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Betrieb & Gewerkschaft

Konferenz der Gewerkschaftslinken: Nur ein kleiner Schritt nach vorne

Von D. Berger | 29.10.2005

Die Konferenz der Gewerkschaftslinken vom 1. Oktober hat zwar eine Plattform für ihre weitere Arbeit verabschiedet. Aber wie die Gewerkschaftslinke praktisch wirken will ist noch nicht entschieden.

Die Konferenz der Gewerkschaftslinken vom 1. Oktober hat zwar eine Plattform für ihre weitere Arbeit verabschiedet. Aber wie die Gewerkschaftslinke praktisch wirken will ist noch nicht entschieden.

Recht weitgehend teilten die gut 100 Anwesenden im Frankfurter Gewerkschaftshaus die Schlussfolgerungen aus Bernd Riexingers Eingangsreferat: Die große Koalition wird im Wesentlichen die Politik der letzten Jahre fortsetzen und die Angriffe werden schärfer werden, gerade weil die Gewerkschaften durch ihr ständiges Zurückweichen das Kapital in seinen Angriffen noch ermuntern. Deshalb ist die Lage der Gewerkschaften „unverändert kritisch”. Aufgabe der Gewerkschaftslinken ist es daher, verstärkt Aufklärungsarbeit zu betreiben und Alternativen aufzuzeigen.

Weniger einheitlich fiel die Bewertung des Einzugs der Linkspartei in den Bundestag aus. Einige der RednerInnen waren voller Euphorie und ein Kollege aus Köln meinte: Die WASG- sei die erste nennenswerte Linksabspaltung von der SPD seit den 20er Jahren. Mit dem Einzug in den Bundestag „spiele die Linke wieder in der 1. Liga mit” und die ArbeiterInnenklasse schaffe sich gerade „eine politische Vertretung.” Er ging in der späteren Plattformdiskussion sogar so weit vorzuschlagen, dass die Plattform der Gewerkschaftslinken sich positiv auf die Linkspartei beziehen solle.

Unterm Strich überwog bei den Anwesenden die Vorsicht. Auch wenn ein Großteil die Linkspartei gewählt haben dürfte: Unabhängigkeit wollte mensch sich doch bewahren und gerade keine parteipolitischen Bezugnahmen in die Plattform schreiben. Denn auch der Wahlausgang hat an der Dringlichkeit der in der Plattform dargelegten Punkten nichts geändert und die dort vorgeschlagenen gewerkschaftspolitischen Zielsetzungen bleiben richtig. Zum Glück ist die Plattform auch so offen, dass sich wirklich alle KollegInnen dort wiederfinden können, die sich zu Positionen gewerkschaftlicher Gegenmacht bekennen.
Plattform „begrüßt”
Die Diskussion zum vorgelegten Plattformentwurf zeigte , dass es durchaus eine gemeinsame inhaltliche Grundlage gibt, auf die sich der allergrößte Teil der Anwesenden verständigen konnte. Fast alle auf der Konferenz eingebrachten Änderungsvorschläge liefen auf Ergänzungsanträge hinaus. Man verständigte sich dann darauf, die z. T. nur mündlich vorgetragenen Änderungswünsche schriftlich nachreichen zu lassen und von einer Kommission des Arbeitsausschusses einarbeiten zu lassen. Der Arbeitsausschuss soll dann überprüfen, ob die so entstandene Fassung dem Willen der übergroßen Mehrheit der KonferenzteilnehmerInnen entspricht.

Damit werden aber schon die Schwächen des Balanceaktes im Funktionieren der Gewerkschaftslinken sichtbar, der darin besteht, die Konferenz nicht zu einem Beschlussorgan zu machen (weil man niemanden „majorisieren” will und die Konferenzen nicht auf einem Delegiertenprinzip basieren), auf der anderen Seite aber von den unverbindlichen Diskussionen wegkommen zu wollen.


Genau hier liegt die Schwäche in der gegenwärtigen Struktur. Die Konferenz akzeptierte es, dass vom Podium aus formuliert wurde: „Die Konferenz begrüßt den vom Arbeitsausschuss vorgelegten Plattformentwurf”. Aber besonders demokratisch ist das nicht gerade, wenn die Versammlung nicht wirklich darüber abstimmt, sondern die Zustimmung nur aus dem Applaus zu den entsprechenden Redebeiträgen entnommen wird.

Struktur verbindlicher machen
Letztlich wird auf Dauer kein Weg daran vorbei führen, sich doch ein Delegiertenprinzip zu schaffen, das eine demokratische Grundlage für Abstimmungen bilden kann und somit den Verweis auf mögliche Zufallsmehrheiten der Anwesenden hinfällig macht. Aber Voluntarismus allein wird es nicht bringen. In nächster Zeit müssen auf zwei Ebenen deutliche Fortschritte erzielt werden:
Die geographische Verbreitung muss vorangetrieben werden. In vielen Städten gibt es Kräfte, die mensch politisch der Gewerkschaftslinken zurechnen kann, aber diese Kräfte sind nicht mit dieser bundesweiten Struktur verbunden, viele kennen sie nicht einmal und selbst am Ort kennen sich diese KollegInnen nicht immer.

Zum anderen muss die Gewerkschaftslinke endlich das in die Tat umsetzen, was von vielen spätestens seit der Januarkonferenz gefordert wird: Sie muss – im Wesentlichen über den Arbeitsausschuss – zu aktuellen Fragen Stellung beziehen und versuchen, sich erkennbar in die gewerkschaftliche Meinungsbildung einzumischen. Dies wird nur gehen über kurze Infos, Stellungnahmen und Kurzanalysen, die vermittels eines eigenen Newsletters in die Republik verschickt werden. Inhaltlicher Rahmen für diese Erklärungen kann und muss die verabschiedete Plattform sein. Das ist letztlich auch einer der Gründe, warum eine solche Plattform benötigt wird.
Dringende Aufgaben
Ganz aktuell wird es in den kommenden Monaten um folgende zwei Herausforderungen gehen: Die anstehende Metalltarifrunde muss zum Anlass genommen werden, für eine offensive Lohnpolitik zu streiten. Aufgabe der Gewerkschaftslinke wird es sein, die Diskussionsergebnisse der Delegiertenkonferenzen zusammenzutragen, Infos auszutauschen und an fortschrittlichen Beiträgen anzuknüpfen. Spätestens im Januar sollte der Arbeitsausschuss sich mit einem regelmäßig erscheinenden Info (etwa 1-2 mal im Monat) für eine kämpferische Tarifpolitik stark machen.

Zweitens sollte sich der Arbeitsausschuss aktiv in die APO-Konferenz einschalten, und dort für eine Großdemonstration im nächsten Frühjahr mit dem Schwerpunkt auf der sozialen Frage werben, ganz so wie Bernd Riexinger das ursprünglich vorgeschlagen hatte. Eine intensive Kampagne mit überparteilich offenen Mobilisierungsstrukturen an den Orten wäre das richtige Instrument. Dass parallel dazu die Metalltarifrunde laufen wird, kann nur gut sein. Damit endlich die Post abgeht.

TiPP!
Informationen zur Gewerkschaftslinken sind zu finden im Labournet unter: http://labournet.de/GewLinke/index.html. Dort sind auch die Materialien zu den Konferenzen enthalten wie auch der Plattformentwurf. Die von der Konferenz verabschiedete Fassung wird ab ca. Mitte November dort abzurufen sein.
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