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Innenpolitik

Gegen Bolkestein und für 10 Euro Mindestlohn

Von RSB | 01.01.2006

In der letzten Zeit hat das Ideal der Liberalisierung und der Privatisierungen in den Augen vieler Menschen erste Risse bekommen. Aber deswegen werden noch lange nicht die Herrschenden an der Umsetzung neoliberaler Politik gehindert. Dafür ist der Widerstand noch zu schwach und die Vorstellungen von Alternativen in den meisten Fällen viel zu diffus.

In der letzten Zeit hat das Ideal der Liberalisierung und der Privatisierungen in den Augen vieler Menschen erste Risse bekommen. Aber deswegen werden noch lange nicht die Herrschenden an der Umsetzung neoliberaler Politik gehindert. Dafür ist der Widerstand noch zu schwach und die Vorstellungen von Alternativen in den meisten Fällen viel zu diffus.

Geradezu erbärmlich sind die Alternativvorschläge des DGB und der Vorstände der Einzelgewerkschaften. Beispielhaft dafür ist das Interview des DGB-Vorsitzenden Sommer in der Frankfurter Rundschau vom 21. 12. 05. Statt die Dienstleistungsrichtlinie in den Zusammenhang kapitalistischer Politik und des existierenden Wirtschaftsmodells zu setzen, schwadroniert er davon, dass es ihm bei seiner Ablehnung der Bolkestein-Richtlinie nicht darum gehe, ”einen offenen Binnenmarkt für Dienstleistungen zu verhindern. Auch wir wollen einen Binnenmarkt für Dienstleistungen, der ja auch deutschen Firmen Chancen bietet.”
Wer nicht begreifen will, dass es gerade in der Natur der Konkurrenzwirtschaft liegt, dass an den Löhnen gespart werden soll, um die Profite zu stabilisieren bzw. zu steigern, der wird aus diesen Widersprüchen nie herauskommen und deshalb zwangsläufig untaugliche Rezepte vorschlagen.

Sommers Rezept gegen Lohndumping ist vollkommen widersprüchlich. Auf die Frage nach der Einführung von Mindestlöhnen antwortet er: “Meine Position ist eindeutig: Ich bin für gesetzliche Mindestlöhne in den Branchen, in denen die Tarifverträge nicht voll greifen. Wo sie die Arbeitnehmer schützen, steht die Tarifautonomie immer im Vordergrund.”

Wie sollen die KollegInnen geschützt werden, wenn es keinen allgemein verbindlichen, für alle gleichen und einklagbaren Mindestlohn gibt? Sommer schwafelt davon, dass es ”eine Grenze nach unten geben muss”, aber er nennt keine einzige Zahl. Das ist kein Zufall, denn die DGB-Gewerkschaften haben in vielen Fällen Tariflöhne weit unterhalb des Existenzminimums abgeschlossen. So sind die meisten LeiharbeiterInnen in den Entgeltgruppen 1 und 2 eingestuft und verdienen – mit dem Segen des DGB – ab 1. 1. 2006 gerade mal 7,20, bzw. 7,62  Euro (gemäß dem MTV, den der DGB am 11.6.2003 mit dem Bundesverband Zeitarbeit, BZA, abgeschlossen hat).
Wer wirklich gegen “Lohndumping” ist muss tatsächlich gegen die Dienstleistungsrichtlinie und für einen Branchen übergreifenden gesetzlichen Mindestlohn kämpfen (und nicht nur einen Brief an die Kanzlerin schreiben). Denn beides gehört zusammen wie die zwei Seiten einer Medaille.
In der sozialen und der Gewerkschaftsbewegung müssen wir uns stark machen für:

  • •   die bedingungslose Zurückweisung der Dienstleistungsrichtlinie,
  • •   für einen Mindestlohn von 10 Euro in der Stunde,
  • •   für offene Grenzen und die Herstellung praktischer Solidarität zwischen den Belegschaften international operierender Konzerne,
  • •    für eine offensive Lohnpolitik und die Revision aller Tarifverträge mit Billiglöhnen,
  • •    für eine breite Kampagne zum Verbot von Massenentlassungen,
  • •    für die Entprivatisierung von Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, nicht nur aber auch im Gesundheitssektor (vgl. Seite 8-9).
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