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Länder

Greba orokorra! – Generalstreik!

Von Philipp Xanthos | 01.03.2008

Weitgehend unbeachtet von den Medien Europas rollt eine neue Repressionswelle über das kleine Baskenland. Nach dem Verbot der 2001 gegründeten baskischen linken Unabhängigkeitspartei Batasuna (Einheit) 2003 wurde nun zwei weiteren baskischen linken Parteien vom spanischen Staat jegliche Aktivität untersagt – um in einer zweiten Runde ein Verbot über die Bühne zu bekommen. Bankkonten wurden gesperrt, Büros geschlossen, Websites abgeschaltet.

Weitgehend unbeachtet von den Medien Europas rollt eine neue Repressionswelle über das kleine Baskenland. Nach dem Verbot der 2001 gegründeten baskischen linken Unabhängigkeitspartei Batasuna (Einheit) 2003 wurde nun zwei weiteren baskischen linken Parteien vom spanischen Staat jegliche Aktivität untersagt – um in einer zweiten Runde ein Verbot über die Bühne zu bekommen. Bankkonten wurden gesperrt, Büros geschlossen, Websites abgeschaltet.

Während die EHAK (Kommunistische Partei der Baskischen Länder) bislang neun Abgeordnete im spanischen Parlament hatte, stellt die antifaschistische EAE-ANV (Baskisch Patriotische Aktion) zahlreiche Bürgermeister und Gemeinderäte im Baskenland, die vorerst im Amt bleiben dürfen.
Die Methode
Die Methode, um Dissidenten-Organisationen verbieten zu können, ist immer die gleiche: Angebliche Verbindungen zur 1959 im Widerstand gegen die Franco-Diktatur gegründeten bewaffneten Organisation Euskadi ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) werden konstruiert, was Gerichten, PolitikerInnen und Massenmedien vollkommen ausreicht. So war bereits die Batasuna verboten worden. Und durch die nun unterstellten Verbindungen der genannten Parteien zur Batasuna wird der Domino-Effekt in der Rechtssprechung deutlich. Der im letzten Jahr durchgeführte Massenprozess gegen 50 politisch Missliebige, der ohne Beweise in die Länge gezogen wurde, ist ein weiteres Beispiel für die Elastizität demokratischer Standards im spanischen Staat.
Verhaftungen
Zur gleichen Zeit kam eine neue Verhaftungswelle in Gang. Zu den bislang 600 baskischen politischen Gefangenen (davon etwa 150 in Frankreich, 450 in Spanien) kommen beinahe täglich neue hinzu. Die Spanische Polizei (eigentlich eine paramilitärische Truppe) ist dafür bekannt, dass sie willkürlich und äußerst brutal vorgeht und die Gefangenen systematischer Folter und Isolationshaft unterzieht.

Bereits ein Zeitungs-Interview mit der baskischen Zeitung Gara reichte aus, um den prominenten Sprecher der Unabhängigkeitsbewegung Karmelo Landa unverzüglich verhaften zu lassen.

Er hatte auf eine Frage bezüglich Hilfe von Seiten der EU geantwortet „Wir werden noch viele Hindernisse überwinden müssen, bis wir in Straßburg und in Europa im allgemeinen erfolgreich bekanntmachen, was hier passiert. Es ist deshalb schwierig, weil wir sofort, wenn wir eine Pressekonferenz oder ein Interview wie dieses geben, im Gefängnis landen. Es geht gar nicht um politische Propaganda, es geht schlicht und einfach um die nötige Information.“ 

Landa hat sein eigenes Schicksal treffend vorausgesagt. Doch er mag sich irren, wenn er glaubt, dass zivilgesellschaftliche Europa hätte nicht die nötigen Informationen. Der Ausnahmezustand zwischen Biskaya und Ebro wird schlicht ignoriert. Bestenfalls gibt man sich in den großen Tageszeitungen hin und wieder entsetzt über Morde durch die ETA, während die sozialen und politischen Bedingungen ausgeblendet werden. So ist es ein Fehler,  auf den Schutz bürgerlicher Grundrechte durch eine höhere Ebene zu hoffen, den nur emanzipatorische Massenaktivität garantieren kann. Ist eine neue Stufe des Kampfes vieler BaskInnen für Unabhängigkeit erreicht? Ein legales politisches Engagement der linken Unabhängigkeits-BefürworterInnen ist durch die Verweigerung demokratischer Artikulationsmöglichkeiten im Grunde kaum noch möglich. Mit den jüngsten Ereignissen hat die regierende Sozialistische Partei PSOE bewiesen, dass sie der post-frankistischen PP in Sachen Repression in nichts nachsteht. Pünktlich zu den Parlamentswahlen am 9. März.
Die Reaktionen
Bereits in der Nacht vor dem betreffenden Richterspruch hatte die ETA einen Anschlag auf ein Gerichtsgebäude verübt, bei dem ein großer Sachschaden entstand. Die Wirkung dieser „Heldentat“ ist freilich fraglich. Am Sonntag danach (10.02.)  fand trotz Verbot und Polizeigewalt eine militante Demonstration von Tausenden Menschen statt. Zugleich wurde von der Gewerkschaft LAB (Patriotische Arbeiterversammlungen) kurzfristig für den 14. Februar zu einem politischen Generalstreik aufgerufen (im Vergleich dazu: Der DGB braucht für eine einfache Großdemonstration einen Vorlauf von einem halben Jahr). An diesem Tag blieben Schulen und Universitäten geschlossen, ebenso zahlreiche Läden und Fabriken. Die großen Tageszeitungen stellten die Produktion ein – obwohl dieser Streik von vornherein von der Bourgeoisie als „illegal“ deklariert wurde. Etwa 60 Kundgebungen und Demonstrationen fanden statt, die größten mit jeweils über 3500 Personen in Bilbao und San Sebastián. In Sprechchören forderten DemonstrantInnen Unabhängigkeit und Sozialismus.

Bei aller Heterogenität und Widersprüchlichkeit der politischen und strategischen Konzeptionen ist Solidarität mit dem kapitalismuskritischen Flügel der baskischen Unabhängikeitsbewegung geboten. 

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