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Kongress der LCR: Gemeinsam gegen den Kapitalismus

Von Pierre Vandevoorde (LCR) | 01.03.2006

Der 16. Kongress der Ligue Communiste Révolutionnaire (französische Sektion der IV. Internationale) wurde von allen Medien verfolgt: In der Ligue sind 3 000 Mitglieder (die Grünen haben doppelt so viele, die KPF hat 60 000), die oft anerkannte AktivistInnen in den wichtigsten sozialen, gewerkschaftlichen und globalisierungskritischen Bewegungen sind, sowie ein Sprecher, der junge Briefträger Olivier Besancenot, eine der populärsten linken Persönlichkeiten.

Der 16. Kongress der Ligue Communiste Révolutionnaire (französische Sektion der IV. Internationale) wurde von allen Medien verfolgt: In der Ligue sind 3 000 Mitglieder (die Grünen haben doppelt so viele, die KPF hat 60 000), die oft anerkannte AktivistInnen in den wichtigsten sozialen, gewerkschaftlichen und globalisierungskritischen Bewegungen sind, sowie ein Sprecher, der junge Briefträger Olivier Besancenot, eine der populärsten linken Persönlichkeiten.

Die begeisternde breite gemeinsame Kampagne, die zum siegreichen „Nein“ beim Referendum vom 29. Mai 2005 [zur EU-Verfassung] geführt hat und die sich deutlich abhob von dem schlechten Wahlergebnis und dem Ausbleiben einer neuen Dynamik nach den Wahlkampagnen der LCR-LO* von 2004, haben in der Ligue die Hoffnung wachsen lassen, dass es möglich ist, die antiliberale Linke zusammenzubringen und breite Einheitskandidaturen zur Präsidentschafts- und zu den Parlamentswahlen im nächsten Jahr anzustoßen. So hat sich eine Strömung (9%) aus der bisherigen Mehrheit der Ligue umorientiert und sich der „traditionellen” Minderheit in der Ligue (26%) angeschlossen; die Mehrheit hat damit nur 49% der Stimme erzielt (10% weniger als 2003); eine andere Tendenz kritisierte das Zögern der Mehrheit und erklärte das Zusammengehen mit LO zur obersten Priorität; sie hat Abänderungsvorschläge zur Mehrheitsresolution vorgelegt und dafür 12% der Delegiertenstimmen erhalten; schließlich gab es noch eine weitere Strömung, die ebenfalls aus der Mehrheit hervorgegangen ist und die betonte, dass es notwendig ist, sowohl eine wirkliche Kampagne zur Vertreibung der Regierung aus dem Amt zu starten, wie auch ein entschiedeneres revolutionäres Profil zu entwickeln (4% der Delegiertenstimmen).
Offensive der Regierung
Die gesellschaftliche Lage ist gespannt: Die Offensive der Regierung und der Bosse verschärft geradezu täglich die Lebensbedingungen von Millionen von Lohnabhängigen und jungen Menschen: So antwortet etwa Villepin [der Regierungschef] auf den Wutausbruch der Jugend in den Vorstädten mit der Zulassung des Lehrbeginns ab 14 Jahren und mit dem „Vertrag zur Ersteinstellung“ (Contrat Première Embauche, CPE), mit dem ein ungeschütztes Beschäftigungsverhältnis über zwei Jahre für alle unter 26jährigen institutionalisiert wird. Aber trotz dieser Teilniederlagen bleibt die Situation auch mit Hoffnungen verbunden, denn das „Nein“ hat ein massives Streben nach gesellschaftlicher Veränderung greifbar werden lassen. Um auf diese doppelte Herausforderung zu antworten hat unser Kongress mehrere Resolutionen angenommen.
Die ersten Streiks gegen die CPE hat der Vorstellung von „Résistance“ (Widerstand) eine unmittelbare Aktualität verliehen: „Eine Kampffront aufbauen, eine gemeinsame Mobilisierung, um die Dampfwalze zu stoppen, die die Errungenschaften zertrümmert, die in Jahrzehnten des Kampfes der ArbeiterInnenbewegung durchgesetzt wurden.“ Es wurde ein Appell verabschiedet, der sich „an alle Kräfte der ArbeiterInnenbewegung, Gewerkschaften, Parteien und Verbände“ richtet. Seine Konkretisierung findet dieser Appell in einer breit angelegten einheitlichen Massenpetition der gesamten Linken für die Rücknahme des CPE. Aktionseinheit also und Einmütigkeit auf dem Kongress darin, dass wir uns nicht an einem Spitzengespräch aller Parteien der Linken zur Formierung eines neuen Regierungsprojekts beteiligen, trotz des Drängens der KPF, die uns gerne da rein gezogen hätte, um ihrer Politik einen linken Flankenschutz zu verschaffen.
Kandidatur linker Kräfte?
Wir haben uns entschlossen, unsre Kandidatur zu den Präsidentschaftswahlen nicht zu verkünden, denn wir wollen damit deutlich machen, dass das Entscheidende die Kämpfe sind und dass es nicht bis 2007 zu warten gilt. Ausschlagend für diese Entscheidung war auch, dass wir der Tatsache Rechnung tragen wollten, dass es in der Frage, ob es eine gemeinsame Kandidatur aller linken Kräfte geben kann, unterschiedliche Einschätzungen gibt, und dass eine Kandidatur von Olivier Besancenot [Kandidat der LCR bei den letzten Präsidentschaftswahlen] von einer großen Mehrheit in der Organisation getragen wird. Die Kampagne wird in der Tat schwierig sein, denn der Druck in Richtung „nützlich“ wählen wird stärker werden. Von allen Seiten wird man uns vorwerfen, das Spiel der Rechten zu betreiben. In dieser Situation muss die LCR weitest möglich geeint sein: Wir fangen zwar schon an, Absichtserklärungen für eine Unterstützungsschrift zu sammeln (500 Unterschriften von Bürgermeistern sind für die Zulassung zur Präsidentschaftskandidatur erforderlich), aber wir werden erst im Juni auf einer nationalen Konferenz darüber entscheiden. Bis dahin arbeiten wir weiter daran, möglichst viele Menschen von der Notwendigkeit einer antikapitalistischen Umgruppierung zu überzeugen, um damit das Wertvollste aus der Nein-Kampagne – das nach unsrer Ansicht am besten mit einer Kandidatur von Olivier Besancenot vertreten werden kann – mit der radikalen Dynamik der aktuellen Mobilisierungen zu verbinden.

*    Lutte Ouvrière (LO) ist die zweite „große” Organisation der revolutionären Linken in Frankreich. Beide Organisationen (LCR und LO) ziehen bei betrieblichen und gewerkschaftlichen Kämpfen oft an einem Strang und kandidieren bei Wahlen zum Parlament bisweilen auf gemeinsamen Listen. Auf anderen Gebieten, so den breiten Aktionseinheiten, sind die Differenzen allerdings recht beträchtlich. Anm. d. Übers. 

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