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Der Augenblick ist da – Alle zusammen gegen Sarkozy

Von Pierre Vandevoorde | 01.12.2007

Der folgende Artikel wurde am 15. November, dem 2. Streiktag, verfasst. Inzwischen demonstrieren 700 000 in 148 Gemeinden in Frankreich, d.h.: 70 000 in Paris, 8 500 in Orléans, 5 000 in Brest, 3 000 in Quimper, 8 000 in Tours, 10 000 in Toulon et Saint-Etienne, 15 000 in Grenoble, 15 000 in Lyon, 60 000 in Marseille, 30 000 in Nantes et Bordeaux, 35 000 in Toulouse, 25 000 in Rennes, 4 000 in Strasbourg, 19 000 in Lille, 20 000 in Caen, 18 000 in Rouen, 15 000 au Havre, 30 000 in Nantes, 5 000 in Saint-Nazaire, 15 000 in Grenoble, 1 500 in la Réunion und 10 000 in Pau!

Der folgende Artikel wurde am 15. November, dem 2. Streiktag, verfasst. Inzwischen demonstrieren 700 000 in 148 Gemeinden in Frankreich, d.h.: 70 000 in Paris, 8 500 in Orléans, 5 000 in Brest, 3 000 in Quimper, 8 000 in Tours, 10 000 in Toulon et Saint-Etienne, 15 000 in Grenoble, 15 000 in Lyon, 60 000 in Marseille, 30 000 in Nantes et Bordeaux, 35 000 in Toulouse, 25 000 in Rennes, 4 000 in Strasbourg, 19 000 in Lille, 20 000 in Caen, 18 000 in Rouen, 15 000 au Havre, 30 000 in Nantes, 5 000 in Saint-Nazaire, 15 000 in Grenoble, 1 500 in la Réunion und 10 000 in Pau!


„Was hast Du gesagt? Wiederhol’ es hier noch mal!“ Die Szene spielt in einem kleinen bretonischen Fischerhafen. Vor seinem Staatsbesuch in Washington begibt sich der Präsident der Republik auf eine Stippvisite zu den Fischern, die außer sich vor Zorn sind über die Erhöhung der Dieselpreise. Als er von einem von ihnen lautstark angemacht wird wegen seiner selbstbewilligten Gehaltserhöhung von 172%, reagiert er wie ein gewöhnlicher kleiner Bandenchef, der sich unter dem Schutz seiner Handlanger sicher fühlt… Typisch Sarkozy, den direkten Draht zum kleinen Mann herstellen zu wollen und sich anstelle seiner Minister in die Öffentlichkeit zu drängen. Insofern gerät jede Auseinandersetzung gleich zu einem Protest gegen die herrschende Politik. Während das schwache Wirtschaftswachstum den Spielraum der Regierung, die die Wahlen u.a. mit der Losung: „mehr arbeiten, um mehr zu verdienen“ gewonnen hat, einengt, wächst die Unzufriedenheit in der Bevölkerung durch die immer höheren Lebenshaltungskosten.
Beseitigung der „Sonderregelungen“
Die Regierung jedoch verfährt genau nach Plan. Der sieht die Beseitigung der „Sonderregelungen“ vor, wonach die Beschäftigten bei der Bahn, den Pariser Verkehrsbetrieben sowie den Elektrizitäts- und Gaswerken nach 37,5 Beitragsjahren mit 55 Jahren in Rente gehen können. Wenn dieser Plan durchgeht, steht in 2008 eine Verlängerung der Beitragsdauer auf 41 und dann auf 42 Jahre für alle an. Mit den Worten von Sarkozys Berater für „Soziales“: „Diese Reform ist die schwierigste, weil die betroffen sind, die am stärksten blockieren können. Wenn wir das schaffen, klappt der Rest von alleine“.

