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Die Aktionäre enteignen – Airbus in gesellschaftliche Hand!

Von Daniel Berger | 01.04.2007

Avanti stellte dem Genossen Patrick vom Toulouser Airbus Werk Fragen zum Kampf um die Arbeitsplätze. Patrick ist Mitglied der LCR, der französischen Schwesterorganisation des RSB.

Avanti stellte dem Genossen Patrick vom Toulouser Airbus Werk Fragen zum Kampf um die Arbeitsplätze. Patrick ist Mitglied der LCR, der französischen Schwesterorganisation des RSB.

 

Avanti: In der Presse wird viel über nationale Konkurrenz gesprochen und darüber, dass auch die Gewerkschaften nur das Standortdenken pflegen. Wie sieht es bei euch in Toulouse aus?

Patrick: In Toulouse ist Airbus eine Bastion der Force Ouvrière (FO). Unter den Arbeitern erreichte sie 72,61% bei der Delegiertenwahl. Diese Gewerkschaft wurde mit dem einzigen Ziel geschaffen, die CGT kaputt zu machen und den sozialen Frieden zu gewährleisten. Das ist eine Gewerkschaft, die sich in voller Übereinstimmung mit der Konzernleitung befindet und die Produktion sichern will. Da, wo ich arbeite, sind 90% der KollegInnen in der FO organisiert.

FO hat die Kundgebungen organisiert und dabei ganz klar natio­nalistische Parolen benutzt und in ihren Flugblättern erklärt sie, dass „Frankreich”[!] die Hauptlast des Plans Power 8 trägt. Ihre zentrale Losung bei der Kundgebung am 6. März war: „Den A 320 nach Toulouse”. Das Bündnis der Mehrheitsgewerkschaften FO, CGC und CFTC (zusammen erreichten sie bei den Wahlen 83%) hatte die Parole: „Für eine gerechte Verteilung der Opfer!” Sie alle fordern nicht die Rücknahme von Power 8. Nur die CGT greift auch die Aktionäre an.

Am 16. März waren wir 7 000 und da standen auch endlich die Aktionäre im Mittelpunkt der Kritik. Sehr gut aufgenommen wurde die kleine IG Metall Delegation aus Deutschland: „Toulouse, Hambourg, solidarité” Wir haben in Toulouse einen schweren Stand, weil jahrelang Airbus als Jobmaschine galt und erst jetzt dieses Bild in Frage gestellt wird. Eine übergreifende Perspektive ist noch nicht in Sicht. Bis zu einem gemeinsamen internationalen Kampf ist es noch ein weiter Weg.

Avanti: Sind bei euch auch Entlassungen vorgesehen oder soll der Personalabbau nur über die Ausnutzung der „natürlichen Fluktuation” geschehen?

Patrick: Die Geschäftsleitung hat erklärt, dass der Stellenabbau in der Stammbelegschaft nur über das Nichtersetzen der Ruheständler erfolgen soll, aber dass, – wenn dies in 18 Monaten nicht reichen wird – auch Entlassungen ins Auge gefasst werden. Viel schwieriger ist es bei den Subunternehmern. Hier ist die Lage wie bei einem Eisberg: Das meiste ist unsichtbar. Airbus will die Fremdarbeitskräfte von 3000 auf 500 reduzieren. Wenn der Widerstand nicht auf einer gemeinsamen Basis entwickelt werden kann, wird es hier sehr viele, wahrscheinlich tausende Entlassungen geben.

Avanti: Wie lautet die Argumentation der LCR in der gegenwärtigen Situation?

Patrick: In unsrer Betriebszeitung [Le fil rouge – Der rote Faden], die wir regelmäßig für die Beschäftigten bei Airbus und den Subunternehmern rausbringen, legen wir den Schwerpunkt auf die Verantwortung der Aktionäre. Sie haben bereits Milliarden abgeschöpft und wollen die Profite weiter erhöhen. Schließlich ist Airbus absolut kein defizitäres Unternehmen, es werden satte Gewinne gemacht. Lediglich die größenwahnsinnige und von der Konkurrenz getriebene verfrühte Auslieferungsankündigung des A 380 hat Schadensersatzansprüche ausgelöst. Und dafür sollen die KollegInnen jetzt büßen, obwohl Airbus weiter Riesengeschäfte macht.

Allein im letzten Jahr ist der Umsatz um 17% gestiegen, die Produktivität ist explodiert. Für dieses Jahr sind 20% mehr Flugzeuge in den Auftragsbüchern, insgesamt sind die Werke, wenn nichts mehr dazu kommt, schon für die nächsten 5 Jahre ausgelastet. Der Stellenabbau dient allein der Kosteneinsparung, weil über Ausgliederungen in Subunternehmen Personalkosten eingespart werden sollen. In der Regel herrscht in den Subunternehmen und bei den Zulieferern, aus zwei Gründen ein größerer Druck auf den Lohn: Die KollegInnen befinden sich in kleineren, nicht so kampfstarken Belegschaften und sie können leicht gegen andere (mögliche oder tatsächliche) Zulieferer ausgespielt werden. Unsere Hauptlosungen konzentrieren sich auf folgende Punkte:

  •  • Verbot von Entlassungen!
  •  • Öffnung der Geschäftsbücher, um die (angebliche) Krise zu überprüfen!
  •  • Schluss mit den öffentlichen Subventionen, die nur dazu führen, den Aktionären die Taschen zu füllen!
  •  • Vergesellschaftung des gesamten Konzerns unter der Kontrolle der Beschäftigten!
Unter KP-Führung privatisiert
Bis 1998/99 war Airbus ein staatliches Unternehmen. Unter der PS-KP-Regierung von Jospin wurde die Privatisierung eingeleitet. Federführend war der damalige Verkehrsminister Gayssot (KP). Viele PolitikerInnen fordern heute eine finanzielle Beteiligung der Regionen [vergleichbar den Bundesländern in der BRD], aber das lehnen wir ab, weil dies nur zur Fortführung und Ausdehnung der staatlichen Subventionen für private Aktionäre führen würde. Die Gesellschaft als Ganzes muss die Verantwortung für die Sicherheit der Arbeitsplätze und die Konversion der Produktion haben, denn schon aus ökologischen Gründen können wir kein Interesse an einer Ausdehnung des Flugverkehrs haben.

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