprung von 10% gegen die Kandidatin der Colorado-Partei obsiegte. Aber bedeutet das einen wirklichen Linksruck?

61 Jahre hatten die Colorados, die Partei der Oligarchie, der Großagrarier und Geschäftemacher, in Paraguay regiert, und wenn sie befürchten mussten, die Wahlen zu verlieren, dann gab es einen Putsch: General Alfredo Stroessner (ein Busenfreund von Franz-Josef Strauss) regierte nach dem Staatsstreich von 1954 bis 1989, als er – wieder durch einen Putsch – gestürzt wurde. Selbstredend waren es die Colorados, die jeweils dann regierten.

Fernando Lugo trat mit einer Alianza Popular an, einem Zusammenschluss fast aller Parteien einschließlich verschiedener linker Gruppierungen. Nur zwei linke Parteien kandidierten gesondert (PT und PH), sie kamen gerade einmal auf 5000 Stimmen. Innerhalb der Allianz war die PLRA (Partido Liberal Radical Auténtico – Authentische Liberalradikale Partei) die große Gewinnerin, an die Linke im Bündnis gingen lediglich ein Senatorensitz (Paraguay hat ein Zweikammersystem) und ein Abgeordnetensitz. Letzterer ist allerdings als historisch zu bezeichnen: Er kommt von der Bewegung Tekojoja* und ist nach siebzig Jahren wieder der erste Sozialist im Parlament. Aber alle kleineren Parteien im Bündnis verloren und wurden mehr oder weniger marginalisiert.
Insgesamt muss das Wahlresultat als erneute Bestätigung des traditionellen Zweiparteiensystems eingeschätzt werden. Lugo, der im Wahlkampf einerseits weitgehende Versprechen bezüglich einer Landreform machte, hat bereits verlauten lassen, dass er selbstverständlich nicht an Enteignungen denke. Die Linke fordert die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, um über eine Beteiligung der sozialen Organisationen eine grundsätzliche Neuregelung auch der Eigentumsverhältnisse in Gang zu bringen. Aber die PLRA ist dagegen. Efrain Alegre, Leitungsmitglied der PLRA, erklärte eilfertig: „Wir brauchen keine verfassunggebende Versammlung, unsere Verfassung ist eine der demokratischsten überhaupt.“

Natürlich ist es erfreulich, dass die Partei, die für die brutale Zerschlagung der Bauernorganisationen in den siebziger Jahren, die Ermordung von Oppositionellen, die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung und nicht zuletzt dafür verantwortlich ist, dass Paraguay über Jahrzehnte der bevorzugte Zufluchtsort von Massenmördern und Verbrechern von Josef Mengele bis Anastasio Somoza war, von der Macht vertrieben wurde. Aber die neue Regierung orientiert sich eindeutig nicht an Beispielen wie etwa Venezuela oder Bolivien: Am Tag nach der Bekanntgabe der Ergebnisse ließ Fernando Lugo verlauten, dass ihm eine Politik wie die des uruguayischen Präsidenten Tabare Vazquez vorschwebe. Und die Politik von dessen Frente Amplio hat mit wirklicher Umverteilung wahrlich nichts zu tun.

So ist zwar der Wahlsieg der Allianz insofern ein Fortschritt, als er der Linken größere Spielräume eröffnet, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Euphorie der letzten Wochen bei der Masse der Armen und Marginalisierten bald in Enttäuschung umschlagen wird, wenn Lugo tatsächlich den uruguayischen Weg einschlägt.n

*     Tekojoja ist das Wort für „Festhalten am Brauchtum“, „Festhalten an der Überlieferung“, aus dem Guaraní, einer der beiden Amtssprachen Paraguays (wird von der überwiegenden Mehrheit gesprochen), und ist auch der Eigenname eines Dorfes, das im Juni 2005 von Brasilianern brutal angegriffen und verwüstet wurde, die genetisch verändertes Soja anbauen und bei dem Überfall von paraguayischer Polizei und Militärs unterstützt wurden. 

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