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Länder

Konferenz von Caracas: Eine Herausforderung an IWF und Weltbank

Von C.R. | 01.01.2009

In Caracas fand vom 8. bis 11.Oktober 2008 eine internationale Konferenz mit WissenschaftlerInnen aus Argentinien, Australien, Belgien, Kanada, Chile, China, Süd-Korea, Kuba, Ecuador, USA, Frankreich, England, Mexiko, Peru, Uruguay und Venezuela statt. Der afrikanische Kontinent war als einziger Kontinent nicht vertreten und auch aus Deutschland nahm niemand an der Konferenz teil.

In Caracas fand vom 8. bis 11.Oktober 2008 eine internationale Konferenz mit WissenschaftlerInnen aus Argentinien, Australien, Belgien, Kanada, Chile, China, Süd-Korea, Kuba, Ecuador, USA, Frankreich, England, Mexiko, Peru, Uruguay und Venezuela statt. Der afrikanische Kontinent war als einziger Kontinent nicht vertreten und auch aus Deutschland nahm niemand an der Konferenz teil.

Es gab eine umfangreiche Debatte über die aktuelle weltweite Wirtschafts- und Finanzsituation, neue Perspektiven und die Herausforderungen an die Regierungen und die Völker des Südens angesichts der internationalen Finanzkrise.

Es wurde übereinstimmend festgestellt, dass sich die Situation für die Länder des Südens in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert hat. Die Menschen dort leiden unter den Folgen verschiedener Krisen und Katastrophen – Hungerkrise, Klimakatastrophe, Energiekrise und Weltwirtschaftskrise. Die versammelten WissenschaftlerInnen warnten davor, die Kosten für die Rettung des Finanzsystems der ganzen Welt aufzubürden, und damit die Armut, die Arbeitslosigkeit, die Ausbeutung der arbeitenden Menschen und der Weltbevölkerung zu verschlimmern. Sie sahen auch die Möglichkeit, dass die „Tendenz zu einem autoritären Kapitalismus“ wiederkehrt, der sich schon in einem Anwachsen der Diskriminierung und des Rassismus gegen die Menschen, die aus den Ländern des Südens in den Norden emigriert sind, auswirkt.

In der gigantischen staatlichen Intervention zur Rettung der Unternehmen, die aufgrund der Spekulation in die Knie gegangen sind, sahen sie auch eine Dynamik zur Ermutigung von neuen Prozessen der Konzentration des Kapitals mit den entsprechenden verheerenden sozialen Folgen. Die Konferenzteilnehmer betonten die unumgängliche Notwendigkeit, die internationale Wirtschafts- und Finanzarchitektur umzuformen und einen „post-kapitalistischen“ Ausweg zu finden. Sie forderten von den PolitikerInnen, den sozialen Aufwendungen Priorität einzuräumen und die „natürlichen sowie die produktiven Ressourcen“ zu schonen.

Der Schlüssel liegt bei einer Entwicklung zu einer komplementären und integrierten Wirtschaft in einer ausgewogenen Form, so die WissenschaftlerInnen. Damit können die industriellen-, landwirtschaftlichen-, Energie- und Infrastrukturkapazitäten potenziert werden. Initiativen wie Alternativa Bolivariana para América Latina y El Caribe (ALBA) und die Banco del Sur (Bank des Südens) müssen ihren Aktionsradius erweitern und ihre Perspektive konsolidieren bis zu einer stärkeren alternativen Integration inklusive einer neuen gemeinsamen Währung. Auf diesem Weg sind die lateinamerikanischen Staaten seit der Konferenz im Oktober schon ein ganzes Stück vorangekommen.
Schlussfolgerungen und Aktionspläne
Die WissenschaftlerInnen stellen folgende Forderungen auf:

  • • Die Staaten sollen das gesamte Bankensystem unter ihre Kontrolle stellen,  Verstaatlichung muss ohne Entschädigung erfolgen; Kapitalflucht muss verhindert werden und die Banken sollen daran gehindert werden, ihr Guthaben ins Ausland zu transferieren;
  • Schließung von Offshore-Centern in allen Ländern;
  • Bücher der Banken müssen offen gelegt werden, Bankenaufsicht muss verschärft werden, die Banken müssen der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig sein;
  • Verstärkung der Unterstützung nicht kommerzieller, dezentraler, demokratisch kontrollierter Banken für die lokale Entwicklung;
  • Die Kosten für die Rettungspakete müssen von den Bankeignern zurückgeholt werden;
  • Anstreben einer gemeinsamen Währung für Lateinamerika, Abwendung von der Bezahlung mit Dollar (wie zwischen Argentinien und Brasilien und zwischen den ALBA-Ländern);
  • Bildung einer Bank des Südens, zur Förderung einer produktiven Wirtschaft die sich nach den fundamentalen Menschenrechten orientiert, als Alternative zum IWF
  • Nichtbezahlung der öffentlichen Auslandsschulden und Schaffung eines Fonds für Notfälle zur Sicherung der Ernährungs- und Energiesouveränität und beim Rückgang der Zahlungen der Migranten an ihre Heimatländer im Zuge der Krise
  • Rückzug der Länder aus IWF und Weltbank


Die Konferenz wurde zwar mit Unterstützung der venezolanischen Regierung durchgeführt und die hier aufgeführten Forderungen haben dort und in Kuba ihre größten Fürsprecher. Aber damit ist dieses Programm noch lange nicht Wirklichkeit geworden, erst recht nicht in den anderen Ländern Lateinamerikas, von den übrigen Regionen der Welt ganz abgesehen.

Dazu müssen sich die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse noch gewaltig ändern. Für diesen Prozess der ideologischen und politischen Veränderungen haben die Ergebnisse der Konferenz allerdings gute Argumente geliefert, ganz nebenbei auch für uns in den Metropolen.

 

Ecuador verweigert Schuldenzahlung
Ecuador hat sich auf den langen und beschwerlichen Weg gemacht, sich dem Diktat von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank zu entziehen. Die Regierung unter Rafael Correa weigert sich, wie damals Argentinien, als es vor dem Staatsbankrott stand, Schulden zurückzubezahlen. Trotz drohendem Embargo und Klagen entschied sie sich, die Zinszahlung für Auslandsschulden von insgesamt 3,9 Mrd. US-Dollar zu verweigern (s. Avanti Dez. 08). 
In Kapitalkreisen ist schon von einem gefährlichen Präzedenzfall die Rede, der Schule machen könnte. Der ecuadorianische Präsident hatte wenige Tage vor der Entscheidung die ausländischen Gläubiger eine Gruppe von „wahren Monstern“ genannt.

C. R.
TiPP!
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