Sarkozy kommt hierbei zu Nutzen, dass die Führung der Sozialistischen Partei (PS) die Grundzüge seiner neoliberalen Deformpolitik akzeptiert und der Abschaffung der Sonderregelungen – gegen gewissen Ausgleich – zustimmt. Genauso bei der Finanzhoheit der Universitäten – bloß mit höheren Mitteln. Genau aus diesem Grund geriet die Schauspielerin Josiane Balasko bei einer Demonstration gegen Wohnungsnot und Obdachlosigkeit so außer sich: „Und wo bleibt die PS? Wo ist die Opposition? Die Opposition sind wir, die wir auf die Straße gehen!“ Insofern nimmt es nicht Wunder, dass der Vorschlag der LCR [Ligue Communiste Revolutionaire – IV. Internationale], eine neue antikapitalistische Partei zu gründen, auf soviel Resonanz stößt…
Breite Front
Der Aufruf zum unbefristeten Streik ab dem 14. November wurde am ersten Tag auf breiter Front befolgt. Zugleich jedoch war den FührerInnen der meisten Gewerkschaften selten so klar anzumerken, dass sie nur auf den geringsten Anlass warteten, den Streik zu stoppen, um ja keinen Zusammenhang mit den Studentenprotesten und dem Streiktag im Öffentlichen Dienst am 20. November aufkommen zu lassen. Der Generalsekretär der CGT [Gewerkschaft, die der Kommunistischen Partei Frankreichs nahesteht] ersuchte bezeichnenderweise wenige Stunden vor Streikbeginn um Audienz bei der Regierung und gab zum Besten, dass er mit einzelbetrieblichen Verhandlungen einverstanden wäre. Am 15. veranlassten die Gewerkschaften von EdF und GdF die Wiederaufnahme der Arbeit, während sie bei der SNCF durch den Druck von unten gezwungen waren, den unbefristeten Streik aufrecht zu erhalten. Seither steht die Streikbewegung und nur wenige Züge und U-Bahnen verkehren, auch wenn die Zahl der Streikenden abbröckelt. Jeden Tag wird in lokalen Vollversammlungen über die Weiterführung des Streiks bei den Eisenbahnern, teilweise auch bei den Pariser Verkehrsbetrieben und in einigen Elektrizitätswerken abgestimmt. Während der Arbeitsminister sich darauf beschränkt, von den Gewerkschaftsorganisationen den Aufruf zur Wiederaufnahme der Arbeit und die Aufnahme von (Schein)verhandlungen einzufordern, läuft alles auf ein zusammenwachsen mit dem Streik im ÖD am 20. hinaus. Zugleich machen die StudentInnen gegen das Hochschulgesetz mobil, das die Unis finanziell autonom macht, sie in Konkurrenz untereinander setzt, zugleich die privatwirtschaftliche Einflussnahme und die Allmacht der Präsidenten stärkt. Von dieser Seite hatte sich die Regierung eigentlich Ruhe erhofft, da das Gesetz im Sommer mit der stillschweigenden Zustimmung der sozialdemokratisch geführten und verhandlungswilligen Studentengewerkschaft UNEF verabschiedet worden war. Trotz massiven Polizeiaufgebots sind bereits 45 von 83 Unis ganz oder teilweise vom Streik betroffen.

Die kommende Woche wird insofern spannend werden: die Protestbewegung, die Sarkozy unter Druck hält, wird unter dem Feuer der bürgerlichen Propaganda stehen. Die Regierungspartei UMP will die „Verbraucher“ zu Gegendemonstrationen mobilisieren. Der landesweite Streik am 20. November, den die Gewerkschaftsführungen strikt auf den Öffentlichen Dienst beschränken wollen, muss daher auf breitester Ebene befolgt werden, – gegen den Abbau der Öffentlichen Dienste und für die Sicherung der Renten und Löhne –, aber ebenso könnten sich privatwirtschaftlich Beschäftigte dem Kampf um mehr Lohn anschließen. Die Einsicht wächst, dass der Augenblick gekommen ist, wo alle an einem Strang ziehen müssen. Auch wenn es im Moment nicht danach ausschaut, dass der unbefristete Streik auf andere Sektoren überspringen könnte, werden die kämpferischen Kräfte alles daran setzen, dass auf den 20. November rasch weitere Aktionen folgen.

Übersetzung: MiWe 

Weitere Infos auf den Seiten unserer internationalen GenossInnen

Sonderausgabe der RED (Zeitung der Jeunesses communistes révolutionnaires, JCR) zu den Massenstreiks (französischsprachig)

"In the face of a vacant left, Besancenot occupies the radical space" – Artikel bei international viewpoint (englischsprachig)

Homepage der Jeunesses communistes révolutionnaires – JCR

Homepage der Ligue communiste révolutionnaire – LCR


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