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Betrieb & Gewerkschaft

Eichbaum Mannheim: Streik gegen Albtraum!

Von H. Neuhaus | 01.03.2005

Seit dem 27. Januar streiken die KollegInnen bei der Brauerei Eichbaum. Sie wehren sich gegen Lohnsenkung und Bruch des Tarifvertrags.

Die rund 350 Beschäftigten erhalten bereits jetzt im Schnitt deutlich weniger Lohn als KollegInnen in anderen Braubetrieben Baden-Württembergs. Die so genannte Ecklohngruppe liegt bei Eichbaum um rund 87 Euro pro Monat niedriger.
Die Firma schreibt tiefschwarze Zahlen. Sie gehört zur Actris AG, deren Hauptaktionär der Multimilliardär und SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp ist. Das Ziel der Kapitalseite ist offensichtlich: Die Brauerei-Unternehmer wollen ohne Tarifverträge, Gewerkschaften und Betriebsräte diktatorisch schalten und walten. Dies ist überall das Ziel, wo Hopps Actris AG Firmen und Unternehmen aufgekauft hat.
Wie fast überall im Lande sind auch die Eichbaum-Bosse hemmungslos. Sie wollen durch die „Einführung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft“ im Betrieb die Spaltung der Belegschaft und den Konkurrenzkampf der ArbeiterInnen untereinander vorantreiben.

Tariflos?

Langfristig soll Eichbaum zu einer tariffreien Zone werden. Der am Flächentarifvertrag orientierte Haustarif soll fallen. Dadurch droht die Abschaffung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes. Statt des Tarifurlaubs würde dann nur noch der viel kürzere gesetzliche Mindesturlaub gewährt werden. Überstunden-, Sonntags- und Feiertagszuschläge und andere tarifvertragliche Leistungen würden wegfallen.
Das Eichbaum-Management unterbreitete deshalb den Beschäftigten folgendes „Angebot“: 1,5% „mehr“ Lohn ab 1. Januar 2006 bei unbezahlter Verlängerung der Wochenarbeitszeit um zwei Stunden, zudem Absenkung des Weihnachtsgeldes auf 90% und später auf 80%.
Gegen den geplanten Lohnabbau und Tarifvertragsbruch haben die KollegInnen mit 92 % in einer Urabstimmung für Streik gestimmt. Seit dem 27. Januar befindet sich die Belegschaft im Ausstand.
Repression
Die Reaktionen der Unternehmerseite auf den Streik sprechen für sich:

• Den KollegInnen wurde angedroht, dass alle Pkws, die auf dem Firmenparkplatz geparkt sind, kostenpflichtig abgeschleppt werden.
• Die Streikenden wurden illegalerweise mit einer Videokamera überwacht. Aufgrund eines Gerichtsbeschlusses mussten diese Bespitzelung mittlerweile eingestellt werden.
• Die KollegInnen dürfen das Betriebsgelände nicht betreten.
• Betriebsratsmitglieder durften nur in Begleitung eines privaten Sicherheitsdienstes mit Hund das Werksgelände betreten. Diese Behinderung der Betriebsratstätigkeit musste das Management inzwischen aufgeben.
• Jeden Morgen werden mit Bussen Streikbrecher herangekarrt. Einem Kollegen wurde fristlos und ohne die zwingend vorgeschriebene Anhörung des Betriebsrates gekündigt, weil er sich gegen Streikbrechertätigkeiten engagierte.

Widerstand

Die KollegInnen bei Eichbaum haben bisher in bewundernswerter Weise Widerstand geleistet. Seit Streikbeginn wird dort kein Bier mehr gebraut. Trotz der großen Kälte stehen die KollegInnen jeden Tag von früh morgens bis spät abends Streikposten vor dem Haupttor in der Käfertaler Strasse.
Allerdings sind immer noch Biervorräte vorhanden, die durch betriebsfremde Streikbrecher abgefüllt und abtransportiert werden. Bisher hat sich die Streikleitung gescheut, eine wirksame Blockade der Werkstore zu organisieren und damit den Druck auf die Geschäftsleitung entscheidend zu erhöhen. Es mehren sich zudem die Anzeichen, dass die Führung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) über diskrete politische Kanäle ein Ende des Arbeitskampfes vorzubereiten versucht.

Solidarität

Der Eichbaum-Streik ist der längste Streik seit Jahrzehnten in der Lebensmittelbranche. Als Arbeitskampf gegen Tarifvertragsbruch, Arbeitszeitverlängerung und Lohnraub hat er eine bundesweite Bedeutung und Ausstrahlung. Mit mehreren Demonstrationen in der Stadt hat die Belegschaft auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht und die Medienblockade zeitweise durchbrochen.
Neben NGG-KollegInnen sind vor allem die örtliche IG Metall, deren Betriebsräte und Vertrauenskörper sowie teilweise GewerkschafterInnen aus der Chemiebranche und dem Öffentlichen Dienst auf der Seite der Streikenden zu finden. Erfreulich ist auch die Unterstützung durch Mitglieder der Initiative Montagsdemo Mannheim. Die aktive Solidarität muss jedoch weiter wachsen, wenn der Albtraum bei Eichbaum verhindert werden soll.

Leider erreichte uns erst nach Redaktionsschluss die Nachricht, dass der Streik bei Eichbaum beendet wurde. Eine genauere Analyse des Kampfes bei Eichbaum werden wir deshalb in der nächsten Ausgabe der Avanti bringen.“

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