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Ökologie

Für ein Leben ohne Urananreicherung!

Von Korrespondent Gronau | 01.04.2010

Am 21. Januar 2010 um 14.30 Uhr kam es in der Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau zu einem schweren Zwischenfall, bei dem ein 45-jähriger Arbeiter radioaktiv kontaminiert wurde (s. Avanti Februar 2010). Dies war der bisher schwerste Zwischenfall seit der Inbetriebnahme der Anlage im August 1985. Bereits seit 1987 gab es bei der von der Firma URENCO betriebenen Anlage zahlreiche Pannen und Zwischenfälle, weshalb die Menschen hier in der Umgebung von der „Pannen-UAA“ sprechen.

Am 21. Januar 2010 um 14.30 Uhr kam es in der Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau zu einem schweren Zwischenfall, bei dem ein 45-jähriger Arbeiter radioaktiv kontaminiert wurde (s. Avanti Februar 2010). Dies war der bisher schwerste Zwischenfall seit der Inbetriebnahme der Anlage im August 1985. Bereits seit 1987 gab es bei der von der Firma URENCO betriebenen Anlage zahlreiche Pannen und Zwischenfälle, weshalb die Menschen hier in der Umgebung von der „Pannen-UAA“ sprechen.

Als im Jahr 1976 bekannt wurde, dass Gronau zum Standort der ersten und bisher einzigen Urananreicherungsanlage in der BRD „auserkoren“ wurde, regte sich sofort der Widerstand und eine Bürgerinitiative gegen die Urananreicherungsanlage Gronau wurde gegründet. Diese wurde später umstrukturiert und in den Arbeitskreis Umwelt Gronau (AKU) umbenannt. Zur gleichen Zeit existierte auch schon die Euregio Konferenz gegen Atomanlagen (EuKo), in der niederländische und deutsche Atomkraftgegner­Innen aktiv waren. Schon vor der Inbetriebnahme der UAA gab es zahlreiche Aktionen gegen die damals im Bau befindliche Anlage. Im Juni 1985 fand eine erste für uns am Ort „große“ Demo mit 200 Personen statt. 1986 weihte dann Bundesforschungsminister Riesenhuber die schon im Betrieb befindliche UAA „offiziell“ ein.

