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EAL-Freundeskreis trifft sich in Berlin: Neuformierung der Linken?

Von Herbert Wulff | 09.01.2004

junge welt vom 09.01.2004
Manuel Kellner gehört zum Vorbereitungskreis der Freundinnen und Freunde der Europäischen Antikapitalistischen Linken (EAL) in Deutschland. jW sprach mit ihm
 
F: Am Samstag treffen sich in Berlin die Freundinnen und Freunde der EAL in Deutschland. Welche Kräfte werden zusammenkommen?

Genossinnen und Genossen vom Linksruck, von der Sozialistischen Alternative (SAV), von der internationalen sozialistischen linken (isl), von der DKP, vom Revolutionär Sozialistischen Bund (RSB), vom Geraer Dialog/Sozialistischen Dialog in und um die PDS und vom Marxistischen Forum, wohl auch einzelne von der Kommunistischen Plattform und politisch unorganisierte Linke. Ein Problem ist, daß an diesem Tag sowohl die DKP wie auch der Geraer Dialog parallel Konferenzen beziehungsweise Treffen abhalten.

F: Worum soll es schwerpunktmäßig gehen?

Nach einem Bericht von der siebten Konferenz der EAL in Paris im Dezember des vergangenen Jahres werden wir zunächst über die politische Lage in Deutschland, über den Stand der Proteste und die Möglichkeiten der politischen Neuformierung der Linken in diesem Rahmen diskutieren. Zweitens geht es um die Verabschiedung einer politischen Erklärung, die gemeinsamen Aktivitäten während des Wahlkampfs zum Europaparlament eine inhaltliche Grundlage geben soll. Drittens werden wir solche Aktivitäten verabreden, etwa Veranstaltungsreihen mit internationalen Referenten aus den Reihen der EAL, gemeinsame Flugblätter, Broschüren, Seminare. Am Abend gibt es dann noch ein separates Treffen von Vertretern der jeweiligen Publikationsorgane, um die Zusammenarbeit zu vertiefen.

F: Noch sind die in das Projekt einbezogenen Kräfte recht begrenzt. Wie kann die EAL an Substanz gewinnen?

Zunächst einmal geht es darum, alle Mitglieder der beteiligten Organisationen und Strömungen dafür zu begeistern. Sehr wünschenswert wäre es darüber hinaus, daß die Aktiven der sozialen Bewegungen und der Gewerkschaftslinken, die wirklich gegen den Kapitalismus sind und eine andere Republik wollen, die Herausbildung einer breiten, pluralen, bewegungsorientierten antikapitalistischen Kraft der Linken zu ihrer eigenen Sache machen.

F: Geht es Ihnen also um den Aufbau einer neuen Linkspartei?

Es geht um die Formierung einer politischen Kraft links von der neoliberal gewendeten Sozialdemokratie und ihrer politischen Satelliten. Das erfordert einen langen Atem. Man muß lernen, organisationsübergreifend zu kooperieren, gemeinsame Positionen zu erarbeiten, gemeinsam die Bewegungen voranzubringen. Auch die europaweit an der EAL beteiligten Kräfte sind sich nicht in allem einig, verfolgen teils verschiedene Bündnisoptionen und Wahltaktiken. Der Stand der Konsensbildung ist an den gemeinsamen Erklärungen ihrer Konferenzen abzulesen.

F: An diesem Wochenende findet auf Einladung der PDS auch ein Treffen zur Gründung einer Partei der europäischen Linken statt. Wie stehen Sie zu diesem Bündnis?

Es handelt sich um ein Bündnis von traditionellen kommunistischen Parteien bzw. deren Nachfolgeorganisationen, um in den Genuß der finanziellen Vorteile zu kommen, die die EU im Falle des Zustandekommens »europäischer Parteien« mit Abgeordneten in mindestens sieben Ländern gewähren wird. Politisch ist das Bündnis sehr heterogen: von Rifondazione Comunista, die die EU-Institutionen, die projektierte EU-Verfassung und den Stabilitätspakt ablehnt und sich weiter als Teil des EAL-Prozesses versteht, bis hin zu Kräften wie der PDS, die ihre Bereitschaft zur loyalen Mitverwaltung des Kapitalismus unter Beweis gestellt haben. Fausto Bertinotti hat die Kräfte der EAL eingeladen, doch in das Bündnis reinzugehen. Nun, zunächst mal wird das Bündnis aus der LCR (Ligue Communiste Révolutionnaire) und LO (Lutte Ouvrière) wohl in Frankreich mehr Stimmen kriegen als die Kommunistische Partei Frankreichs (PCF), und dann, wie der Kaiser sagt, schau‘ mer mal…

* Treffen der EAL-FreundInnen am Samstag, dem 10. Januar, ab 12 Uhr im Mehringhof, Versammlungsraum (2. Stock), Gneisenaustr. 2a (Hinterhof), Berlin-Kreuzberg (U-Bahn Mehringdamm)

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