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Eine bewegte Woche und ein großer Schritt nach vorn

Von Pierre Vandevoorde | 01.11.2008

„Sarkozy, du bist am Ende, die ArbeiterInnen von Renault sind auf der Straße“. In dieser Weise empfingen die Streikenden des Renault-Werkes von Sandouville bei Le Havre (Normandie) Sarkozy, der am 6. Oktober kam, um die „Beschäftigten zu beruhigen“. Zum ersten Mal musste Sarkozy – trotz der massiven Polizeipräsenz, die die KollegInnen daran hindern sollte, die Gebäude zu verlassen – zurückstecken:

„Sarkozy, du bist am Ende, die ArbeiterInnen von Renault sind auf der Straße“1. In dieser Weise empfingen die Streikenden des Renault-Werkes von Sandouville bei Le Havre (Normandie) Sarkozy, der am 6. Oktober kam, um die „Beschäftigten zu beruhigen“.

Zum ersten Mal musste Sarkozy – trotz der massiven Polizeipräsenz, die die KollegInnen daran hindern sollte, die Gebäude zu verlassen – zurückstecken: Er verzichtete auf den Rundgang in den Werkshallen und kehrte schnell nach Paris zurück. Die Entschlossenheit und die Wut der ArbeiterInnen wurden in allen Fernsehnachrichten sichtbar. Das ist ein gewisser Wendepunkt.
Die Beschäftigten von Renault haben allen Grund, unzufrieden zu sein: Im Juli war angekündigt worden, dass der Konzern 6 000 Stellen streicht, davon allein in Sandouville 1 000 (von 3 700), und das obwohl den Aktionären nächstes Jahr 1,3 Milliarde € Dividenden ausgezahlt werden. Die Ankündigung, dass im Oktober und im November jede zweite Woche kurzgearbeitet wird (was im Schnitt einen Verlust von 400 € bringt) hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Der Streik war am selben Tag ausgebrochen und wurde über mehrere Tage fortgeführt, wobei die KollegInnen das gesamte Industriegebiet blockierten.

Am 7. Oktober  kommt ein anderer Besucher zum Renault-Werk: Olivier Besancenot [der Kandidat der LCR bei den letzten Präsidentschaftswahlen, D. B.]. Die Stimmung ist jetzt eine ganz andere: Empfang bei der „équipe d’animation“ der CGT [vergleichbar mit unsrer Vertrauenskörperleitung, D. B.] und danach Diskussion mit vielen KollegInnen auf dem Werkshof. Es ist offensichtlich: Olivier ist ihr Repräsentant, auch wenn bisher  in Sandouville nur einige Vertrauensleute, die aber für ihre kämpferische Haltung bekannt sind, Mitglied in der Neuen Antikapitalistische Partei (NPA) sind.

Am Freitag, den 10. Oktober, demonstrieren 5 000 ArbeiterInnen aus der Automobilbranche bei der Pariser Automobilmesse. Das fängt gut an, nämlich mit dem Singen der Internationale, sie ziehen durch die Hallen und rufen: „heute im Autosalon, morgen in der Fabrik“. Sie bringen Aufkleber auf den Autos an: „Verbieten wir die Entlassungen!“. Die Geschäftsführung des Verbandes der Metallindustrie wird der Lage nicht Herr und kann nur zuschauen. Die Arbeiteraktivisten der NPA aus der Automobilbranche verteilen ihr Flugblatt und wieder wird Olivier enthusiastisch empfangen. Es entwickeln sich offene und solidarische Diskussionen über die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes gegen die Entlassungen. Auch hier wieder fühlt mensch eine Wende: Die Zahl der Menschen, die offen die neue Partei unterstützen, ist beeindruckend.
Evreux
Freitagabend, zurück in der Normandie bei einem Treffen, bei dem sich auf der Ebene des Departements Eure die NPA vorstellt, ist auch Olivier dabei. 530 Menschen sind im Saal, 50 weitere kommen aus Sicherheitsgründen nicht mehr rein, das ist ein Erfolg, der alle anwesenden Medien überrascht. Die LCR hatte bis dahin in diesem Departement etwa 30 Mitglieder, verteilt auf 4 Ortsgruppen. Heute gibt es 8 lokale Komitees der neu entstehenden Partei und etwa hundert Mitglieder, die 20 000 Flugblätter verteilt und 600 Plakate verklebt haben. Die Vielfalt der Wortbeiträge gibt einen guten Überblick über das, was sich da in dieser kochenden Dynamik entwickelt: zunächst ein Genosse der LCR, Gewerkschafter und antirassistischer und antifaschistischer Aktivist, der die Versammlung leitet. Dann noch ein Genosse der LCR, der die Situation in dieser zentralen Stadt des Departements und die Kämpfe des NPA-Komitees schildert, im Besonderen gegen die Schließung einer Schule in einem armen Stadtviertel. Dann ein Lehrer, der erklärt, warum er von der PS zur NPA wechselt. Dann ist die Reihe an einem jungen Pfleger aus der Psychiatrie, der 10 Jahre lang LO unterstützt hat. Er hat das Bündnis von LO mit der auf Regierungsbeteiligung ausgerichteten Linken abgelehnt und hat sich der Fraktion von LO (Etincelle) angeschlossen [die inzwischen von LO nicht mehr als Teil der Organisation anerkannt wird, D. B.]. Er hebt die Gründe hervor, die ihn dazu bewegt haben, sich dem Gründungsprozess der neuen Partei anzuschließen, nämlich seine Orientierung, eine kommunistische und revolutionäre Partei aufzubauen.

Sodann tritt eine ehemalige Genossin der LCR auf, die sich jetzt der NPA angeschlossen hat und unterstreicht, wie wichtig es ist, den ökologischen Kampf und den antikapitalistischen Kampf miteinander zu verbinden. Sie ist Mitglied des Bündnisses „Aus der Atomwirtschaft aussteigen“2 und ruft die Anwesenden auf, sich gegen die Einlagerung von Nuklearabfällen in der Region zu engagieren.

Danach zwei Gäste: eine Aktivistin des Netzwerks zur Unterstützung der Kinder von Sans-Papiers (Einwanderer ohne Papiere) und ein Kämpfer gegen die Werbeflut, der den Kampf gegen die zunehmende Vermüllung durch die Werbung darstellt. Zum Abschluss dieser Reihe von kurzen Beiträgen spricht der Sekretär der CGT von Renault Cléon [auch in der Region], der ebenfalls auf der Demonstration vom Nachmittag dabei war. Nachdem er den Kampf dargestellt hat schließt er mit den Ausführungen, dass es ein politisches Instrument braucht, um offensive Mobilisierungen aufzubauen und ruft dazu auf, sich der NPA anzuschließen. Dieses Engagement ist lange herangereift und diese Versammlung zeigt noch einmal, dass wir gerade dabei sind, eine andere Dimension zu erlangen. 

Näheres zur NPA auf der Website: www.npa2009.org


Übersetzung: D. B.

1     Im Französischen reimt sich «Sarkozy t’es foutu, les Renault sont dans la rue»
2     «Sortir du nucléaire»

 

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