Dabei kam es zu Protesten von 300 Atomkraftgegnern und zum Tränengaseinsatz „der Hüter der Ordnung“ sowie zu einer Festnahme. Der erste „Sonntagsspaziergang“ an der UAA fand dann im September 1986 statt. Bis heute wird er regelmäßig am ersten Sonntag im Monat um 14.00 Uhr direkt an der UAA durchgeführt  – solange bis URENCO dicht macht. In den folgenden Jahren gab es mehrere große Demonstrationen und zahlreiche kleinere Aktionen. 1989 wurde der erste Ostermarsch zur UAA in Gronau mit über 200 Menschen veranstaltet. Am 4. April 2010 (Ostersonntag) sind alle eingeladen, sich am Ostermarsch zur UAA Gronau zu beteiligen. Start ist ab 13.00 Uhr an der roten evangelischen Stadtkirche im Zentrum von Gronau.
Ausbau der UAA
Das Energieministerium NRW erteilte 2005 die Genehmigung zum Ausbau der UAA. Das bedeutet eine Erhöhung der Kapazität auf 4 500 Tonnen (1985 wurden 1 000 Tonnen genehmigt). Außerdem wurde gleichzeitig ein Standortlager der Urenco für 59 000 Tonnen abgereichertes Uran direkt an der UAA Gronau genehmigt. Bis 2004 erreichte die Kapazität der Anlage 1 800 Tonnen angereichertes Uran. Diese Menge reicht für die Versorgung von 14 großen Atomkraftwerken. Urenco versorgt z. Zt. Atomkraftwerke in 15 Staaten der Welt.
Atommüll unter freiem Himmel
Bei dem Anreicherungsprozess in Gronau entstehen riesige Mengen an abgereichertem Uran als „Abfallprodukt“. Dieses in der Rüstungsindustrie sogenannte „Depleted Uranium“ wird vom Militär zur Verhärtung von Geschossköpfen benutzt. So entstehen die sogenannten „Bunker Busters“ (bunkerknackende Bomben). Solche Bomben wurden von den US-Streitkräften massenhaft im 2. Golfkrieg und 1999 im Jugoslawienkrieg eingesetzt. Die „Überbleibsel“ und Blindgänger verseuchen noch heute und weiterhin große Gebiete im Irak und  im ehemaligen Jugoslawien. Sie führen zu Siechtum, Krankheit und Tod bei vielen dort lebenden ahnungslosen Menschen und insbesondere bei Kindern, die zufällig Reste der Bomben irgendwo im Gelände finden.
Uranabbau – ein Verbrechen an der Menschheit
Mit dem Betrieb jeder UAA ist direkt der menschenverachtende Uranabbau wie z. B in Australien, Namibia, Kanada, Niger u. a. verbunden. In den Abbaugebieten bleiben Millionen von Tonnen als strahlender Müll unter freiem Himmel zurück. In der Republik Niger wird der Müll zum Straßenbau benutzt. Besonders in solch unterentwickelt gehaltenen Ländern sind es gerade die Ärmsten der Armen, die den Machenschaften der internationalen Atomkonzerne und ihrer Erfüllungsgehilfen in den Regierungen gnadenlos ausgesetzt sind.
Urantransporte
Eine permanente Gefahr sind die ungesicherten Urantransporte per LKW und Güterzug von und nach Gronau. Vor ein paar Tagen zog die Autobahnpolizei Bremen einen LKW mit zahlreichen schweren Mängeln (durchgerostete Teile) aus dem Verkehr. Der LKW war von Hamburg nach Gronau unterwegs. Dies ist nur ein Beispiel von vielen.
Neuste Infos zum Zwischenfall am 21.1.2010
Inzwischen schieben sich Urenco Gronau und Westinghouse Electric Sweden (WES) in Västeras die Schuld an dem Zwischenfall mit dem verstrahlten Arbeiter zu. Aus dem Bericht der schwedischen Strahlenschutzbehörde geht hervor, dass die zugehörigen Dokumente zu dem nach Urenco gelieferten Behälter mit der Nr. ID 21160-024, die übrigens auch noch unvollständig ausgefüllt waren, erst nach dem Zwischenfall von Urenco kontrolliert wurden.

Der Geschäftsführer Ohnemus von der Urenco Gronau meinte dazu, dass diese sog. „Waschprotokolle“ für die „Urenco-Mitarbeiter“ nicht relevant seien. Einige Lieferanten würden überhaupt keine Protokolle schicken. Entscheidend sei immer eine email, die einen bestimmten Transport ankündige (siehe hierzu Bericht in der Münsterländischen Volkszeitung vom 21.3.2010 mit der Überschrift „Urenco hat schwedisches Protokoll offenbar nicht beachtet“). Ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums erklärte gegenüber den Westfälischen Nachrichten,  dass ab sofort Behälter mit Uranhexafluorid nur noch nach Gronau geschickt werden dürfen, wenn dort Dokumente vorliegen. Wörtlich sagte der Ministeriumssprecher: „Ab sofort gilt: Dokumentenprüfung vor Anlieferung. Eine Lieferung ist nur möglich, wenn die Dokumente einwandfrei sind. Gleichzeitig sagte ein Sprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft in Münster, dass „die Schweden“ schuld seien und dass die Ermittlungen nun nach Schweden mit der Bitte um Strafverfolgung abgegeben würden (siehe WN-Zeitung für Gronau, 23.3.2010). Um das Durcheinander zu vervollständigen: Die grüne Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn warf dem Wirtschaftsministerium Falschaussagen vor. Dazu ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums: „Die Atomaufsicht hat unmittelbar nach dem Vorfall ihre Ermittlungen aufgenommen. Der Abschluss dieser Untersuchungen ist unabhängig von Wahlterminen“.

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