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Linke

Italien: Sinistra Critica gegründet

Von Salvatore Cannavò | 01.02.2008

Am 8. und 9. Dezember erfolgte die Gründung von Sinistra Critica [Kritische Linke] als unabhängige politische Bewegung. Daran nahmen auch zahlreiche Gäste teil, wie der Sprecher der französischen LCR, Olivier Besancenot. Damit ist das Experiment in den Reihen von Rifondazione Comunista (PRC) abgeschlossen, welche ihrerseits in einer neuen politischen Formation – dem Regenbogen – aufgegangen ist, das außer ihr vornehmlich die Grünen und eine Minderheit der Linksdemokraten (DS) umfasst.

Am 8. und 9. Dezember erfolgte die Gründung von Sinistra Critica [Kritische Linke] als unabhängige politische Bewegung. Daran nahmen auch zahlreiche Gäste teil, wie der Sprecher der französischen LCR, Olivier Besancenot. Damit ist das Experiment in den Reihen von Rifondazione Comunista (PRC) abgeschlossen, welche ihrerseits in einer neuen politischen Formation – dem Regenbogen – aufgegangen ist, das außer ihr vornehmlich die Grünen und eine Minderheit der Linksdemokraten (DS) umfasst.

Die Gründungskonferenz steht am Ende eines Prozesses, der bereits im Oktober 2006 einsetzte, als sich die PRC auf die Beteiligung an einer Mitte-Links-Regierung einließ und somit sich für Sinistra Critica erstmals die Frage nach dem innerparteilichen Verhältnis stellte. Seither haben drei Versammlungen mit bis zu 700 TeilnehmerInnen stattgefunden, in deren Gefolge eine nationale Konferenz abgehalten wurde, auf der etwa 60 Ortsgruppen mit einigen Tausend Mitgliedern vertreten waren und eine Resolution einhellig verabschiedet wurde, die von enormer Aufbruchsstimmung zeugt.

Wie dringend geboten ein solcher Neubeginn ist, liegt für alle auf der Hand. Vor allem für die Jugend, die sogar darauf brennt, endlich loszulegen mit einem Projekt, das frei von den Zwängen ist, die Rifondazione durch ihre politische Praxis der letzten Zeit ausgeübt hat. Aber auch für all die anderen, deren „Aufbruch“ schon Jahrzehnte zurückliegt und die inzwischen bereit sind, noch einmal neu anzufangen.

Wir sind uns darüber einig, dass der Weg nicht einfach sein wird. An Begeisterung mangelt es dennoch nicht. Wir müssen uns eine Organisationsform schaffen, die nicht bloßer Abklatsch der abgewirtschafteten PRC ist. Und wir müssen eine politische Praxis entwickeln, die sich an der Bewegung ausrichtet. Daher wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, die entlang ihrer sozialen Verankerung intervenieren sollen, um Kämpfe und autonome Organisationsformen voranzutreiben, oder die zur Organisierung der Bewegung beitragen und Mitglieder rekrutieren und die finanzielle Unabhängigkeit sichern sollen. Neben diesen beiden Prioritäten wurde noch eine dritte benannt: die politische und kulturelle Schulung auf den Weg zu bringen. Für diese Zwecke gibt es bereits eine Zeitung: „Erre“, einen Verlag und das Schulungszentrum „Livio Maitan“.
Klassenkämpferisches Bündnis
Sinistra Critica begreift sich als Bewegung und nicht als Partei. Wir haben klare Vorstellungen davon, welche Art von Partei notwendig ist und wollen eine politische Organisation schaffen, die zeitgemäß ist. Allerdings reicht es nicht aus, eine solche einfach zu proklamieren, dies kann im Gegenteil sogar schädlich sein. Insofern muss ein dynamischer Prozess in Gang gesetzt werden, der auf vorhandene Entwicklungspotentiale zurückgreift, wie sie sich beispielsweise aus den Großdemonstrationen gegen den Bush-Besuch im Juni ergeben haben. Es geht darum, wieder Netzwerke aufzubauen, gemeinsame Richtlinien und politische Zielsetzungen zu erarbeiten, um die Abschottung und die gegenseitigen Vorbehalte zu überwinden. In diesem Zusammenhang muss auch das Konzept einer „konstituierenden antikapitalistischen Versammlung“ gesehen werden.
Eine solche „konstituierende Versammlung“ soll natürlich in ein gemeinsames politisches Projekt einmünden, das Zwischenschritte erforderlich machen und unterschiedliche Formen annehmen wird. Folglich wurde auf der Konferenz ein „Bündnis der klassenkämpferischen und antikapitalistischen Linken“ ins Auge gefasst. Ein Bündnis verschiedener Kräfte und politischer Aktionsformen, das die Autonomie der jeweiligen Bereiche und Strukturen respektiert und auf die Synergie der verschiedenen Kräfte setzt. Es gibt zahlreiche Beispiele in Europa, wie eine solche Strategie erfolgreich umgesetzt worden ist: Der Linksblock in Portugal oder Respect beziehungsweise dessen Folgeprojekt in Großbritannien.

In der gegenwärtigen Phase muss sich ein „Bündnis der antikapitalistischen Linken“ auf die anstehenden Aufgaben vorbereiten: eine Antwort auf die Krise der Gewerkschaftsbewegung finden; geeignete Mittel der Gegenwehr schaffen gegen Prekarität, Rassismus, Umweltzerstörung und die verstärkte Einflussnahme des Vatikan; und natürlich eine kohärente Position zu den bürgerlichen Wahlen entwickeln. In dieser Hinsicht erfordert der Wiederaufbau einer klassenkämpferischen Linken eine unmissverständliche Position zu den bürgerlichen Institutionen. Eine solche Position muss mit umso größerer Vorsicht und taktischer Entschiedenheit angegangen werden, als weite Teile der Bevölkerung auf Distanz zur (offiziellen) Politik gegangen sind. Weite Teile des modernen Proletariats beispielsweise sind desillusioniert oder oftmals angeekelt von den Machenschaften der bürgerlichen Institutionen, egal ob unter einer linken oder rechten Regierung.

Der Wiederaufbau einer klassenkämpferischen Linken muss einhergehen mit der Wiederentstehung eines Klassenbewusstseins. Ein langer und komplizierter Prozess, in dem Propaganda und praktische Schritte mit intensiven Bemühungen verknüpft werden müssen, abgerissene Kontakte wieder zu erneuern, abgebrochene oder nie begonnene Diskussionen wieder aufzunehmen, zunehmend gelockerte soziale Verankerungen wieder herzustellen und verschüttete Traditionen der Arbeiterbewegung wiederzubeleben, wie gegenseitige Hilfe, Kampffonds, Volkshäuser etc. Dies ist das Anliegen von Sinistra Critica.

Übersetzung MiWe

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