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Länder

G8-Gipfel 2007: Der Kontinent, den es nicht gibt (Teil 6)

Von Thadeus Pato | 01.04.2007

Der vor kurzem verstorbene polnische Journalist Ryszard Kapuscinski schrieb in dem Vorwort zu seiner Reportagensammlung Afrikanisches Fieber: „In Wirklichkeit gibt es dieses Afrika gar nicht, außer als geographischen Begriff“. Für die G8 gibt es Afrika durchaus – der Kontinent steht auf der Agenda des Treffens im Juni.

Der vor kurzem verstorbene polnische Journalist Ryszard Kapuscinski schrieb in dem Vorwort zu seiner Reportagensammlung Afrikanisches Fieber: „In Wirklichkeit gibt es dieses Afrika gar nicht, außer als geographischen Begriff“. Für die G8 gibt es Afrika durchaus – der Kontinent steht auf der Agenda des Treffens im Juni.

„Europa möchte in einen offenen Dialog mit Afrika eintreten. Dazu müsse dem schwarzen Kontinent mehr Gehör verschafft werden“ – so wird die deutsche Kanzlerin auf der Website der Bundesregierung zitiert. Hehre Ziele, doch die Wahrheit liegt wie so oft woanders. Zwar macht der afrikanische Außenhandel nur 2% der weltweiten Handelsströme aus (und davon entfallen fast die Hälfte auf die drei Länder Südafrika, Algerien und Nigeria), aber noch 2004 ging davon immerhin etwa die Hälfte in die Europäische Union. Das beginnt sich allerdings zu ändern. China hat in den letzten Jahren systematisch begonnen, nicht nur massiv aus den afrikanischen Ländern zu importieren, sondern auch nach Afrika zu exportieren. Hinzukommt, dass China den afrikanischen Staaten im November auf einem Gipfeltreffen in Peking bereits fünf Milliarden Dollar an Krediten in Aussicht gestellt hat – ohne größere politische Vorbedingungen und zumeist zinslos. Die chinesische Regierung offeriert Komplettlösungen für Infrastrukturprojekte und das zu teilweise um ein Mehrfaches niedrigeren Kosten, als dies europäische Firmen tun. Da wollen und müssen die G8 dagegenhalten und das ist der tatsächliche Grund für das plötzlich erwachte Interesse an der „Entwicklung“ des zweitgrößten Kontinents der Erde. Denn China hat rasch aufgeholt: War es 1995 noch 1% des Außenhandels Afrikas, das mit China abgewickelt wurde, sind es derzeit etwa 10%. Im gleichen Zeitraum ging der Anteil der EU auf 32% zurück.
Um was es geht
Afrika ist wahrscheinlich der reichste Kontinent der Erde, wenn es nach den natürlichen Ressourcen geht. Und deshalb wurde und wird es auch gnadenlos ausgebeutet. Erdöl ist das wichtigste Exportprodukt (42% aller Exporte). Gold, Diamanten und Metallerze machen 14,5% des Exports aus Afrika aus. Zudem befinden sich in Afrika etwa 20 – 40% der weltweiten Uranvorkommen, über 80% der Platin-, etwa 40% der Vanadium-, über 80% der Mangan-, ca. 50% der Kobalt-, über 80% der Chromit- und etwa 18% der Titanvorkommen. Und alle diese Rohstoffe sind für die Industriegesellschaften lebenswichtig – und sie werden zum Teil auch knapp. So hat die Konkurrenz um den Zugang zu Afrikas Kupfer den Preis zum Beispiel auf das Niveau von Anfang der siebziger Jahre getrieben. Es geht also um nicht weniger als um einen Wettlauf, wer bei dem Zugriff auf die Bodenschätze die Nase vorn behält. Und da haben derzeit die chinesischen Unterhändler die besseren Karten. Also muss dringend eine Strategie her, wie der Vormarsch der Konkurrenten aus Fernost zu stoppen ist. Denn die belassen es nicht beim Einkauf von Rohstoffen, auch wenn sie dabei schon weit gekommen sind. (Wie das „Handelsblatt“ meldete, ist China im Sudan bereits mit Abstand der größte Erdölförderer, Angola stieg 2006 zum größten Rohöllieferanten Pekings auf und insgesamt kommt inzwischen über ein Viertel der chinesischen Öleinfuhren aus Afrika; aus Südafrika beziehen die Chinesen vor allem Kohle, Platin und Eisenerz.) China exportiert daneben massenhaft billige Waren nach Afrika und investiert dort auch nicht nur in die Rohstoffförderung, sondern kauft auch Produktionsbetriebe auf, insbesondere im Textilbereich, um damit die Einfuhrbeschränkungen für chinesische Produkte in Drittländern zu umgehen. Chinas Direktinvestitionen stiegen 2006 auf 6,6 Milliarden Dollar.
Entwicklung?
Geht man nach der oben zitierten Website der Bundesregierung, so will man dem gebeutelten Afrika bei der „Entwicklung“ helfen. Da ist man dann sogar so generös, längst Versprochenes auch tatsächlich zu bezahlen: „Zugleich sicherte die Kanzlerin den afrikanischen Staaten ….zu, die vereinbarten Finanzmittel für die Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen.“ Dass diese Entwicklungshilfe über Jahrzehnte zum größten Teil nur dazu diente, korrupte und diktatorische Regimes zu alimentieren, die einem dann die Reichtümer des entsprechenden Landes für ein Butterbrot verkauften, davon ist natürlich keine Rede. Und so wird es auch beim G8-Treffen nicht darum gehen, die Lage der Bevölkerung in Afrika zu verbessern, sondern ausschließlich darum, wie der Zugriff auf die dort vorhandenen Ressourcen gesichert werden kann – mit oder ohne Fremdenlegion.
Und da wird den infernalischen Acht sicher etwas einfallen – todsicher. 

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