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Iran: Mansour Osanloo frei!

Von Roman Bender | 01.02.2007

Am 19.12.06 wurde der Vorsitzende der Teheraner Busfahrergewerkschaft (Sherkat-e Vahed) freigelassen, nachdem er am 19. November erneut inhaftiert worden war. Viele seiner Kollegen und AktivistInnen anderer Gewerkschaften sitzen noch in Haft. Die Freilassung ist in diesem Fall wohl hauptsächlich auf den sehr schnell einsetzenden internationalen Druck zurückzuführen. Neben vielen Solidaritätsgruppen hat vor allem die sehr rege Internationale Transportarbeitergewerkschaft ITF (Mitglied im Internationalen Gewerkschaftsbund IGB, dem früheren IBFG) dazu beigetragen

Am 19.12.06 wurde der Vorsitzende der Teheraner Busfahrergewerkschaft (Sherkat-e Vahed) freigelassen, nachdem er am 19. November erneut inhaftiert worden war. Viele seiner Kollegen und AktivistInnen anderer Gewerkschaften sitzen noch in Haft.

Die Freilassung ist in diesem Fall wohl hauptsächlich auf den sehr schnell einsetzenden internationalen Druck zurückzuführen. Neben vielen Solidaritätsgruppen hat vor allem die sehr rege Internationale Transportarbeitergewerkschaft ITF (Mitglied im Internationalen Gewerkschaftsbund IGB, dem früheren IBFG) dazu beigetragen. Osanloo war erst im August nach über siebenmonatiger Haft und einer internationalen Kampagne gegen eine Kaution von $ 165 000 (150 Mio. Toman) freigelassen worden. Jetzt musste er, bzw. der Kreis seiner UnterstützerInnen, eine zusätzliche Kaution aufbringen.
ArbeiterInnen unter Druck
1981, zwei Jahre nach dem Sturz des Schah-Regimes, hatten sich die Mullahs endgültig gegen linksnationalistische und linke Strömungen der „iranischen Revolution“ durchgesetzt und gingen rabiat gegen die ArbeiterInnenbewegung vor. Nicht nur die 1979 gegründete Busfahrergewerkschaft wurde verboten, massenweise landeten Linke in den Gefängnissen. Ernsthafte Schätzungen gehen davon aus, dass Zehntausende ermordet wurden.

Sowohl der Krieg mit dem Irak (1980-88) als auch die strikte Privatisierungspolitik hatten zur Folge, dass der Lebensstandard der ArbeiterInnen ständig sank. Zunächst revoltierten die Ölarbeiter (Khusistan), doch aufgrund der strategischen Bedeutung dieses Sektors wurden diesem Teil der Klasse gewisse Zugeständnisse gemacht. Gleichzeitig wurden die dort arbeitenden Menschen weitgehend vom Reiseverkehr und der Kommunikation mit anderen Regionen abgehängt.

Seit einigen Jahren verschärft sich die Lage der ArbeiterInnen im gesamten Land dramatisch. Mindestens 2 Mio. Menschen (andere Schätzungen gehen von 3 Mio. aus) haben das Land verlassen. ImmigrantInnen aus dem Irak und aus Afghanistan sind Rechtlose, die verbreitet als LohndrückerInnen eingesetzt werden. Die iranische Gesellschaft ist aufgrund der hohen Geburtenrate eine sehr junge Gesellschaft. Jedes Jahr drängen 700 000 Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt, nur 200 000 finden einen Job.

Einige Wirtschaftszweige hängen vollkommen durch, vor allem die Textilindustrie. Aber nicht nur dort warten die ArbeiterInnen oft monatelang auf ihre Löhne. Kein Wunder, dass besonders in diesen Bereichen sich die größte Wut angesammelt hat. Streiks zur Auszahlung von Löhnen oder für Lohnerhöhungen fanden vor allem in der Textil- und in der Werftindustrie statt. Die Reallöhne der Busfahrer sind z. B. seit 1979 um 45% gesunken. Dies war der Grund, weshalb sich AktivistInnen 2005 entschlossen, in Lohnverhandlungen einzutreten und dazu die Gewerkschaft der Vahed-Beschäftigten (Busfahrer in Teheran und den Vorstädten, einem Ballungsraum von 14 Mio. Menschen) wieder zu gründen.
Scharfe Repression
In kaum einem Land ist die ArbeiterInnenbewegung so unter Druck wie im Iran. Selbst die bisher für rein defensive Forderungen organisierten Streiks werden brutal unterdrückt. Offiziell ist im Iran nur eine Gewerkschaft anerkannt, nämlich die Islamischen Arbeiterräte, die aber nur der verlängerte Arm des Arbeitsministeriums sind. Als die Vahed-Beschäftigten die Gründungsversammlung ihrer Gewerkschaft vorbereiteten, wurden sie massiv unter Druck gesetzt. Am 22.12.06 wurde ihr Vorsitzender, M. Osanloo, verhaftet und im berüchtigten Ewin-Gefängnis für politische Gefangene inhaftiert und ist erst im August wieder freigekommen. Am 25.9.06 schrieb er an die „Kommission zur Überprüfung und Einhaltung der Menschenrechte“ u. a.: „ Manchmal war ich mit einem oder zwei weiteren Gefangenen in der Zelle, die aufgrund von Anschuldigungen unterschiedlicher Natur inhaftiert waren. Einer von ihnen gehörte dem Netzwerk Al-Kaida an und glaubte, wenn er 7 Schiiten umbringen würde, dann werde er ins Paradies gelangen.“

Seine Familie wird ständig bedroht, und er wird unaufhörlich zur Ausreise aufgefordert. Bereits während einer Reise zu einem ILO-Seminar in Täbriz am 8. November 2006 wurde er erneut kurzfristig verhaftet. Er solle möglichst „freiwillig“ unter Quarantäne leben, sonst drohe erneut die Verhaftung. Einige seiner Kollegen sind seit Wochen in Haft, aber auch andere GewerkschaftsaktivstInnen sitzen ein.

Das Regime spürt ganz zweifellos die wachsende Bereitschaft von Seiten der ArbeiterInnenklasse, sich zu organisieren und sich kollektiv zur Wehr zu setzen. Schließlich war der tagelange Streik der Busfahrer vor einem Jahr, als sie die Freilassung ihres Gewerkschaftsvorsitzenden verlangten, mindestens ein Teilerfolg. Noch funktionieren einige der Ablenkungsmanöver des Präsidenten Ahmadinedschad, vor allem die Atompolitik und die antisemitischen Ausfälle, zumal das Regime durchaus auch eine eigene Basis hat. Aber es ist mit einer Zuspitzung der Auseinandersetzungen zu rechnen. Die internationale Solidarität mit inhaftierten GewerkschafterInnen wird in Zukunft sicherlich noch wichtiger werden.

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