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Betrieb & Gewerkschaft

Druckkapital will Arbeitsplätze vernichten

Von Lisa Lang | 01.06.2005

In der Manteltarifrunde für die Papierverarbeitung und Druckindustrie geht es um Einkommen und Arbeitsplätze. Und es geht um die Lebensfähigkeit eines politisch wichtigen Teils von Verdi, den Fachbereich 8.

Die seit langem laufenden Verhandlungen über einen neuen Manteltarif (MTV) wurden im April bereits von einer ganzen Reihe von Warnstreiks begleitet. Ende April endete die Friedenspflicht und die seitdem stattgefundenen Streiks konnten aufgrund der quasi uneingeschränkten Kontrolle des Kapitals über die Printmedien weitestgehend totgeschwiegen werden. Die moderne Technik ermöglicht es, sogar Zeitungen mit Hilfe eines kleinen technischen Stabs, der dafür von der Geschäftsleitung ausreichend geschmiert wird, sowie den leitenden Angestellten für eine gewisse Zeit – und nur geringfügig reduziert – herauszubringen.

Worum geht es?

Kern des Begehrens der DruckkapitalistInnen ist es, die Arbeitszeit von 35 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich (und zwar über betriebliche Öffnungsklauseln) hochzusetzen. Der hessische Verhandlungsführer der “Arbeitgeber” erklärte am 19. April nach dem Scheitern der Verhandlungen, dass es ohne eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit keinen Neuabschluss des MTV gäbe.
Der Effekt ist ein doppelter: Zum einen würden damit schon in Kürze Hunderte, langfristig auch Tausende Arbeitsplätze wegfallen, zum anderen würde damit der Stundenlohn um 0,99 Euro (LG 1; 8,51 Euro) bis zu 1,76 Euro (LG 8; 15,12 Euro) sinken. Dies träfe natürlich die Teilzeitkräfte (v. a. Frauen) besonders hart, denn sie können meist nicht von sich aus ohne weiteres die Arbeitszeit verlängern.
Fallen dann auch noch die Jahresleistungen und das zusätzliche Urlaubsgeld weg, beläuft sich der Verlust auf zwischen 4088,20 Euro und 7263,65 Euro. Eine Facharbeiterin der Lohngruppe 8 müsste dann mit monatlich 605,30 Euro weniger auskommen. Hinzu kämen (wegen der angestrebten Flexibilisierung) der Verlust an Überstundenzuschlägen und Antrittsgeldern, denn nicht wenige KollegInnen arbeiten recht regelmäßig Überstunden. Der Katalog der Forderungen der Gegenseite ist aber noch länger: Der Samstag soll Regelarbeitstag werden, Freischichten sollen gestrichen werden, die Besetzungsregeln für Rotationsmaschinen sollen neu gefasst werden, so dass 10-20 % der KollegInnen “überflüssig” wären usw. Einkommensverluste von bis zu 20% wären damit eingeleitet.
Solchen Forderungen können die KollegInnen nicht nachgeben und selbst eine sozialpartnerschaftliche Gewerkschaftsführung kann nicht ohne weiteres einschwenken. Hier würden nicht nur die vielen Arbeitsplätze wegfallen, sondern die zwangsläufig dadurch eintretende Schwächung v. a. des Fachbereichs 8 (Medien) hätte einen Massenexodus von Gewerkschaftsmitgliedern zur Folge. Und das vor dem Hintergrund, dass gerade die DruckerInnen traditionell zu den fortschrittlichsten Gliederungen nicht nur Verdis sondern des ganzen DGB gehören.
Allerdings hat das Kapital ein tatsächliches Druckmittel in der Hand. Es droht mit einem tariflosen Zustand, der die Tür zu einzelbetrieblichen Abschlüssen (genauer Erpressungen) öffnen würde. Bisher jedenfalls (21.5.05) war die Streikbeteiligung der KollegInnen etwa bei der FAZ (genauer bei der FSD in Mörfelden) wirklich phantas- tisch. Aber alleine werden sie es schwer haben, vor allem im Bereich der Papierverarbeitung. In einer solchen Situation kommt es umso mehr auf streikunterstützende Maßnahmen anderer Bereiche an.

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