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Länder

Nach dem ESF von Athen: Wie weiter mit der sozialen Bewegung in Europa?

Von Claudio Reiser | 01.07.2006

Das 4. ESF, das vom 4. – 7. Mai dieses Jahres in Athen stattfand, hat gegenüber dem vorangegangenen Sozialforum in London im Oktober 2004 weitere Fortschritte gebracht. Mit dazu beigetragen haben die Vorbereitungstreffen, die in verschiedenen europäischen Ländern stattgefunden haben. Jeweils ein Tag auf diesen Treffen war für die europäischen Netzwerke reserviert. Aufbauend auf diesem Informationsaustausch konnte die Diskussion in den Seminaren und Workshops während des ESF deutlich konkreter geführt werden.

Das 4. ESF, das vom 4. – 7. Mai dieses Jahres in Athen stattfand, hat gegenüber dem vorangegangenen Sozialforum in London im Oktober 2004 weitere Fortschritte gebracht.

Mit dazu beigetragen haben die Vorbereitungstreffen, die in verschiedenen europäischen Ländern stattgefunden haben. Jeweils ein Tag auf diesen Treffen war für die europäischen Netzwerke reserviert. Aufbauend auf diesem Informationsaustausch konnte die Diskussion in den Seminaren und Workshops während des ESF deutlich konkreter geführt werden.

Zum ersten Mal ist es gelungen, eine stärkere Teilnahme aus osteuropäischen Ländern zu erreichen – jeweils mehrere hundert TeilnehmerInnen kamen aus der Ukraine, Moldova , Russland, Belarus, aus Georgien, Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und aus Bulgarien. Allein aus der Türkei waren 1500 Menschen gekommen unter ihnen auch viele KurdInnen.

Es gab 210 Seminare, darunter 7 „zentrale Seminare“ mit internationalen Persönlichkeiten auf dem Podium, wie zum Beispiel eines über Kuba, auf der u.a. Aleida Guevara, Ches Tochter, über die verheerenden Folgen der seit 1961 verhängten und immer wieder verschärften Blockade gegen ihr Land informierte und deren sofortige Beendigung forderte. Ein weiteres dieser Seminare befasste sich mit der Situation in Palästina, an dem auch in Athen akkreditierte palästinensische Diplomaten teilnahmen.
Der Europäische Gewerkschaftsbund auf dem ESF
Schon in London war die Beteiligung der Gewerkschaften auf europäischer Ebene deutlich stärker als beim ESF 2002 in Florenz und 2003 in Paris. Dieses Mal fand auf Initiative des griechischen Gewerkschaftsdachverbandes, der sich auch in der Vergangenheit massiv an europäischen Mobilisierungen gegen diverse EU-Gipfeltreffen und vor allem auch an den Mobilisierungen gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie beteiligt hatte, am Tage vor dem offiziellen Beginn des ESF eine europäische Gewerkschaftskonferenz statt. Der EGB hatte schließlich die Konferenz organisiert und es konnten auch Gewerkschaften teilnehmen, die nicht im EGB vertreten sind.

Leider blieb es auf dieser Konferenz, an der mehr als 2000 GewerkschafterInnen teilnahmen, nur beim Verlesen vorgefertigter Erklärungen und es wurde versäumt, gemeinsame Strategien zu entwickeln und ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen. Gründe dafür gäbe es genug. Schließlich gibt es heute auch erfolgreiche Aktionen auf europäischer Ebene, allen voran der Streik der HafenarbeiterInnnen gegen die europäische Hafenrichtlinie Port Package II. Die Mobilisierungen der europäischen Gewerkschaften gegen die Bolkestein-Richtlinie haben dieses EU-Vorhaben noch nicht völlig stoppen können. Der Kampf muss deshalb weiter geführt werden, auch wenn die führenden Kräfte im EGB davon ausgehen, dass es bereits ein Erfolg ist, dass der Begriff „Herkunftslandsprinzip“ in der vor der Verabschiedung stehenden Richtlinie nicht mehr auftaucht. Dies intensiver zu erörtern wäre hier eine gute Gelegenheit gewesen. Auch zur EU-Verfassung hielt sich diese Versammlung mehr als bedeckt.
Das ESF selbst
Auf dem ESF indessen wurde auf vielen Seminaren darüber diskutiert, und die NEIN-Kampagnen in Frankreich und in den Niederlanden spielten eine große Rolle. Das ESF hat auch einen Entwurf für eine europäische Charta erarbeitet, der nicht verabschiedet wurde, da es vor allem auch in der griechischen sozialen Bewegung unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie man sich dieser EU gegenüber positionieren soll. Das ging hin bis zu Forderungen: Raus aus der EU.

Um diese Vorstellungen zu vereinheitlichen soll jetzt auf Grundlage dieses Entwurfes der Diskussionsprozess begonnen werden. Bereits im Herbst 2006 soll es u. a. dazu eine weitere europäische Versammlung geben.
Bei der Diskussion über Ansätze gegen die neoliberalen EU-Strategien standen die Erfahrungen der erfolgreichen Bewegung gegen das CPE im Mittelpunkt. Bei einem Seminar zum Thema „Radikale Studentenbewegungen“, an dem 300 Menschen teilnahmen, wurden die Beiträge immer wieder durch Sprechchöre unterbrochen: „Tous ensemble! Grève Générale“ [Alle gemeinsam! Generalstreik]. Aus den Erfahrungen der gesellschaftlichen Mobilisierungen in Frankreich zu lernen war die weit verbreitete Parole auf dem ESF.

Nicht weniger bedeutend waren für viele in Athen die neuerlichen Entwicklungen in Lateinamerika vor allem die Maßnahmen der Regierungen in Venezuela und Bolivien gegen den Imperialismus und die Formierung einer Achse gegen die neoliberalen Freihandelskonzepte der USA durch die Regierungen von Kuba, Venezuela und Bolivien. Das unmittelbar bevorstehende Gipfeltreffen Europa-Lateinamerika in Wien spielte in den Diskussionen eine wichtige Rolle. In Athen wurden alle zu einer Beteiligung an den entsprechenden Gegenaktionen aufgerufen.
Die weiteren Aktionsvorschläge des ESF gehen aus der Erklärung der Versammlung der Bewegungen des 4. ESF hervor (s. letzte Avanti). Insgesamt war dieses Europäische Sozialforum in Athen ein weiterer Fortschritt in der Entwicklung einer gemeinsamen europaweiten Antwort auf die Angriffe des EU- Kapitals und seiner Regierungen.

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