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Länder

Fossile Energieträger als politische Waffe

Von Thadeus Pato | 01.03.2006

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Die Weltökonomie hängt an den fossilen Energieträgern – vorwiegend Öl und Erdgas, aber auch Uran – wie der Junkie an der Nadel. Nicht erst seit dem Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine und dem anschließenden Zusammenbruch der Gasversorgung im Kaukasus ist klar, dass die Kontrolle über den Stoff, aus dem derzeit die kapitalistischen Träume sind, politische Macht bedeutet.

Die Weltökonomie hängt an den fossilen Energieträgern – vorwiegend Öl und Erdgas, aber auch Uran – wie der Junkie an der Nadel. Nicht erst seit dem Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine und dem anschließenden Zusammenbruch der Gasversorgung im Kaukasus ist klar, dass die Kontrolle über den Stoff, aus dem derzeit die kapitalistischen Träume sind, politische Macht bedeutet.

Auch wenn die russische Föderation beteuert, dass es bei der Auseinandersetzung um den Gaspreis mit der Ukraine lediglich darum gegangen sei, einen fairen Preis auszuhandeln und der Stopp der Gaslieferungen in den Kaukasus technische Gründe gehabt habe, ist offensichtlich, dass der Zugang zu den für die derzeitige Struktur der Weltindustrieproduktion einschließlich Transport zentralen fossilen Energievorräten zunehmend als politisches Druck- und Kampfinstrument eingesetzt wird. Russland zeigte der Ukraine schon einmal kurz die Folterwerkzeuge – stellvertretend für alle seine ehemaligen Teilrepubliken im Westen, die mit dem Gedanken an eine NATO- oder gar EU-Mitgliedschaft spielen.
Differenzierte Preispolitik
Russland betreibt eine sehr differenzierte Preispolitik: In den baltischen Staaten verlangt es 120 Dollar, während Weißrußland 46,68 Dollar, die Türkei 100 Dollar und die Kaukasusrepubliken zwischen 100 und 110 Dollar zahlen. Die Ukraine wurde bisher mit 50 Dollar zur Kasse gebeten.
Diese Vorgänge wurden in den Medien breit behandelt, was ausgelassen wurde, ist, dass das Verfahren als solches eine lange Tradition hat: Nach der kubanischen Revolution beispielsweise drehte zunächst die USA über ihre den Markt beherrschenden Ölkonzerne den KubanerInnen den Ölhahn zu, daraufhin sprang die damalige UdSSR zu Freundschaftskonditionen weit unterhalb der Weltmarktpreise in die Bresche – und beendete diese Vereinbarungen nach ihrem Systemwechsel abrupt, was Kuba in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzte.
Ölhahn zu?
Der Iran wiederum droht jetzt im Streit um die Urananreicherung damit, dem Westen den Ölhahn zuzudrehen und damit die Preise in eine Höhe zu treiben, die durchaus eine weltweite Depression auslösen könnte. Während die USA im Irak noch dabei sind, sich die Kontrolle über die dortigen Ölreserven auf dem Weg eines Angriffskrieges zu sichern, werden schon von der Außenministerin Rice die ersten Drohungen gegen den venezolanischen Präsidenten Chavez ausgestoßen, der die laufende Privatisierung der venezolanischen Ölindustrie gestoppt hat und jetzt seinerseits in Sachen Ölvermarktung regionale Kooperationen unter anderem mit Brasilien einschließlich Neubau von Raffinerien angekündigt hat.
Natürlich werden solche Vorgänge in den bürgerlichen Medien entsprechend differenziert behandelt: Während im Falle Venezuelas die Außenministerin der USA bereits ein neues Reich des Bösen argwöhnt, ist man im Falle Russlands schon etwas unterkühlter und lässt eine Preisanhebung für die Ukraine um fast 100% auf 95 Dollar als durchaus faire Lösung durchgehen.
Zuerst das Geschäft
Letztendlich geht es auch beim Öl und Gas immer ums Geschäft, und die Aufgabe des Staates ist es, der jeweiligen Wirtschaft die Märkte zu sichern. Der russische Staat hat das Seine dazu getan und keine der westlichen Mächte hat es ihm so richtig übel genommen: Im Zweifelsfalle halten sie es in ihrem Glacis genau so. Entsprechend moderat war die Reaktion.
So richtig böse allerdings werden die GeschäftemacherInnen nur, wenn jemand wie Chavez das schöne Geld, das er ihnen abnimmt, nicht umgehend über Importe wieder in ihre Taschen zurückbefördert, sondern zum Teil dafür verwendet, die Lebensbedingungen der Armen im Lande zu verbessern. Noch dazu, wenn es sich um ein Land handelt, welches nach derzeitigem Stand über die zweitgrößten Ölreserven der Welt verfügt. In solchen Fällen muss Alarm geschlagen werden: Denn das Peinliche ist, dass Chavez den Armen im Gegensatz zu Russland die Preise nicht erhöht. Eher im Gegenteil. Und das könnte sich ja herumsprechen und geschäftsschädigend wirken. Das hat auch Chavez inzwischen verstanden und offensichtlich nachgedacht, aber in seiner eigenwilligen Art öffentlich als Ergebnis seiner Überlegungen verkündet, dass a) er Sozialist sei und b) Trotzki Recht habe, dass der Sozialismus auf nationaler Ebene nicht möglich sei.
Russlands Putin und seine Hintermänner regieren weiter nach Gutsherrenart und schieben die Gewinne in die richtigen Taschen. Deshalb verband Putin vermutlich auch mit Schröder eine solch herzergreifende Männerfreundschaft.
Chavez dagegen sitzt am Katzentisch. Tja: eine kluge Tat – und schon bist Du Kommunist.

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