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Linke

Die WASG nach Ludwigshafen: Das Ende der „Offenheit“

Von B.B. | 01.06.2006

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Mit dem Parteitag in Ludwigshafen und der Absetzung der WASG-Landesvorstände in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist eine Illusion geplatzt, die allerdings nie ein realistisches Projekt war: die Bildung einer neuen, angeblich offenen, pluralistischen Partei der Linken. „Offen” ist am Parteibildungsprozess der Wahlalternative nur noch, wann der Linkssozialismus ausgeschieden wird.

Mit dem Parteitag in Ludwigshafen und der Absetzung der WASG-Landesvorstände in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist eine Illusion geplatzt, die allerdings nie ein realistisches Projekt war: die Bildung einer neuen, angeblich offenen, pluralistischen Partei der Linken. „Offen” ist am Parteibildungsprozess der Wahlalternative nur noch, wann der Linkssozialismus ausgeschieden wird.

Zumindest Björn Radke, Joachim Bischoff und Sabine Lösing schienen geahnt zu haben, was auf sie zukam. Mit seinem Rücktritt aus dem Bundesvorstand der WASG versuchte der Herausgeber von Sozialismus das Ansehen seiner Zeitschrift zu retten. Es ist ja genau die die WASG beherrschende Riege der linken Gewerkschaftsbürokratie, welche die Repressalien gegen die LinkssozialistInnen der Berliner Wahlalternative durchpeitscht. Als politisches Sprachrohr des linken Gewerkschaftsapparates tritt gewöhnlich Sozialismus auf, was sich umgekehrt in Unterstützung der Zeitschrift auszahlt. Die von Bischoff angekündigte Opposition gegen den Bundesvorstand wird deshalb über eine Opposition Seiner Majestät Klaus Ernst nicht hinaus kommen.
Gelernt ist gelernt
Eines der Hauptargumente der LinkssozialistInnen für die Bedeutung der WASG waren genau die vielen Ernsts und Händels, die in die WASG eintraten. Sie sollten die Verbindung der Wahlalternative mit den Gewerkschaften, sprich die Verankerung der neuen linken Partei in der ArbeiterInnenklasse belegen. Dass diese linksbürokratische Apparatriege in den Gewerkschaften noch nie oppositionell als organisierte Gewerkschaftslinke aufgetreten ist, konnte nur denjenigen verborgen bleiben, die entweder einer „strategischen Allianz” mit der Bürokratie hinterherlaufen, oder denen es an realen Verbindungen zu Betrieb & Gewerkschaft mangelt.

Nun zeigt sich in der Wahlalternative, wo der „linke” Flügel der Gewerkschaftsbürokratie politisch steht. Er versucht die Methoden, mit denen die Bürokratie gewöhnlich gegen die Gewerkschaftslinke vorgeht (z.B. gegen die alternative bei DC in Stuttgart), der Parteibildung aufzudrücken. Die Praxis der Bürokratie verbindet sich mit den Erfahrungen Oskar Lafontaines, der nicht umsonst Parteivorsitzender der SPD war. Das Vorbild dieser Leute für eine neue Formation ist vielleicht der „Pluralismus” des DGB mit seinen Unvereinbarkeitsbeschlüssen, aber bestimmt nicht das einer pluralistischen, antikapitalistischen und offenen Partei.

Der Parteitag in Ludwigshafen bestätigte, dass die WASG seit den ersten Anfängen ein absolutes TOP-down-Modell ist, fest in den Händen linker GewerkschaftsbürokratInnen. Mit der Fusion zur Linkspartei werden sich die herrschenden Bürokratien WASG und L.PDS vereinigen. Wer Oskar Lafontaine mit Standing Ovations feiert, hat kaum Grund, sich darüber zu beklagen.
Berlin
Eigentlich sollte mensch vom Linkssozialismus erwarten dürfen, dass er die Auseinandersetzung mit den Vorständen von PDS- und WASG auf dem Gebiet der außerparlamentarischen Mobilisierung z.B. für den 3. Juni sucht. Die LinkssozialistInnen in Berlin einschließlich der SAV messen sich stattdessen mit den WASG- und PDS-Parteiführungen auf jenem Feld, wo diese ihnen am meisten überlegen sind – bei der Beteiligung an Wahlen. Die Auseinandersetzung darüber wird nicht auf der Straße, sondern in den Parteigremien und vor Gerichten ausgefochten. Selbst an der nötigen Offenheit scheint es der Linken zu fehlen, um den Kampf zu bestehen. So berichtete die Tagesschau am 14. Mai, dass die Entscheidung im WASG-Bundesvorstand über die Absetzung der Landesvorstände bereits Tage vor seiner Sitzung am 13./14. Mai gefallen sei. Nach außen drang jedoch nichts durch.

Sicherlich müssen sich revolutionäre SozialistInnen – auch außerhalb der WASG – gegen die Absetzung des Berliner Landesvorstandes aussprechen. Innerparteiliche Demokratie ist aber keine bloß formale Angelegenheit. Der Ausschluss einer reformistischen Gruppierung aus einer revolutionären Partei ist eine elementare Notwendigkeit, um Klassenkämpfe erfolgreich bestehen zu können. Der Ausschluss einer revolutionären Strömung aus einer reformistischen Partei ist ein Akt im Interesse des Klassenfeindes.
Käseglocke
Für das Entstehen einer Sozialistischen ArbeiterInnenpartei ist die Radikalisierung der ArbeiterInnenklasse und besonders ihrer Vorhut aufgrund einer Welle ansteigender Klassenkämpfe ebenso Voraussetzung wie dafür eine entsprechende Initiative der RevolutionärInnen notwendig ist, die nicht nur auf Propaganda setzt, sondern vor allem in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eingreift.

Manche Linke stellen sich dagegen die Bildung einer ArbeiterInnenpartei in der BRD als eine Art Reifungsprozess unter der innerparteilichen Käseglocke vor: Zuerst bildet sich eine anti-neoliberale Partei, daraus entsteht später eine antikapitalistische und endlich eine revolutionär-sozialistische Partei. Da die neue Partei breit sein soll, müsse dort für alle Flügel – reformistisch wie linkssozialistisch (von revolutionär ist keine Rede!) – Platz sein. Im Kern ist diese Ansicht resignativ und pessimistisch: Demnach könnten wir aus eigener Kraft keine revolutionär-sozialistische Organisation aufbauen und ohne die Hilfe des Reformismus keine nützliche Arbeit leisten. Oder wie begründete kürzlich ein führender WASG-Funktionär und Trotzkist sein Engagement in der neuen Partei: „Ich möchte endlich richtig Politik machen!”

TiPP!
Zur Bewertung der Arbeit revolutionärer Kräfte in der WASG siehe auch die Resolution des Politischen Komitees des RSB vom 13.05.06

 

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