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Kultur

Buchvorstellung: „Irakistan“ – ein nützliches Buch

Von J.A. | 01.12.2003

Karl Grobe-Hagels neuestes Buch (Redaktionsschluss: September 2003): „Irakistan. Der Krieg gegen den Irak und der ‚Kreuzzug’ der USA.“ liefert nicht nur gut lesbar eine Fülle von Informationen, viele aufschlussreiche Details; er erklärt sie auch, indem er die dahinter stehenden Motive und Interessen deutlich werden lässt. So ist Grobes Buch ein hilfreiches Buch für alle, die der Regierungs- und Medienpropaganda entgegen wirken wollen.

Karl Grobe-Hagels neuestes Buch (Redaktionsschluss: September 2003): „Irakistan. Der Krieg gegen den Irak und der ‚Kreuzzug’ der USA.“ liefert nicht nur gut lesbar eine Fülle von Informationen, viele aufschlussreiche Details; er erklärt sie auch, indem er die dahinter stehenden Motive und Interessen deutlich werden lässt. So ist Grobes Buch ein hilfreiches Buch für alle, die der Regierungs- und Medienpropaganda entgegen wirken wollen.

In Kapitel 1 „Kriegslügen" zitiert Grobe die offiziell zur Rechtfertigung des Krieges vor allem in Großbritannien und den USA verbreiteten Falschbehauptungen und Verzerrungen der Tatsachen und widerlegt sie Punkt für Punkt mit öffentlich zugänglichen Informationen.

In Kapitel 2 „Kriege gegen Irak" führt Grobe aus: „Der nahezu ‚makellos’ (abgesehen von kräftigen Kollateralschäden, zivilen Todesopfern und technischen Pannen) durchgeführte zweite Golf-Krieg traf einen nach vorheriger militärischer Niederlage und folgendem Embargo über zwölf Jahre gegen den Hightech-Krieg faktisch wehrlosen Gegner."

Zur Besatzung zeigt Grobe anschaulich: Nicht der eingesetzte irakische „Regierungsrat" oder etwa die Vereinten Nationen entscheiden, sondern allein die Besatzungsmacht entscheidet:

„ Der Entwicklungsfonds, in den alle Guthaben und Einnahmen des besetzten Landes fließen sollen, untersteht nicht etwa dem neuen Regierungsrat, sondern der ‚Autorität’, wie die UNO-Resolution (1483) es formuliert. Zunächst für ein Jahr, notfalls länger, falls der Sicherheitsrat nicht anders entscheidet. Dort haben die USA und Britannien das Vetorecht und können jeden Antrag auf Veränderung blockieren."

Zum Widerstand – in den drei Monaten nach der Bush-Rede, in der er das Ende der Kampfhandlungen verkündete, sind mehr US-Soldaten in Irak ums Leben gekommen als während des Krieges – schreibt Grobe zusammenfassend: „Die Besatzungssoldaten der USA und Großbritanniens werden kaum mehr als Befreier, sondern fast nur noch als fremde Eindringlinge betrachtet…. Die Möglichkeit eines ‚neuen Vietnam’, von der selbst höhere Offiziere der Besatzungsarmeen Anfang Juli zu sprechen begannen, ist im Sommer 2003 noch nicht mehr als eine Möglichkeit unter vielen. Doch…. sobald es der irakischen Mehrheit ins Bewusstsein dringt, dass ihr Staat über das Erdöl unter dem eigenen Boden nicht mehr verfügen kann, ist ein allgemeiner Aufstand nicht mehr ausgeschlossen."
US-Kontrolle über das Öl
In Kapitel 3 „Die irakische Gesellschaft" zeigt Grobe, wie extrem schwer die Folgen des Krieges von 1991 und die darauf folgenden Handelsbeschränkungen, welche die Vereinten Nationen Irak auferlegt hatten, die Bevölkerung des Irak, der seit 1980 das Niveau eines Industrielandes erreicht hatte, trafen: „Irak hat eine Veränderung von relativem Wohlstand zu massiver Armut durchgemacht", heißt es in einem UN-Bericht über die humanitäre Lage vom März 1999.

Die in Kapitel 4 „Die Weltstrategie Bushs" von Grobe dargestellte neue Nuklear-Strategie stellt die bisherige Strategie auf den Kopf: Nuklearwaffen dürfen danach nicht mehr nur zur Vergeltung oder zur Abwehr besonderer militärischer Gefahrenlagen – und auch dann nur gegen andere atomar gerüstete Staaten – eingesetzt werden. Die Kernwaffen werden vom Abschreckungsmittel zum einsetzbaren militärischen Potenzial gegen jeden möglichen Angreifer, „ob Staat oder nicht staatlich organisierter Akteur, ob atomar gerüstet oder nicht", und allgemein gegen „Ziele, die nicht-nuklearen Angriffen standhalten", zur Vergeltung von Angriffen mit ABC-Waffen (die Einbeziehung biologischer und chemischer Waffen ist neu) oder „im Fall überraschender militärischer Entwicklungen".

Im 5. Kapitel „Irak und das Erdöl" zeigt Grobe, wie vollständig die US-Kontrolle über das irakische Erdöl ist. Die Leitung der Ölwirtschaft hat ein früherer Direktor der Shell (USA) übernommen.

Die Kontrolle über das Erdöl im Irak ist den USA nicht nur wegen des unmittelbaren geschäftlichen Nutzens sehr wichtig. Die Volkswirtschaften Ost- und Südasiens werden ihre Öl-Nachfrage vermutlich jährlich steigern. Diesen Bedarf muss vor allem die Golfregion decken. Die Kontrolle darüber – und über die Preise – bedeutet Macht über die weltweit dynamischste Wirtschaftsregion.

Im letzten, dem sechsten Kapitel „Die nächsten Ziele", geht G. detailliert auf Iran und Nordkorea ein: Iran mit den drittgrößten Erdöl- und Erdgasvorräten der Erde steht auf der Abschussliste der Bush-Regierung weit oben. Fraglich ist nur, ob vor oder hinter Nordkorea. Es fehlt nur noch eine in der amerikanischen Öffentlichkeit überzeugend wirkende Begründung. „Wie im Fall Irak lassen sich die Beweisgründe in einem Satz von elf Worten zusammenfassen. Das Land will sich einfach nicht dem Willen der US-Regierung unterwerfen."

 

TiPP
Karl Grobe-Hagel:
Irakistan
Der Krieg gegen den Irak und der „Kreuzzug“ der USA
Neuer ISP-Verlag, Köln 2003
237 Seiten, 17,80 Euro

 

 

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