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Eine stärkere europäische Linke ist möglich

Von Karin Gerlich | 06.02.2004

unsere zeit – Zeitung der DKP, 6. Februar 2004

Bericht über das Treffen der “Freundinnen und Freunde der EAL” am 10. Januar in Berlin

Am 10. Januar trafen sich in Berlin etwa 30 “Freundinnen und Freunde der Europäischen Antikapitalistischen Linken (EAL)”, um die Möglichkeiten eines vielgestaltigen, solidarischen, aber eben einheitlichen politischen Auftretens auszuloten. Die Tagung verlief – gerade auch bei unterschiedlichen Ansichten – in sehr konstruktiver, solidarischer Atmosphäre. Durch die Teilnehmenden waren die DKP, die internationale sozialistische Linke (isl), die Sozialistische Alternative (SAV), Linksruck und der Revolutionär Sozialistische Bund (RSB) sowie Unorganisierte und Aktive aus verschiedenen sozialen Initiativen vertreten. Wie bei den vorangegangenen Treffen war ebenfalls der Geraer Dialog/Sozialistischer Dialog in und bei der PDS dabei.

Die Tagung wurde eingeleitet durch einen Bericht von der 7. Konferenz der EAL, einer Allianz sozialistischer Parteien vor allem aus Dänemark, England, Schottland, Frankreich und Spanien. Diese Allianz gründete sich 2000 in Lissabon anlässlich des dortigen EU-Gipfels, auf dem die Regierungen beschlossen, die EU bis 2010 (sic!) zur wettbewerbsfähigsten Region in der Welt zu machen. Zur entsprechenden Agenda in der BRD muss hier nichts weiter gesagt werden. Als Teil der sozialen Linken will die EAL “auf einer radikalen, einheitsorientierten und pluralistischen Basis zusammenarbeiten, um die soziale Bewegung mit aufzubauen und zu stärken.” So skizziert die EAL in der Erklärung der 7. Konferenz ihr Selbstverständnis. Ziel der EAL ist es, die kulturelle Hegemonie des neoliberalen Zeitgeistes zu brechen. Je nach nationalen Bedingungen greift die EAL in diesem Jahr in unterschiedlicher Form in den Wahlkampf zum EU-Parlament ein. Die Frage einer formellen Gründung als europäische Partei wurde jedoch als noch nicht herangereift eingeschätzt.

Gerade in der BRD ist die Entwicklung noch nicht so weit, dass eine gemeinsame Kandidatur möglich wäre. Aus diesem Grund hat sich auch die DKP zu einer eigenständigen Kandidatur zur EU-Wahl entschlossen. Der DKP-Vertreter beim Berliner Treffen hob aber hervor, dass das EU-Wahlprogramm ausdrücklich auf ein einheitliches Auftreten der Linken abziele. Dies ist um so wichtiger, als es darum geht, der sozialen Bewegung eine glaubwürdige Perspektive zu eröffnen. Als großes Manko wurde allgemein festgestellt, dass gegenwärtig die Erfahrung sozialer Kämpfe nicht mehr verallgemeinert wird. Uneinig blieb aber, inwieweit sich die Linke an Wahlen beteiligen und wie weitreichend die gemeinsame Programmatik sein soll und kann. Unstrittig ist hingegen, dass das Hauptaugenmerk auf der außerparlamentarischen Aktion liegt. Die alternative Entgegensetzung von Parlamentsbeteiligung und außerparlamentarischer Mobilisierung verkennt zudem, dass Wahlbeteiligungen Anlässe gesteigerter politischer Kommunikation sind. Wer haltbare Wahlabsprachen treffen will, muss sich deshalb auch offener, intensiver und verbindlicher mit anderen auseinandersetzen. Hier sind, das wurde in der Diskussion deutlich, die beteiligten Organisationen als Ganze gefragt: Einheit wird nicht durch Gremienbeschlüsse hergestellt, sondern nur durch partnerschaftliche Diskussion und Aktion vor Ort, in den Grundeinheiten. Einheit ist nur als lebendiger, gleichberechtigter Prozess zu haben. Die “Freundinnen und Freunde der EAL” bilden da erst mal einen informellen Kreis. Deutlich geworden ist jetzt die Notwendigkeit der intensiven internen Diskussion in allen beteiligten Organisationen. Wer sich auf diesen lebendigen Prozess ernsthaft einlässt, auch das muss bewusst sein, muss damit rechnen, dass er und sie sich dabei verändert.

Um die Zusammenarbeit konkret zu veranschaulichen und zu fördern, wurde in Berlin verabredet, eine Veranstaltungsreihe mit internationalen Referentinnen und Referenten der EAL durchzuführen und eine Broschüre zu linken Neuformierungsansätzen in Europa herauszugeben. Obzwar es keine EAL-Kandidatur in der BRD zur EU-Wahl gibt, soll doch eine gemeinsame EU-kritische Flugschrift erstellt werden. Vor allem sollte vor Ort die Diskussion und Zusammenarbeit mit Vertretern und Vertreterinnen der am EAL-Prozess beteiligten Organisationen gesucht werden. Eine Gelegenheit “zum Üben” könnten ja die Kommunalwahlen in verschiedenen Bundesländern bieten. In Hamburg zum Beispiel haben sich Gruppierungen verschiedener linker Strömungen auf eine gemeinsame Kandidatur verständigt. Ganz unmittelbar praktisch wurde dann noch eine einheitliche Argumentation bei der Sozialen Aktionskonferenz am 17./18. Januar in Frankfurt/M. festgelegt. Das nächste – offene – Plenum der “Freundinnen und Freunde der EAL” ist für den 19. Juni geplant. Ins Auge gefasst ist schon, im Herbst eine Konferenz zu Fragen der Neuformierung in Deutschland durchzuführen. Herzlich eingeladen sind alle, an dieser Diskussion teilzunehmen.

Karin Gerlich

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