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Mindanao: Was steckt hinter den Bombenanschlägen der Abu Sayyaf?

Von Thadeus Pato | 01.04.2005

Interview mit Harry, führendes Mitglied der RWP-M (Revolutionäre Arbeiterpartei Mindanaos)

avanti: In der deutschen Presse wurde berichtet, dass die Offensive der philippinischen Armee in Mindanao eine Reaktion auf Angriffe der MNLF1 sei. Stimmt das?

Harry: Offiziell wurde die militärische Offensive im Süden von der Regierung mit einem Angriff der MNLF begründet. Tatsächlich ging dem eine Militarisierung der Region durch die Regierung voraus, die schon im letzten Jahr begann. Die Angriffe der MNLF waren eine Antwort auf diese Militarisierung und ihre Folgen, nämlich dauernde Übergriffe der Armee gegen die muslimische Bevölkerung, unter anderem auch die Ermordung eines Dorfvorstehers, seiner Frau und seiner Tochter.

avanti: In Deutschland war zu lesen, dass die Aktionen der Armee der angeblich mit Al Quaida verbundenen Organisation Abu Sayyaf galten und dass die MNLF wiederum ein Bündnis mit letzterer eingegangen sei. Ist das richtig?

Harry: Nein. Der Grund, warum die Regierung alles auf die Abu Sayyaf schiebt, ist, dass seit September 1996 ein Friedensabkommen mit der MNLF existiert und deshalb nicht offiziell die MNLF direkt angeschuldigt werden soll, um das Scheitern des Abkommens zu verschleiern.

avanti: Hier wird die Abu Sayyaf als Teil des Al Quaida-Netzwerks beschrieben. Um was eine Organisation handelt es sich bei Abu Sayyaf ?

Harry: Abu Sayyaf ist eine terroristische Organisation, aber wir wissen, dass von Beginn an der militärische Geheimdienst an der Gründung von Abu Sayyaf beteiligt war, auch heute noch Agenten darin hat und die Organisation benutzt, um mittels Entführungen etc. Gründe für das militärische Vorgehen gegen die linken Kräfte in Mindanao und in den gesamten Philippinen zu liefern.

avanti: Was weißt du über die Bombenanschläge vom 14. Februar in Davao, General Santos2 und Manila,die nach der Offensive der Regierungstruppen verübt wurden?

Harry: Die drei Städte wurden sorgfältig ausgewählt: In Davao hatte der Bürgermeister sich gegen die letztes Jahr gemeinsam mit der amerikanischen Armee durchgeführten Manöver gestellt, in General Santos ist der größte amerikanische Militärflughafen und Manila ist die Hauptstadt der Philippinen. Ich glaube, gestützt auf meine Untersuchungen, dass die Abu Sayyaf tatsächlich die Anschläge verübt hat, aber ferngesteuert vom philippinischen Militär, um eine weitere Eskalation der Intervention zu provozieren. Und das klappte auch, denn das Parlament in Manila verabschiedete prompt ein Antiterrorgesetz und eine landesweite Ausweispflicht.

Das Interview führte T. Pato, Übersetzung: T. Pato

1 MNLF – Moro National Liberation Front, bewaffnete Organisation der muslimischen Minderheit in Mindanao, der zweitgrößten Insel der Philippinen
2 Davao und General Santos sind die beiden größten Städte auf Mindanao

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