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Innenpolitik

Das Verbot von Entlassungen

Von B.B. | 29.10.2005

Die Forderung nach einem „Verbot von Entlassungen” stammt aus unserem Nachbarland Frankreich, wo sie vom radikalen Flügel der ArbeiterInnenbewegung vertreten wird.  Auch hierzulande beginnt die Parole in der Gewerkschaftsbewegung Kreise zu ziehen.

Die Forderung nach einem „Verbot von Entlassungen” stammt aus unserem Nachbarland Frankreich, wo sie vom radikalen Flügel der ArbeiterInnenbewegung vertreten wird. Auch hierzulande beginnt die Parole in der Gewerkschaftsbewegung Kreise zu ziehen.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass ausgerechnet die Beschäftigten von Alstom in Mannheim die Losung als erste aufgriffen. Schließlich demonstrierten sie am 2. Juli 2003 mit ihren KollegInnen aus Frankreich und anderen Ländern Schulter an Schulter vor der Pariser Konzernzentrale gegen Arbeitsplatzvernichtung.  In ihrem „Mannheimer Appell” fordern Betriebsrat und IGM-Vertrauenskörperleitung Alstom Power auf: „Kämpfen wir deshalb auch für ein Verbot von Entlassungen!”. Dabei setzen sie sich für die Einhaltung des Grundgesetzes ein: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Eine Enteignung ist… zum Wohle der Allgemeinheit zulässig (Artikel 14 GG)”.  Aus ihren Erfahrungen in einem der längsten und fantasievollsten Kämpfe gegen Arbeitsplatzvernichtung, den die BRD seit langem erlebt hat, betonen die Mannheimer KollegInnen zum einen die Notwendigkeit des Kampfes, um ein Verbot von Entlassungen durchzusetzen. Andererseits verbinden sie die Losung mit der Frage der Enteignung.
Kein Appell an den Staat
Einzelne unprofitable Unternehmen könnten verstaatlicht werden, aber gesetzliche Regelungen, die sich gegen die Klasse der KapitaleignerInnen richten, werden von deren Regierung nicht erlassen. Es wäre sinnlos vom Staat als „ideellem Gesamtkapitalisten” (Engels) ein gesetzliches „Verbot von Entlassungen” zu erwarten, das die Verfügungsgewalt des Kapitals einschränken würde. Ein „Verbot von Entlassungen” kann nur im Kampf der ArbeiterInnen und Angestellten selbst durchgesetzt werden. Weil sie die Herrschaft der KapitaleignerInnen über die Betriebe in Frage stellt, hat die Forderung eine systemsprengende Dynamik. Sie ist eine Übergangsforderung, die am heutigen Bewusstsein vieler KollegInnen anknüpft. Vor allem wollen und können sie nicht verstehen, dass sie auf die Straße fliegen sollen, obwohl „ihr” Betrieb (und viele andere) Gewinne erzielt.
So radikal wie‘s Kapital
Was also tun, wenn profitable Betriebe KollegInnen entlassen, allein um noch mehr Profit einzustreichen? Mit dem „Verbot von Entlassungen” stellt sich fast von selbst das Problem der Konfiskation, d.h. der entschädigungslosen Enteignung. Denn nur radikale Gegenmaßnahmen können die passende Antwort auf die nicht weniger radikalen Entlassungswellen bei Siemens, Daimler-ChrysIer, MAN, Schering, BASF, Postbank… geben. Am Beispiel der gewinnbringenden Betriebe kann die Forderung nach Enteignung, die unter Lohnabhängigen nicht gerade den 1. Platz in der Beliebtheitsskala einnimmt, am leichtesten vermittelt werden. Wenn sich dabei die GewerkschafterInnen von Alstom auf Artikel 14 Grundgesetz berufen, mag dies als zusätzliche Brücke dienen. Nach Ferdinand Lassalle sind Rechtsfragen Machtfragen und die werden allein durch Kampf entschieden.

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