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Betrieb & Gewerkschaft

BSH: Fehlstart im Abwehrkampf

Von Richard Lux | 01.07.2005

Anfang Mai wurde vom Konzern "Bosch und Siemens Hausgeräte" (BSH) angekündigt, dass die Fertigung in Berlin Spandau zu Ende 2006 geschlossen werden soll. Die KollegInnen wollten sich dagegen wehren. Doch es ist wenig passiert: Die IG-Metall-Bürokratie hat den Widerstand bis zur Sommerpause verschleppt.

BSH produziert die Hausgeräte ??(u. a. Waschmaschinen, Spül-??maschinen, Kühlschränke) der Marken Bosch und Siemens und ist eine gemeinsame Tochter beider Mutterkonzerne. Diese haben ihre (offiziellen) Gewinne 2004 deutlich gesteigert. Der Siemens-Konzern um fast eine Mrd. auf 3,4 Mrd. Euro, die Bosch-Gruppe um mehr als 50% auf rund 1,7 Mrd. Euro. BSH hatte seinen Anteil daran: der Gewinn des Hausgerätekonzerns stieg auf eine halbe Mrd. Euro.
Doch auch wenn die KollegInnen dem Konzern satte Gewinne erarbeiten, sind ihre Arbeitsplätze deshalb längst nicht sicher. Die Fertigung des Waschmaschinenwerks in Spandau soll dicht gemacht werden. Angeblich weil das Werk nicht ausgelastet ist. Wen wundert"s, nachdem BSH in den letzten Jahren immer größere Anteile der Fertigung aus den Betrieben in Berlin und Nauen (Brandenburg) weg gegeben hat: in die Türkei, nach Polen oder nach China.
Das Werk in Spandau ist schon in den letzten Jahren nach der Salami-Taktik zurechtgestutzt worden. Anfang der 90er Jahre haben noch mehr als 3000 KollegInnen dort gearbeitet. Jetzt gibt es noch etwa 700 vor allem ausländische KollegInnen in der Fertigung und 400 Angestellte im Werk.
Es stimmt, dass bei steigendem Gesamtumsatz der Umsatzanteil von BSH in Deutschland in den letzten Jahren stetig gesunken ist. Wer kann sich auch angesichts von Lohnsenkungen, Arbeitslosigkeit und Hartz IV noch leisten, viel Geld für Waschmaschinen auszugeben? Doch trotzdem platzen die Konzerne fast vor Profiten! Die Entscheidung zur Schließung ist eine Unverschämtheit.
Bürokratische Verzögerung
Die ArbeiterInnen bei Opel in Bochum haben im letzten Herbst gezeigt, welche Reaktion auf solche Zumutungen richtig ist: Unmittelbar nach der Ankündigung der Entlassungen hatten sie ihr Werk stillgelegt. Die KollegInnen bei BSH haben jedoch auf die zuständigen Funktionäre der IG Metall vertraut. Die haben ja auch kämpferische Sprüche geklopft und Aktionismus vorgetäuscht.
Am 10. Mai wurde bei einem Treffen im IG-Metall-Haus in Berlin die Gründung eines Solidaritätskomitees beschlossen. Bei einem Treffen von Gewerkschaftslinken sprach der zuständige Stadtteilsekretär Luis Sergio davon, dass die Auseinandersetzung politisiert werden solle und bis Juni ein Streik vorbereitet werde. Es gab auch einzelne Aktionen. Am 26. Mai gab es eine Demonstration während der Arbeitszeit, zu der auch die Siemens-Beschäftigten anderer Berliner Werke aufgerufen wurden. Rund 1000 KollegInnen haben sich daran beteiligt, doch keiner der Redner der IG Metall hat notwendige weitergehende Schritte für den Widerstand angesprochen. Am 31. Mai fuhren mehr als 500 KollegInnen gemeinsam nach München, um dort anlässlich der Bilanzpressekonferenz von BSH zu protestieren. Der Konzern hat gekniffen und die Konferenz einfach abgesagt.
Die KollegInnen hatten nach den Aktionen Ende Mai mehr erwartet. Doch die IG Metall-Bürokratie hat nicht versucht, den Widerstand weiter anzufachen. Im Gegenteil. Sie verhandelt mit BSH hinter verschlossenen Türen. Der geplante Streik wurde immer weiter nach hinten verschoben. Das verunsichert die KollegInnen und die Stimmung verschlechtert sich. Denn schon am 23. Juni haben in Berlin die Schulferien begonnen, in denen rund 70% der KollegInnen der Fertigung ihren Jahresurlaub nehmen. Deshalb wäre es wichtig gewesen, Anfang Mai schnell zu handeln und die Zeit vor der Sommerpause zu nutzen.
Besser spät als nie!
Auf das Problem der beginnenden Schulferien wurden die KollegInnen übrigens nicht von den "Spezialisten" der IG Metall aufmerksam gemacht, sondern Mitte Mai bei einem Treffen des Solidaritätskomitees. So etwas will Luis Sergio natürlich nicht. Das Solidaritätskomitee soll nicht die Diskussion mit den KollegInnen suchen, nicht die Kampfstrategie der Bürokratie hinterfragen, sondern nur brav Unterstützung leisten. Der IG-Metall-Bürokratie zuarbeiten, auch wenn diese den Widerstand ausbremst. Schade, dass auch ein Großteil der im Komitee vertretenen revolutionären Linken gute Miene zum bösen Spiel macht. Einige von ihnen haben zu BSH sogar ein Flugblatt der WASG verteilt, in dem das WASG-Mitglied Luis Sergio lobend erwähnt wird.
Die Verschleppung der IG Metall-Bürokratie hat einen wirklichen Kampf vor der Sommerpause verhindert. Hoffentlich ziehen die KollegInnen von BSH daraus ihre Schlüsse und fangen an, ihre Interessen stärker selbst in die Hand zu nehmen. Dann könnten sie nach den Ferien einiges wieder aufholen, was durch den Fehlstart verloren ging.

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