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Innenpolitik

Keine Immunität für linken Abgeordneten?

Von Trixi Blixer | 01.07.2006

Am 16. Mai 2006 hob das Europäische Parlament mit übergroßer Mehrheit die Immunität des Abgeordneten Tobias Pflüger der Linksfraktion (GUE/NGL) auf. Damit unterstützen die Europaabgeordneten der bürgerlichen Parteien die Repression gegen den aktiven Antimilitaristen.Tobias Pflüger ist wegen seiner Arbeit als Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI) nun schon seit mehreren Jahren im Visier der Staatsanwaltschaft München.

Am 16. Mai 2006 hob das Europäische Parlament mit übergroßer Mehrheit die Immunität des Abgeordneten Tobias Pflüger der Linksfraktion (GUE/NGL) auf. Damit unterstützen die Europaabgeordneten der bürgerlichen Parteien die Repression gegen den aktiven Antimilitaristen.

Tobias Pflüger ist wegen seiner Arbeit als Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI) nun schon seit mehreren Jahren im Visier der Staatsanwaltschaft München. Vor allem sein Engagement gegen die jährlich in München stattfindende NATO-Sicherheitskonferenz ist den Staatsorganen ein Dorn im Auge. Es handelt sich bei dem jetzigen Verfahren gegen ihn um das vierte polizeiliche bzw. justizielle Vorgehen (1999, 2003, 2004, 2005) der „Staatsanwaltschaft München I“ . Der Vorwurf lautet diesmal, dass Tobias Pflüger im Rahmen einer Verhaftung während der Demo gegen die Sicherheitskonferenz in München Straftaten begangen habe.

Am 12.2.05 nahm er (auch) als Abgeordneter der Europäischen Parlaments an der jährlichen Demo teil. Dabei beobachtete er die brutale Festnahme einer Person und versuchte sich bei dem zuständigen Polizeiführer über die Behandlung zu informieren. Dazu zeigte Tobias Pflüger u.a. seinen Abgeordnetenausweis. Ein halbes Jahr (!) nach der Kundgebung zeigten ihn die beiden Polizeibeamten an. Dazu schreibt Pflügers Anwältin Angelika Lex: „Die Behauptung des Polizeibeamten, mein Mandant habe den Arm eines Polizeibeamten, der ihm ‚auf die Schulter gelegt‘ worden war, zur Seite geschlagen, ist unzutreffend; ebenso wie die Behauptung, mein Mandant hätte die anwesenden Polizeibeamten mit den Worten ‚Arschloch‘ und ‚Arschkopf‘ beleidigt, dies ist frei erfunden.“
Immunität aufgehoben
Wegen des nun laufenden Strafverfahrens gegen Tobias Pflüger, beantragte der Europaabgeordnete Francesco Speroni der italienischen Lega Nord die Aufhebung der Immunität. Eine große Mehrheit aus Konservativen, Liberalen, Sozialdemokraten, Grünen und der extremen Rechten folgten Speronis Antrag – nur die Abgeordneten der Linksfraktion GUE / NGL stimmten geschlossen dagegen. Damit entschied sich das Europaparlament in seiner Mehrheit dafür, die Immunität eines gewählten Abgeordneten wegen seiner oppositionellen Einstellung und seiner politischen Aktivität aufzuheben! Also stellt sich das Parlament klar auf die Seite der konservativen Justiz in Bayern. Eine ähnliche ständige Repression gegen einen bürgerlichen Europaabgeordneten bspw. aus der Ukraine hätte sicherlich nicht diese Reaktion hervorgerufen, sondern im Gegenteil, die Solidarität des Parlaments. Emanzipatorische Kräfte werden aber, wie üblich, auch in den Europäischen Instanzen nicht gerne gesehen.
Übrigens wurde Tobias Pflüger bisher noch kein einziges Mal verurteilt, die bisherigen Ermittlungsverfahren scheinen vor allem Schikane gewesen zu sein: „Ein Gericht in Tübingen sprach mich wegen der Anzeige 1999 frei. Das Verfahren 2003 wurde eingestellt und für die brutale Festnahme von mir im Jahr 2004 entschuldige sich die Polizei später bei mir.”
Solidarität mit Tobias Pflüger
Tobias Pflüger ist ein Beispiel dafür, dass versucht wird, nonkonforme Aktivität zu unterdrücken. Zahllose weniger bekannte AntimilitaristInnen sind in den letzten Jahren Opfer der staatlichen Repressionspolitik geworden – bei den jährlichen Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz, bei den Desertationsaufrufen oder bei den Demos gegen das Bombodrom in Brandenburg reagiert die bürgerliche Justiz äußerst empfindlich auf antimilitaristisches Engagement. Seit die SPD-Grüne-Bundesregierung mit der Beteiligung am Angriff gegen Jugoslawien internationale Bundeswehreinsätze als „Friedensmissionen“ wieder hoffähig gemacht hat, werden gegenteilige Meinungen verstärkt unterdrückt.

Jedes einzelne Repressionsopfer braucht unsere gemeinsame Solidarität. Damit Tobias Pflüger weiterhin seine Arbeit für die IMI auch im Rahmen des Europaparlaments fortführen kann, rufen wir zu Solidarität mit ihm auf. Widerstand lässt sich nicht verbieten! Unterstützt die Rote Hilfe bei ihrer Arbeit gegen die Repression!

Solidaritätsschreiben per E-Mail an:  tobias.pflueger@europarl.europa.eu

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