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G8-Gipfel 2007: Die Programmerweiterung (Teil 7)

Von Thadeus Pato | 01.05.2007

Seit mehr als zwanzig Jahren sind sich ÖkologInnen und speziell KlimaforscherInnen darüber im Klaren, dass die herrschende Art zu leben und insbesondere zu produzieren den Globus zugrunderichtet. Etwa ebenso lange haben die Mächtigen dieser Welt diese Prognosen angezweifelt, verniedlicht oder schlicht ignoriert. Nun hat die flotte Kanzlerin Angela offensichtlich ihr Herz für den Klimaschutz entdeckt …

Seit mehr als zwanzig Jahren sind sich ÖkologInnen und speziell KlimaforscherInnen darüber im Klaren, dass die herrschende Art zu leben und insbesondere zu produzieren den Globus zugrunderichtet. Etwa ebenso lange haben die Mächtigen dieser Welt diese Prognosen angezweifelt, verniedlicht oder schlicht ignoriert. Nun hat die flotte Kanzlerin Angela offensichtlich ihr Herz für den Klimaschutz entdeckt …

Im fünften Teil dieser Serie beschäftigten wir uns mit der geplanten Tagesordnung des G8-Treffens (s. avanti Nr. 3/2007). Inzwischen ist die Agenda, groß angekündigt auf der G8-Website der Bundesregierung, um den Klimaschutz erweitert worden. Denn unsere Kanzlerin hat bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen: „Für Bundeskanzlerin Angela Merkel steht fest: Der aktuelle Bericht des Weltklimarates bestätigt, dass der Klimawandel eine Tatsache ist.“  Es ist für den einfachen Bürger immerhin beruhigend, dass PolitikerInnen gelegentlich in der Lage sind, wissenschaftliche Erkenntnisse zu akzeptieren, auch wenn sie ihnen nicht in den Kram passen. Dass allerdings ausgerechnet die Frau, die unter Kohl vor 15 Jahren Umweltministerin war, den Klimawandel erst jetzt entdeckt hat, lässt einen an der Auffassungsgabe der promovierten Physikerin zweifeln.
Technokratische Lösungen
Allerdings darf man sicher sein, dass die „Lösungen“, die in Heiligendamm bezüglich des Klimawandels präsentiert werden, sich vor allem an zwei Vorgaben ausrichten werden: Die Wirtschaft, sprich das Kapital, darf nicht geschädigt werden, und die Maßnahmen müssen sich streng nach den Regeln des Marktes richten. Was das erstere betrifft, so handelt es sich in Deutschland in erster Linie um die Autoindustrie. Da wird eifrig in die falsche Richtung diskutiert, nämlich, wie man die Autos „umweltfreundlicher“ machen könne, statt das einzig Richtige zu tun, nämlich den Individualverkehr in seiner heutigen Form in Frage zu stellen. Das ganze Geschrei um CO2-Grenzwerte bei den Autoabgasen soll nur verdecken, dass nicht im Traum daran gedacht wird, das Problem an der Wurzel anzupacken. Stattdessen ventiliert die Kanzlerin öffentlich das Dümmste, was einem einfallen kann, nämlich, das entstehende CO2 erst einmal unterirdisch einzulagern. Bis zur nächsten Katastrophe.
… und Emissionshandel …
Die klassisch marktwirtschaftliche Lösung, die bereits praktiziert wird, ist der sogenannte Emissionshandel. Man stelle sich vor, einem jeden deutschen Bürger würde erlaubt, sogenannte Verschmutzungsrechte zu erwerben und mit diesem Zertifikat dann meinetwegen seinen Müll in den Wald zu kippen. Ein absurder Gedanke? Die Industrie darf das. Sie erwirbt, wenn ihre Fabriken zu dreckig sind, eben solche Verschmutzungsrechte von „sauberen“ Unternehmen und bläst ihren Dreck dann weiter in die Luft. Letztendlich eine Frage der betriebswirtschaftlichen Kalkulation: Wenn die notwendigen Investitionen zur Reduzierung des Dreckausstoßes zu teuer sind, dann kauft man Zertifikate. Wenn es sich rechnet, betreibt man „Klimaschutz“. Die Frage, ob die jeweilige Produktion überhaupt notwendig ist, darf nicht gestellt werden. Das wäre ja nicht marktwirtschaftlich und damit vom Teufel.
… gegen immer die gleichen Opfer
Und zahlen werden die Zeche in jedem Fall die, die vom Klimawandel als erste betroffen sind, nämlich die BewohnerInnen der sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländer. Fidel Castro hatte völlig recht, als er neulich die Pläne scharf kritisierte, die Landwirtschaft in Brasilien auf die Produktion von Biosprit für die USA auszurichten: Folge werden erneut riesige Monokulturen, Abholzung und Mangel an Agrarprodukten für den einheimischen Markt sein. Aber auch die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt in diesen Ländern wird durch die oben skizzierte Strategie extrem behindert. Ausgerechnet der Kontinent, der so gut wie gar nicht für den Klima-GAU verantwortlich ist, wird am stärksten leiden. Dafür hat man dann ein Trostpflästerchen in der Form von ein paar hundert Millionen zur „Bekämpfung der Folgen des Klimawandels“ vorgesehen:  Das Thema „Afrika“ steht ja auch auf der Agenda der G8 (s. avanti Nr. 4/2007). Die Maßnahmen, die die G8 zum Klimaschutz diskutieren werden, haben mit Umweltschutz nur am Rande zu tun. Sie lassen sich in drei Worten zusammenfassen: zynisch, kurzsichtig und rassistisch. Auch in diesem Punkt sind die großen Acht nur an einem interessiert: Ihre Herrschaft über den Globus aufrechtzuerhalten, koste es, was es wolle. Zeit, dass ihnen das Handwerk gelegt wird. Wir werden sie in Heiligendamm nicht stoppen können. Aber wir können dort demonstrieren, dass wir etwas dagegenzusetzen haben: Solidarität gegen Wettbewerb, Internationalismus gegen Nationalismus, eine andere, bessere Welt gegen die der MachtpolitikerInnen und Konzerne.

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