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Innenpolitik

Die Schlüsselfrage: Privateigentum an Produktionsmitteln

Von Trixi Blixer | 01.07.2005

Für die marxistische Wirtschaftstheorie ist das Privateigentum an Produktionsmitteln Dreh- und Angelpunkt für das Funktionieren der kapitalistischen Produktionsweise.

Marx definiert als eine der wesentli-??chen Bedingungen für die Exis-??tenz und die Herrschaft der bürgerlichen Klasse "..die Anhäufung des Reichtums in den Händen von Privaten, die Bildung und Vermehrung des Kapitals…"1 Die Geschichte ist nicht nur eine Geschichte von Klassenkämpfen, sondern auch eine Geschichte der stetigen Aneignung des gesellschaftlichen Mehrprodukts durch die herrschende Klasse, die nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung ausmacht. Produktionsmittel wie Fabriken, Landwirtschaft oder Büros kennen wir in dieser Gesellschaft in der Regel nur als privaten Besitz. Nicht die dort Arbeitenden entscheiden darüber, wie die Produktion gestaltet werden soll oder was mit dem Produkt passiert, sondern die BesitzerInnen bzw. die besitzenden Konsortien.
Die Menschheit hat aber auch andere Erfahrungen gemacht: "Die Geschichte zeigt vielmehr Gemeineigentum (z.B. bei den Indern, Slawen, alten Kelten, etc.) als die ursprüngliche Form, eine Form, die unter der Gestalt des Gemeineigentums noch lange eine bedeutende Rolle spielte."2 Die herrschenden Klassen, von der Sklavenhaltergesellschaft bis zum Kapitalismus, versuchten immer, sich dieses Gemeineigentum bzw. die kleinen Besitztümer unter den Nagel zu reißen. Am radikalsten ist dabei die bürgerliche Klasse. Kleine Bauern, Gemeinland oder kleine Betriebe werden enteignet oder aufgekauft und in den Händen von wenigen zentralisiert. "Die wirtschaftlichen Umwandlungen, die vom 16. bis zum 18. Jahrhundert in den Städten eine ungeheure Zahl von Produzenten um den Besitz ihrer Produktionsmittel bringen, sind somit von einer Entwicklung begleitet, die praktisch einen Teil der Bauern von ihren Feldern vertreibt, d.h. sie der Mittel zur Erzeugung ihres Lebensunterhaltes beraubt. Auf diese Weise entsteht das moderne Proletariat."3
Private Produktion
Wie wir aus unseren alltäglichen Erfahrungen mit der kapitalistischen Gesellschaft wissen, steht der Profit über allen menschlichen Bedürfnissen. Der Marxist Ernest Mandel beschreibt treffend seine Wirkungsweise: "Die private Aneignung macht den Profit zum alleinigen Motor der Produktion. […] Die Produktion entwickelt sich in Sprüngen; aber nicht in den Sektoren, in denen die dringendsten menschlichen Bedürfnisse bestehen, sondern in jenen, in denen die höchsten Gewinne erzielt werden können."4 Genau deshalb geht es den BesitzerInnen der Produktionsmittel lediglich um den Mehrwert, den sie mit dem Verkauf der in ihrem Unternehmen produzierten Waren realisieren können, und keineswegs darum, ob das Produkt, das sie herstellen oder die Dienstleistung, die sie anbieten, den Menschen etwas nutzt. JedeR kann so auch nachvollziehen, dass in einer Gesellschaft des Privateigentums an Produktionsmitteln der Schutz dieses Eigentums an erster Stelle steht. Umwelt schützende Richtlinien oder bessere Bedingungen für die Lohnabhängigen müssen gegen das Profitinteresse der herrschenden Klasse erkämpft werden. Freiheit bedeutet in diesem System die Freiheit, Produktionsmittel zu besitzen und sich das Mehrprodukt der Lohnabhängigen anzueignen. Nicht ohne Grund garantiert das Grundgesetz in §14 das Eigentum und das Erbrecht.
Jedes strukturelle Verhältnis hat seine Auswirkungen auf den Rest der Gesellschaft. Privateigentum in den Händen Weniger wirkt sich in dem Nicht-Besitz Vieler aus. Da es sich um ein verallgemeinertes, also um ein gesellschaftliches Verhältnis handelt, bezeichnet die marxistische Theorie Personen mit einer gleichen Stellung im Produktionsprozess als Klassen. Die bürgerliche Klasse, also die ProduktionsmittelbesitzerInnen, steht der Klasse der ArbeiterInnen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, unversöhnlich (Marx: antagonistisch) gegenüber. Der private Besitz an Produktionsmittel bedeutet auch, dass Wenige darüber entscheiden was produziert wird. Nicht die Mehrheit der Menschen entscheidet gemeinsam. Dadurch lassen sich langfristige und für die Gesamtgesellschaft sinnvolle Planungen grundsätzlich nicht realisieren. Im Sinne des Profits werden kurzfristig Menschen entlassen oder ArbeiterInnen eingestellt und viele werden einfach "nicht gebraucht", d. h. sie bleiben als "nicht verwertbare" Arbeitskräfte erwerbslos.
Im Sozialismus:
Eine sozialistische Gesellschaft ist nicht denkbar ohne die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln – Sozialismus gibt es also ausschließlich mit dem kollektiven Eigentum an Produktionsmitteln und am gesellschaftlichen Mehrprodukt. Eine Vergesellschaftung der Produktion ist nicht möglich ohne die politische, wirtschaftliche und soziale Enteignung der kapitalistischen Klasse und der Ausübung der Staatsmacht durch die ArbeiterInnenklasse.

1 Marx / Engels, Manifest der kommunistischen Partei, Dietz Verlag Berlin 1983, S. 59
2 Marx, Vorwort und Einleitung von "Zur Kritik politischen Ökonomie", Verlag für Fremdsprachige Literatur Peking 1972, S. 15
3Mandel, Marxistische Wirtschaftstheorie I. Band, edition suhrkamp 1972, S. 137
4 Mandel, ebd., S. 202

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