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G8-Gipfel 2007: Wie alles anfing (Teil 2)

Von Thadeus Pato | 01.12.2006

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Ginge es nach den Herren Hardt und Negri, so würde, wie sie in ihrem Buch „Empire“ schreiben, „im Gegensatz zum Imperialismus“ das „Empire“ kein „territoriales Zentrum der Macht“ etablieren. Die Wirklichkeit will sich allerdings nicht so recht nach den beiden richten. Denn zunächst und vor allem stellen die G8-Staaten, wie wir im ersten Teil dieser Artikelserie belegten, die Zusammenballung der wirtschaftlichen Macht dieses Planeten dar. Und es ist kein „modulierendes Netzwerk von Kommandos“ (Hardt/Negri), das sich hier jährlich versammelt:

Ginge es nach den Herren Hardt und Negri, so würde, wie sie in ihrem Buch „Empire“ schreiben, „im Gegensatz zum Imperialismus“ das „Empire“ kein „territoriales Zentrum der Macht“ etablieren. Die Wirklichkeit will sich allerdings nicht so recht nach den beiden richten …

Denn zunächst und vor allem stellen die G8-Staaten, wie wir im ersten Teil dieser Artikelserie belegten, die Zusammenballung der wirtschaftlichen Macht dieses Planeten dar. Und es ist kein „modulierendes Netzwerk von Kommandos“ (Hardt/Negri), das sich hier jährlich versammelt: Es sind die politischen Sachwalter (oder, altmodisch formuliert, ideellen Gesamtkapitalisten) jener ganz konkret geographisch verortbaren Kapitalien, die nicht erst seit gestern die Welt unter sich aufteilen.

Als die traute Runde zum ersten Mal am Kamin des damaligen französische Präsidenten Giscard d’Estaing auf Schloss Rambouillet zusammensaß, da ging es um die Währungspolitik. Das noch im zweiten Weltkrieg (1944) in Bretton Woods von 44 Staaten vereinbarte Währungssystem mit dem Dollar als (garantiert goldgedeckte) Leitwährung war 1973 endgültig zusammengebrochen, nachdem der amerikanische Präsident Nixon 1971 die Garantie auf Einlösung des Dollar in Gold widerrufen hatte. (Was allerdings bestehen blieb, waren die zwei Institutionen, die damals ebenfalls aus der Taufe gehoben worden waren, nämlich die Weltbank und der Internationale Währungsfonds.) Und jetzt waren es nicht mehr 44 Staaten, die über das Währungssystem der Zukunft sprachen und dabei wie selbstverständlich über die finanzpolitische Zukunft des Globus bestimmten, sondern nur fünf.
Exklusiver Club
Natürlich waren und sind sich die erst fünf, dann sieben und jetzt acht nicht immer einig gewesen – außer darin, dass sie den Club schön exklusiv halten wollen. Einige Veränderungen hat es allerdings gegeben – nicht nur die, dass nacheinander Kanada und Italien (1976) und schließlich noch Russland (1998) hinzukamen. Denn inzwischen sitzt auch die Europäische Union mit am Tisch.

Letzteres illustriert zweierlei Phänomene: Zum einen, dass die Gründung der EU tatsächlich der Versuch der verschiedenen europäischen Kapitalgruppen ist, dem übermächtigen nordamerikanischen Kapital mit einem eigenen Binnenmarkt und einer gemeinsamen Währungspolitik (zu Beginn der G5 noch die sogenannte „Währungsschlange“, jetzt der Euro) Paroli zu bieten. Zum anderen kann man allerdings auch daran ablesen, dass es in der ach so demokratischen EU Mitglieder gibt, die zusätzlich zur EU-Kommission persönlich vertreten sind – Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien. Some beasts are more equal, wie George Orwell sagt. Denn innerhalb der EU herrscht in verkleinertem Maßstab eine ebensolche Hackordnung wie auf dem gesamten Globus – das Sagen haben die Geldsäcke.

Am Anfang ging es hauptsächlich um Wirtschafts- und Währungsfragen. Denn kurz nach dem Sturz des Dollar kam die sogenannte erste Ölkrise – es gab erheblichen Koordinierungsbedarf. In der Folge stellte man dann fest, dass es ganz günstig wäre, wenn man zur Umsetzung der im kleinen Kreis besprochenen Vorhaben sich noch so eine Art Transmissionsriemen installieren würde. Diesen Zweck erfüllt inzwischen die sogenannte Gruppe der Zwanzig, die 1999 gegründet wurde.
Bei den ebenfalls jährlichen Treffen der G20 (dieses Jahr im November in Melbourne/Australien) sind es dementsprechend die kleinen Chefs, die sich ein Stelldichein geben: die Finanzminister und Zentralbankchefs der G8 und 12 weiterer Staaten, die EU-Präsidentschaft (wenn diese zu diesem Zeitpunkt nicht von einem G8-Staat besetzt ist), der Präsident der Europäischen Zentralbank, der Geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds, der Vorsitzende des Internationalen Währungs- und Finanzausschusses (IMFC), der Präsident der Weltbank – die ideale Besetzung also, um die finanz-, wirtschafts- und währungspolitischen Vorgaben der G8 in Abkommen umzusetzen. Was die Struktur betrifft, so halten es die G20 genau so wie die G8. Es handelt sich nicht um eine offizielle internationale Institution, sondern um einen „informellen Zusammenschluss“. Das hat den grossen Vorteil, dass man Schmuddelkinder draussen halten kann.

Wie bei dieser klar zutage liegenden internationalen Hierarchie mit der Steuerung durch eine Handvoll kapitalistischer Zentren der Nordhalbkugel die bereits zitierten Herren Hardt und Negri dazu kommen, zu konstatieren, dass wir es mit einer „Auflösung der internationalen Ordnung“ zu tun hätten, muss wohl ihr persönliches Geheimnis bleiben. Die Damen und Herren G8 waren nie so gut organisiert wie heute. Und sie verfügen auch über die Mittel, ihren Vorhaben den nötigen Nachdruck zu verleihen. Doch davon das nächste Mal.

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